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USA-Besuch der Kanzlerin
Merkels Amerika - eine Beziehungsgeschichte

Schon zu DDR-Zeiten war Angela Merkel begeistert von den USA und dem American Dream. Zu den US-Präsidenten, mit denen sie später als Kanzlerin zu tun hatte, pflegte sie ein enges Verhältnis. Auch wenn der Besuch bei Donald Trump aufgrund schlechten Wetters kurzfristig verschoben wurde, wird Merkel voraussichtlich ab 17. März ausloten, wie diese Zusammenarbeit funktionieren kann.

Von Stephan Detjen |
    Bundeskanzlerin Angela Merkel am 24. September 2009 bei ihrer Ankunft im Pittsburgh zum G20-Gipfel.
    Viele Amerikaner sind von Angela Merkels Lebensgeschichte fasziniert. (dpa / picture-alliance / Miachael Reynolds)
    US-Präsident Trump hat das für Dienstag geplante Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel abgesagt. Als Grund dafür nannte er ein in den USA heraufziehendes Unwetter. Trump habe sie unmittelbar vor ihrem Abflug angerufen, teilte Merkel mit. Das Treffen sei auf Freitag verschoben, heißt es aus dem Weißen Haus in Washington. Aktuelle Informationen finden Sie unter DLF24 - die Nachrichten.
    Anfang vergangenen Jahres ist Donald Trump noch einer von einem Dutzend Republikanern, die sich um die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei bewerben. Doch Trump strotzt bereits damals vor Selbstgewissheit:
    "Obviously I should have been picked as the person of the year, right?”
    "Natürlich hätte ich zur Person des Jahres gewählt werden müssen", ruft Trump am 11. Januar 2016 bei einem Auftritt in Windham, New Hampshire. Kurz zuvor hatte das amerikanische Time Magazine seine Wahl zur "Person oft the Year" 2015 bekanntgegeben.
    "But they didn’t. They picked Angela Merkel.”
    Die TIME-Redaktion hatte sich nicht für Trump entschieden. "Sie haben es nicht getan", beklagt sich Trump. "Sie haben Angela Merkel gewählt". Noch bevor er zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten seiner Partei wird, stilisiert Trump die deutsche Bundeskanzlerin in Windham, New Hampshire zur großen Gegenspielerin auf der weltpolitischen Bühne.
    Der Titel des "Time"-Magazins mit Angela Merkel als "Person des Jahres".
    Der Titel des "Time"-Magazins mit Angela Merkel als "Person des Jahres". (dpa-Bildfunk/ Time Magazine via AP)
    "Seht ihr, was sie Deutschland angetan hat? Ich habe es gerade im Fernsehen gesehen: die Vergewaltigungen, die Unruhen. Was da passiert ist unglaublich!, einfach unvorstellbar! Hunderte Vergewaltigungen in der Neujahrsnacht. Ich weiß nicht, was mit ihr passiert ist. Vielleicht ist machthungrig geworden, vielleicht denkt sie, sie sei unbesiegbar. Die Verbrechenzahlen sind astronomisch. Das funktioniert nicht. Die haben jetzt Aufstände auf den Straßen. Und das deutsche Volk sagt: Uns reicht’s!"
    Kanzleramt kommentiert Trumps Äußerungen nicht
    Merkel verfolgt den Aufstieg Trumps zunächst schweigend. Kein Kommentar aus dem Kanzleramt zu der giftigen Polemik im Wahlkampf. Als der neue Präsident Trump jedoch Anfang dieses Jahres ansetzt, seinen Gegenentwurf zu Merkels humanitärer Flüchtlingspolitik in die Tat umzusetzen, schlägt die Kanzlerin verbal zurück.
    "Das Vorgehen widerspricht nach meiner Auffassung dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation."
    Mit ihrer offenen Kritik an Trumps Einreisestopp für Menschen aus mehreren muslimischen Ländern hat Angela Merkel verdeutlicht, wie tief die Kluft ist, die sich zwischen ihr und dem neuen US-Präsidenten auftut. Morgen wird sie ihm, Donald Trump, erstmals im Oval Office des Weißen Hauses gegenüber sitzen.
    Mit der ersten Begegnung zwischen Angela Merkel und Donald Trump beginnt ein neues Kapitel einer politischen, aber auch höchstpersönlichen Beziehungsgeschichte: Angela Merkel und Amerika. Der Beginn dieser Geschichte reicht weit zurück – bis in die Zeiten, in denen Merkel noch Kasner hieß und in der DDR aufwuchs.
    "Ich habe mich begeistert für den American Dream. Die Möglichkeit, für jeden, Erfolg zu haben, durch eigene Anstrengungen es zu etwas zu bringen. Ich habe mich wie viele andere Teenager auch begeistert für Jeans einer bestimmten Marke, die es in der ehemaligen DDR nicht gab und die mir meine Tante aus dem Westen regelmäßig geschickt hat. Ich habe mich begeistert für die Weite der amerikanischen Landschaft, die den Geist der Freiheit und Unabhängigkeit atmet."
    Amerikaner sind begeistert von Merkels Lebensgeschichte
    Immer wieder hat Angela Merkel die Herzen ihrer amerikanischen Zuhörer mit ihrer wundersamen Lebensgeschichte erobert, wie in der Rede, die sie 2009 vor Senat und Repräsentantenhaus in Washington hält.
    "Meine Lebensplanung sah ja immer so aus, dass ich mir überlegt hatte, dass ich an dem Tag, an dem ich Rentnerin werde – und Frauen wurden das in der DDR mit 60 – dass ich an diesem Tag in die Bundesrepublik reise, dort meinen DDR-Ausweis gegen einen ordentlichen deutschen Pass eintausche und mich dann sofort aufmache auf eine Reise nach Amerika. Das war sozusagen die Lebensplanung."
    Der Rest ist Geschichte. Als 1990 die Mauer fällt, arbeitet Angela Merkel als Physikerin am Zentralinstitut für physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin Adlershof. Ihr Lebenspartner und heutiger Ehemann ist damals auch ihr Kollege. Stefan Kornelius, außenpolitischer Redakteur der Süddeutschen Zeitung, hat in einem Buch über Merkel als Akteurin der Weltpolitik die zentrale Rolle herausgearbeitet, die Sauer bis heute für Merkels Verhältnis zu den USA spielt.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ehemann Joachim Sauer bei ihrer Ankunft am Festspielhaus in Bayreuth. Gegeben wird Tristan und Isolde.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ehemann Joachim Sauer. (Tobias Hase/dpa)
    "Joachim Sauer war als Ost-Wissenschaftler privilegiert. Er durfte in den Westen reisen und er hatte über seine West-Kontakte über die Universität Karlsruhe Verbindungen zu einem Forschungsinstitut, zu einer privatwirtschaftlichen Forschungseinrichtung in Kalifornien, in San Diego und dort verbrachte er gleich nach der Wende 1990 ein Forschungsjahr. Er zog dann für ein Jahr eben nach Kalifornien und Angela Merkel reiste im Sommer 1990 zu ihrer ersten Reise in die USA, um ihn zu besuchen, war dann eben in Kalifornien für einige Zeit und lebte dort ihre gesamte Sehnsucht für Amerika aus."
    "Und gleich 1990 sind mein Mann und ich das erste Mal in unserem Leben nach Amerika geflogen, nach Kalifornien und niemals werden wir den ersten Blick auf den Pazifischen Ozean vergessen. Es war einfach grandios!"
    Zuhause in Deutschland steigt Merkel in einer Partei auf, in der Generationen von führenden Politikern – vor allem Männern – seit Schüler- und Studienzeiten in transatlantischen Netzwerken verbunden sind, sowohl mit amerikanischen Partnern als auch untereinander. Viele von ihnen werden zu innerparteilichen Rivalen, je höher die Ostdeutsche in der CDU aufsteigt. Merkel baut sich deshalb ihrer eigenes außenpolitisches Beraternetzwerk auf. Ruprecht Polenz, langjähriger CDU Außenpolitiker erinnert sich:
    "Also, sie hatte immer und bis heute ein sehr enges Verhältnis zu ihrem ersten Bundesgeschäftsführer, Herrn Hausmann, der auch außenpolitisch über beträchtliche Erfahrung verfügt. Sie hatte einen sehr engen Kontakt zu Peter Hintze, der sie auch außenpolitisch beraten hat, aber auch Karl Lamers, der frühere außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion hatte einen engen Draht zu Merkel und nicht zuletzt wird sie auch von Schäuble das eine oder andere gelernt haben."
    Erste außenpolitische Bewährungsprobe im Jahr 2002
    Zwei Jahre nach ihrer Wahl zur Parteichefin wird Merkel auf dem Feld der transatlantischen Beziehungen vor die erste, außenpolitische Bewährungsprobe gestellt. Auf dem Höhepunkt des Bundestagswahlkampfes 2002 bringt Gerhard Schröder die Union mit zugespitzten Reden auf Marktplätzen und pointierten Interview-Statements in die Defensive.
    Altkanzler Gerhard Schröder
    Gerhard Schröder lehnte eine deutsche Beteiligung am Irak-Krieg ab. (dpa/picture alliance/Swen Pförtner)
    "Spielerei mit Krieg und militärischer Intervention, davor kann ich nur warnen, das ist mit uns nicht zu machen. Der Folgen wegen wird sich meine Regierung an einer militärischen Intervention im Irak nicht beteiligen."
    Gerhard Schröders dezidierte Ablehnung einer deutschen Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak, den damals noch niemand erklärt hatte, traf die Union ins transatlantisch schlagende Herz. Als George W. Bush den von Schröder prognostizierten Feldzug gegen Saddam Hussein schließlich antrat, war die Union unter Merkels Führung zerrissen zwischen traditioneller Westbindung und völkerrechtlichen Bedenken.
    "Dieser Krieg ist eine Realität und ich unterstütze die Vereinigten Staaten von Amerika und ich unterstütze die Soldatinnen und Soldaten genauso wie ich die Menschen im Irak unterstütze."
    Kontroverse um Irak-Krieg
    Bis heute werfen ihre Kritiker Merkel vor, sie hätte sich 2003 an Bushs Krieg gegen den Irak beteiligt, wäre sie damals schon Kanzlerin gewesen.
    "Das ist falsch", erwidert Ruprecht Polenz. "Es ging nie um eine Beteiligung deutscher Truppen am Irak Krieg. Die wurde auch von den Amerikanern nicht erwartet. Wogegen sich die Bundeskanzlerin damals gewandt hat, war einmal die plakative, wahlkampfbezogene Erklärung von dem damaligen Bundeskanzler Schröder, der ein Ansinnen, sich am Irak-Krieg zu beteiligen, ein angebliches Ansinnen, lautstark zurückwies, obwohl es dieses Ansinnen wie ich gesagt habe nie gegeben hat."
    "Angela Merkel war keine Gegnerin des Irak-Krieges. Das heißt aber nicht, dass sie deutsche Soldaten geschickt hätte", sagt auch Stefan Kornelius. Der Journalist glaubt, Merkel sei tatsächlich von der Möglichkeit einer diplomatischen Lösung überzeugt gewesen. Schröder dagegen habe früher erkannt, dass Amerika zum Krieg entschlossen war
    "Das ist der Punkt wo man sie am stärksten kritisieren kann und muss. Sie war damals uneindeutig. Aber ich bezweifle, dass sie Truppen selbst in den Krieg geschickt hätte."
    Zwei Militärfahrzeuge mit Soldaten
    Kritiker werfen Merkel vor, sie hätte sich am Irak-Krieg beteiligt, wäre sie 2003 schon Kanzlerin gewesen. (REUTERS POOL)
    Für Merkel ist die Kontroverse um den Irak-Krieg vor allem eine Lehrzeit. Und noch mehr als über den innenpolitischen Nahkampf lernt sie über amerikanische Mentalitäten. Wie in vielen Politikfeldern, die sie sich im Laufe ihrer Karriere erschließt, lernt Merkel auch indem sie Bücher liest.
    Während der Irak-Debatte ist es das Buch von Robert Kagan, das damals in den politischen Feuilletons für Furore sorgt. Der neokonservative Publizist schreibt den Amerikanern eine kriegerische Marsianer-Mentalität zu, die Europäer dagegen seien pazifistisch gestimmte Kinder der Venus.
    "Ja, ich habe dieses Buch gelesen. Die Thesen mit den unterschiedlichen Planeten finde ich etwas überhöht und teile sie deshalb nicht so. Aber ich glaube, dass ein Vielteil des amerikanischen Selbstverständnisses aus diesem Buch durchaus sichtbar wird und dass wir Europäer gut beraten sind, uns einmal auch mit unseren Schwachstellen zu befassen."
    Als Merkel 2005 Bundeskanzlerin wird, ist der Regierungswechsel aus angelsächsischer Perspektive mehr als eine politische Richtungsentscheidung. Auf ihrer ersten Pressekonferenz nach der Wahl zur Regierungschefin richtet sich das Interesse der ausländischen Medien mehr als das der deutschen auch auf die Person Merkel:
    "'Wirklich: wie geht es Ihnen? Wir sind neugierig, sehr, sehr neugierig!' -
    'Ja, also ich … ähm, erstens mir geht es gut, um Sie erst mal.'"
    Judy Dempsey, damals Korrespondentin der "International Herald Tribune" in Berlin brachte die frisch gewählte Kanzlerin 2005 mit der Frage nach dem persönlichen Befinden erst einmal hörbar in Verlegenheit.
    "Die deutschen Journalisten, sie waren eine bisschen zu langweilig. Sie wollten nur die Teile über die Steuerreform, aber bitte: Da kommt eine deutsche Kanzlerin! Von Ostdeutschland! Bitte, das ist eine Quasi-Revolution für Deutschland", erinnert sich Dempsey heute.
    Washington schätzt Merkel als gute Bekannte
    In Washington wird die neue Kanzlerin als gute und geschätzte Bekannte empfangen. Merkel erntet jetzt, was sie durch ihre lange Beziehungsarbeit auch in schwierigen Zeiten gesät hat.
    "Ja, sie ist klug. Sie ist fähig. Sie versprüht Geist. Und sie liebt die Freiheit", schwärmt George Bush. "Es hat mich besonders berührt, als sie ihre Lebensgeschichte aus dem kommunistischen Deutschland erzählt hat. Das ist was ganz anderes, wenn man selbst erlebt hat. Ich freue mich auf viele Gespräche, Besuche, Telefonate. So – und jetzt nehme ich sie zum Mittagessen mit."
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident George W. Bush spazieren am Mittwoch (11.06.2008) durch den Schlosspark des Gästehauses der Bundesregierung im brandenburgischen Meseberg.
    Merkel und Bush verstanden sich gut. (dpa / picture-alliance / Rainer Jensen)
    Zwischen Merkel und Bush wächst ein herzliches Verhältnis. Merkel lädt den Präsidenten in ihren mecklenburgischen Wahlkreis nach Stralsund ein. Der Präsident brät für die Kanzlerin und Ehemann Joachim Sauer Hamburger auf seiner Ranch in Crawford, Texas.
    "Now I go feed the chancellor a Hamburger. Right here, in Crawford, Texas!” - "Was für mich als seine Hamburgerin natürlich eine wunderbare Sache ist!"
    Menschlich heilt Merkel die zerrüttete Beziehung zur US-Regierung. Politisch aber kommt es auch zwischen ihr und Bush zu Konflikten, zum Beispiel im Streit um einen Nato-Beitritt Georgiens und der Ukraine. Die Journalisten Dempsey und Kornelius haben darüber berichtet, wie Merkel im Schulterschluss mit dem französischen Präsidenten die Amerikaner umstimmt.
    "Es war ein großer Kampf zwischen Washington und Berlin. Frankreich war da, mit Sarkozy. Vergessen Sie nicht, und großer, großer Kampf: was machen wir mit Georgien und Ukraine. Dürfen diese zwei Länder in die Nato gehen? Und USA, bitte, wir müssen diese Länder unterstützen. Und Merkel und Sarkozy sagen: Nein!"
    "Es kam dann beim legendären Nato-Gipfel in Bukarest zu einem Showdown zwischen Merkel und Bush, wo beide Delegationen sich quasi auf den Fluren angegiftet haben und Merkel mit ihrem Widerstand verhindert hat, dass die Ukraine und das Georgien ein Beitrittsversprechen für die Nato zu diesem Zeitpunkt bekommen haben."
    Anfängliche Skepsis gegenüber Obama
    2008 steigt in den USA Barack Obama zum neuen Präsidenten auf - und in Berlin ist die Bundeskanzlerin zunächst irritiert. Die Euphorie, die der Charismatiker und glänzende Rhetoriker auch in Deutschland auslöst, stimmt Merkel zunächst misstrauisch. Sie verweigert dem Präsidentschaftskandidaten einen Auftritt vor dem Brandenburger Tor. Obamas Auftritt vor der Siegessäule wird umso mehr zum Triumph.
    "Thank you! Thank you Berlin! Thank you citizens of Berlin!”
    Mit Obama scheint - zumindest was seinen Stil angeht - ein Antipode der nüchternen Bundeskanzlerin auf die Weltbühne zu treten. Merkels anfängliche Reserviertheit gegenüber Obama aber hat auch einen anderen Grund: Sie hatte darauf gesetzt, dass eine andere Frau ins Weiße Haus einzieht, die – anders als Obama – längst Teil ihres transatlantischen Beziehungsgeflechts war, meint Stefan Kornelius von der Süddeutschen Zeitung.
    Barack Obama und Angela Merkel begrüßen sich mit Wangenküsschen.
    Auch zwischen Angela Merkel und Barack Obama entwickelte sich ein herzliches Verhältnis. (dpa/AP/Michael Sohn)
    "Clinton und Merkel waren immer befreundet und hatten eine große Nähe, weil sie natürlich Frauen waren in der Politik. Weil sie ein ähnliches politisches Verständnis hatten. Und Merkel hat es sehr schwer überwunden, dass Clinton gegen Obama damals die Präsidentschaftskandidatur nicht gewonnen hat und dass sie deswegen zurücktreten musste."
    Diese Enttäuschung sollte sich für Merkel noch einmal wiederholen. Zunächst aber nimmt Merkel auch Obama mehr und mehr für sich ein.
    "Mr. President, thank you for honoring me with this prestigious award.”
    Merkel erhält "Presidential Medal of Freedom"
    An einem Sommerabend im Juni 2011 lädt Obama zu einem festlichen Abendessen unter freiem Himmel in den Rosengarten vor dem Oval Office und verleiht Merkel die höchste Auszeichnung der Vereinigten Staaten, die Presidential Medal of Freedom. Eine Ehre, die mit Ausnahme von Helmut Kohl, keinem Deutschen zuvor zuteilwurde.
    Stefan Kornelius ist als Journalist dabei und beobachtet Merkel, als sie zu Dankesrede ansetzt.
    "Ich habe sie selten so emotional erlebt und ich glaube, für sie hat sich in diesem Moment ein Kreis geschlossen."
    "Dass ich einmal im Rosengarten des Weißen Hauses stehen würde und dass ich von einem amerikanischen Präsidenten die Freiheitsmedaille empfangen würde – das lag jenseits aller meiner Vorstellungskräfte."
    Doch nur wenig später wird die Vorstellungskraft Angela Merkels noch einmal auf eine ganz andere Weise strapaziert.
    "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht. Und zwar gegenüber niemandem. Das gilt für jeden Bürger und jede Bürgerin. Dafür bin ich als Bundeskanzlerin auch verantwortlich, das auch durchzusetzen."
    Die NSA Affäre wird zum Stresstest der deutsch-amerikanischen Beziehungen, nicht nur politisch, sondern auch höchstpersönlich: Merkel erfährt, dass der US-Geheimdienst auch ihr Handy abgehört hat.
    Angela Merkel holt im Bundestag ihr Handy aus ihrer roten Handtasche.
    Die NSA hörte das Handy von Angela Merkel ab. (picture alliance / dpa/ Wolfgang Kumm)
    "Ich glaube schon, dass sie das persönlich getroffen hat", meint Ruprecht Polenz, damals Vorsitzender der Auswärtigen Ausschusses des Bundestags. "Auf der anderen Seite gehe ich auch davon aus, dass sie erst mal generell mit einer solchen Praxis auch unter befreundeten Ländern sich auf solche Weise Informationen zu beschaffen, durchaus gerechnet hat. Es gab ja auch vorher schon Fälle, wo bei Internationalen Konferenzen auch solche Praktiken schon geübt wurden. Aber das mit dem persönlichen Handy war sicherlich noch mal eine andere Nummer und das hat sie sicherlich auch getroffen."
    NSA-Affäre löst bei Merkel Betroffenheit aus
    Wieder lernt Merkel eine andere Facette ihres einstigen Traumlandes USA kennen. Im Krisentelefonat mit Obama erklärt sie, wie sehr sie gerade vor dem Hintergrund ihrer DDR Geschichte von der maßlosen Abhörpraxis der US Geheimdienste berührt sei. Wieder ist es ihre Lebensgeschichte, die in Washington Eindruck macht.
    "So what I can say: as long as I am President of the United States, the Chancellor of Germany will not have to worry about this.”
    Solange er Präsident der Vereinigten Staaten sei, habe die Bundeskanzlerin keinen Grund, sich Sorgen zu machen, versichert Obama. Der Satz klingt rückblickend wie eine düstere Prophezeiung. Was gilt noch in den deutsch-amerikanischen Beziehungen seit dem Amtsantritt von Donald Trump? Angela Merkel nimmt am Morgen nach seiner Wahl im vergangenen November einen intellektuellen Reset vor: Zurück zu den Wurzeln, zu den Fundamenten der deutsch-amerikanischen Beziehung, so wie Merkel sie sieht:
    "Deutschland und Amerika sind durch Werte verbunden: Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung. Auf der Basis dieser Werte biete ich dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, eine enge Zusammenarbeit an."
    Die Kombo zeigt den neuen US-Präsidenten Donald Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel
    US-Präsident Donald Trump und Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen sich am 14. März 2017 erstmals persönlich. (dpa-Bildfunk / AP /Alex Brandon / Rainer Jensen)
    Am Dienstag wird Angela Merkel im Oval Office erstmals ausloten, wie diese Zusammenarbeit konkret funktionieren kann. Ruprecht Polenz versucht zu erahnen, wie diese erste Begegnung verlaufen könnte.
    "Man wird sich, glaube ich, erst einmal freundlich begrüßen. Und dann wird es vor allem darum gehen, in einem ersten Gespräch zu schauen, wie denkt der eine, wie denkt die andere. Also ich glaube, das ist erst mal ein ganz normales Gegenübersitzen und Schauen: Wie ist derjenige jetzt, über den ich so viel gelesen, gehört, übers Fernsehen gesehen habe – wie ist er, wenn man jetzt vis à vis gegenüber sitzt."
    Judy Dempsey hat auch einen Rat für den neuen US-Präsidenten: "Trump darf nicht Merkel unterschätzen", warnt Judy Dempsey und fügt hinzu: "Sie kann überleben und sie hat überlebt. Sie hat eine ganz lange Perspektive. Sie hat ein ganz anderes Leben und sie kommt von ganz anderer Perspektive, ganz anderer Welt im Vergleich mit Trump. Sehr interessant."