Freitag, 26. April 2024

Archiv

US-Sportartikelhersteller
"Under Armour" gegen Nike und Adidas

Der Sportausrüster Under Armour wächst in den USA rapide und greift Marktriesen wie Nike und Adidas an. Zu den neuen Zielmärkten gehört nun Deutschland. Hier will der Konzern vom Image des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli profitieren. Im Vorfeld gab es aber erstmal Irritationen, denn die Marke kommt in den USA vor allem bei Waffenliebhabern und Soldaten an.

Von Jürgen Kalwa | 03.08.2016
    St. Paulis Sportdirektor Andreas Rettig (l-r), der Europachef des Ausüsters Under Armour, Chris Bate, St. Paulis Präsident Oke Göttlich und der Sport 1 Moderator Sascha Bandermann präsentieren die neuen Trikots.
    St. Paulis Sportdirektor Andreas Rettig (l-r), der Europachef des Ausüsters Under Armour, Chris Bate, St. Paulis Präsident Oke Göttlich und der Sport 1 Moderator Sascha Bandermann präsentieren die neuen Trikots. (dpa-Bildfunk / Axel Heimken)
    Der amerikanische Schwimmstar Michael Phelps bei einem vorolympischen PR-Termin in einem Fitness-Studio. Er präsentiert sich mit einer Trainingseinheit, sein Coach feuert ihn an. Eine Inszenierung für Fotografen und Fernsehteams.
    "Come on now, come on now, half way there, half way there."
    Der Kraftraum gehört Under Armour, ist Teil des riesigen Firmengeländes in Baltimore, wo 2.000 Menschen arbeiten, um die Produkte und die Philosophie eines Unternehmens zu lancieren, das auf dem Sprung ist, Marktführer Nike in die Enge zu treiben.
    Hauptsache, die Zahlen stimmen
    Man garniert das in der Branche gerne mit den mythenhaften Geschichten aus dem Sport. Die von Phelps geht so: Mit inzwischen 31 Jahren quält sich der Schwimmer ein allerletztes Mal für einen Start bei Olympischen Spielen. Ein Mann, der vor ein paar Jahren als gelangweilter Frührentner mit Alkoholproblemen beinahe im Gefängnis gelandet wäre. Das Comeback brachte wieder Ordnung in den Alltag:
    "Die ersten sechs Monate waren absolut brutal, einfach brutal. Ich hatte Schmerzen, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Das durchzustehen und noch mehr Schmerzen in Kauf zu nehmen, das war sicher die größte Herausforderung."
    Rund 100 Millionen Dollar hat Phelps in seiner Karriere durch Werbeverträge eingespielt. Darunter: einige Millionen von Under Armour, die sich nicht daran stören, dass er im Becken die Badehose eines anderen Herstellers trägt. Firmengründer Kevin Plank, der seit 20 Jahren die Marke nach vorne treibt, sieht das nicht so eng, solange die Zahlen stimmen. Und das tun sie.
    Allein zwischen 2011 und 2015 konnte das Unternehmen den Umsatz mehr als verdoppeln: von 1,4 Milliarden auf fast vier Milliarden Dollar. Vor Kurzem ließ man im Spezialsegment "Sportbekleidung" in den USA einen starken Konkurrenten hinter sich: die Firma mit den drei Streifen - Adidas.
    Der Umsatz soll Verdoppelt werden
    Kevin Plank setzt auf aggressives Wachstum:"On investor day, we said we are going from three point something billion to seven-and-a half billion by 2018." Das Umsatzziel für 2018: eine weitere Verdopplung auf 7,5 Milliarden Dollar.
    Das könnte funktionieren. Denn Under Armour besitzt eine traumwandlerische Treffsicherheit bei der Auswahl der Athleten, die man als Markenbotschafter unter Vertrag nimmt. Neben Phelps hat man Steph Curry, derzeit der populärste amerikanische Basketballprofi, hat Cam Newton, den herausragenden Footballspieler der vergangenen NFL-Saison. Und den jungen Texaner Jordan Spieth, einer der dominierenden Profigolfer.
    Ein Teil des Wachstums soll aber aus dem Rest der Welt kommen. Adrienne Lofton, Senior Vice President für Global Marketing:"Außerhalb der USA kennt man uns nicht sehr gut. Das ist für uns eine große Gelegenheit, weil wir dort neue Produkte, eine neue Story und neue Ideen präsentieren können, in die sich Sportler verlieben."
    St. Pauli gilt als sozial engagiert und unangepasst
    In Deutschland setzt Under Armour seit diesem Sommer bewusst ganz viel auf eine Karte – auf den FC St. Pauli. Das Image des Zweitliga-Clubs - sozial engagiert und unangepasst - hat es dem Sportausrüster angetan.
    "Der FC St. Pauli ist dieser respektlose, unglaublich coole Verein mit einer unglaublich coolen Vergangenheit. Das ist so Under Armour. Denn für uns ist wichtig, dass wir in neuen Märkten widerspiegeln können, was wir sind."
    Ob der Imagetransfer funktioniert, ist noch nicht ausgemacht. Im Vorfeld gab es jedenfalls Irritationen. Denn in den USA kommt die Firma mit ihren eng auf muskulöse Körper geschnittenen T-Shirts bestens bei Waffenliebhabern und Soldaten an. Ehemalige Angehörige der Streitkräfte erhalten sogar Sonderrabatt. Angesichts einer solchen kulturellen Prägung geriet man in Hamburg in die Defensive, als der Vertrag bekannt wurde.
    Patriotismus werde wohl "in Amerika ganz anders besetzt und gelebt als in Deutschland", sagte ein Vorstandsmitglied. Ein starkes Argument für Under Armour dürfte der Vertrag sein: Rund eine Million Euro soll St. Pauli im Jahr aus Baltimore erhalten.