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"Wie kriegen wir Gelder zurück"

Im Drohnen-Untersuchungsausschuss müsse geklärt werden, wie das Geld der Steuerzahler rückerstattet werden könne, fordert Omid Nouripour, verteidigungspolitischer Sprecher der Grünen. Außerdem müsse die Frage nach der politischen Verantwortung gestellt und beantwortet werden.

Omid Nouripour im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Jasper Barenberg: Kaum lösbare Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum, explodierende Kosten – Mitte Mai zog Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Reißleine und stoppte die geplante Anschaffung der Aufklärungsdrohne Euro-Hawk für die Bundeswehr. Für das Debakel musste sich der CDU-Politiker seitdem mehrfach schon im Bundestag rechtfertigen. Der Opposition aber reichte das nicht, und so wird der Verteidigungsausschuss ab heute zu einem Untersuchungsausschuss.

    In den wenigen verbleibenden Wochen vor der Bundestagswahl im September wollen die Parlamentarier das Desaster noch einmal gründlich unter die Lupe nehmen. Informationen live von unserem Korrespondenten Klaus Remme, und an seiner Seite steht der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, und mit ihm wollen wir in den nächsten Minuten das Thema noch weiter besprechen. Schönen guten Tag, Herr Nouripour!

    Omid Nouripour: Schönen guten Tag!

    Barenberg: Thomas de Maizière hat ja im Zuge der bisherigen Befragungen schwere Fehler beim Beschaffungsprojekt Euro-Hawk eingeräumt. Was bleibt da aus Ihrer Sicht noch offen?

    Nouripour: Welche Fehler genau, zu welchem Zeitpunkt, und was kostet das alles. Aber es ist auch völlig im Dunkeln, wie wir Gelder zurückbekommen können für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Beispielsweise bei der Frage, gab es eine sogenannte Bemühungsklausel, die die Industrie entlastet oder nicht, gibt es aus unserer Sicht riesige Widersprüche zwischen den Äußerungen aus dem Ministerium und den Unterlagen, die wir vor uns liegen haben, und die Frage der politischen Verantwortung ist zudem überhaupt nicht beantwortet.

    Barenberg: Ich dachte immer, die Frage hätten Sie schon beantwortet, wenn Sie nämlich den Rücktritt von Thomas de Maizière fordern.

    Nouripour: Ich habe so den Rücktritt des Ministers bisher nicht gefordert. Die Frage ist, was versteht er denn eigentlich unter Verantwortung, was heißt es denn, wenn er sich vor die Soldaten stellt und Führungsverantwortung von jedem Einzelnen erwartet, was heißt es dann für ihn, wenn es am Ende dazu kommt in seinem Haus, dass unter seinen Augen über eine Milliarde möglicherweise sogar verbrannt worden ist, was heißt das eigentlich. Diese Frage hat er nicht beantwortet, die werden wir auch im Untersuchungsausschuss stellen müssen.

    Barenberg: Der Minister hat ja bisher eingeräumt, dass sehr vieles schlecht und falsch gelaufen ist in den vergangenen Jahren, wenn es um die Entwicklung dieser Euro-Hawk-Drohne ging. Er beharrt aber darauf, dass es eine richtige Entscheidung gewesen ist, weil damit nämlich Millionen Steuergelder gespart werden. Können Sie das nachvollziehen?

    Nouripour: Nein. Es sind zwei Dinge, die dort falsch sind. Erstens hat er eine Bundeswehrreform gemacht, die jetzt implementiert wird. Die Vorbereitung dazu war eine Kommission, geleitet von Herrn Weise. Sie haben gesagt, das Beschaffungswesen ist so nicht reformierbar, man müsste das alles einstampfen und komplett neu machen. De Maizière hat das alles nicht gemacht. Das heißt, die Grundfehler des Beschaffungswesens, wie sie ihm auf die Füße fallen, sind seine Versäumnisse.

    Das Zweite ist aber auch, dass er jetzt begründet, er habe ja das Aufklärungssystem gerettet, jetzt werde weiter erprobt. Es gibt keinen Techniker, der mir bisher erklärt hat, dass diese Erprobungen, wie sie derzeit stattfinden, die wiederum Millionen kosten bis Ende September mindestens, dass die Sinn machen. Wenn Sie eine neue Plattform kaufen, wenn Sie ein neues Flugzeug zum Beispiel, ein bemanntes Flugzeug kaufen, um die Aufklärungssysteme dann auch zu fliegen, dann muss komplett von Neuem erprobt werden. Das heißt, die Geschichte, er hätte dadurch Geld gespart, ist wirklich Quatsch.

    Barenberg: Wir hatten heute Morgen hier im Deutschlandfunk ein Gespräch mit der FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff, und sie hat uns hier im Deutschlandfunk gesagt, dass sie das für eine verwegene These geradezu halte, dass Millionen Steuergelder in den Sand gesetzt worden seien. Sie argumentiert, dass ja noch keine weiteren Geräte außer dem Prototyp für den Euro-Hawk bestellt worden seien, und dass auch die Drohne, die wir schon haben, in anderer Form eingesetzt werden kann. Was halten Sie von diesen Argumenten?

    Nouripour: Ich bin sehr gespannt, wie die Kollegin Hoff eine Zulassung für dieses Gerät auch tatsächlich beschaffen will. Es gibt ja kleine Drohnen, die kann man in Transportflieger stecken und in Einsatzgebiete fahren, da gibt es die Zulassungsproblematik in der Form nicht, auch wenn wir wissen und sehen, wie in Afghanistan sehr, sehr viele Zwischenfälle es gibt zwischen Drohnen und Flugzeugen zum Beispiel, was uns das Ministerium bis vor Kurzem noch verschwiegen hatte.

    Aber der Euro-Hawk, der ist einfach zu groß, um einfach so transportiert zu werden, der braucht eine wirklich gescheite Zulassung, und da bin ich gespannt, wie die Kollegin da kreativ herangehen will.

    Barenberg: Was ist aus Ihrer Sicht denn eigentlich wichtiger, die Antwort auf die Frage, was hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière wann gewusst, oder warum und wie viele Hunderte Millionen an Steuergeldern sind möglicherweise im Zuge dieses Debakels verschwendet worden?

    Nouripour: Ich finde die Frage am wichtigsten, wie wir Gelder zurückbekommen können und ob das Ministerium bisher das Notwendige dafür tut. Aber es ist natürlich auch nicht unwichtig, dass ein Minister, der Soldaten in den Einsatz schickt, tatsächlich auch das Wort Verantwortung weiterhin ernsthaft in den Mund nehmen kann.

    Barenberg: Haben die Kollegen der Regierungsparteien also recht, dass sie vor allem den Blick jetzt auf das Beschaffungswesen im Bundesverteidigungsministerium wenden und lenken wollen?

    Nouripour: Wenn die sogenannte Diskontinuität demnächst nicht greifen würde, das heißt die Amtszeit des Bundestages zu Ende wäre, dann sollten wir uns unbedingt mit diesem Thema tatsächlich auch beschäftigen.

    Ich würde dem Verteidigungsausschuss, wie es ihn dann gibt in der nächsten Legislaturperiode, dringend empfehlen, einen Unterausschuss einzusetzen, der sich mit diesem Thema beschäftigt, damit tatsächlich die vielen Mängel in diesem Bermudadreieck, Bedarfsträger auf der einen Seite, Beamte auf der anderen Seite und die Industrie auf der dritten Seite, ein Bermudadreieck für Steuergelder, die wirklich in unglaublichen Höhen immer wieder verschwendet werden, dass man sich damit beschäftigt und auch die Ergebnisse, die wir jetzt bei Euro-Hawk ausarbeiten, tatsächlich dort einfließen lässt.

    Barenberg: Herr Nouripour, wir haben kurz mit unserem Korrespondenten darüber gesprochen, wie der Fahrplan in etwa aussieht, der Grundlage für die Arbeit im Untersuchungsausschuss sein wird. Sie haben selbst die vielen offenen Fragen genannt, die Sie noch haben. Jetzt stelle ich mir vor, dass Sie als Erstes jetzt mal Akteneinsicht beantragen, Akten anfordern und die durcharbeiten müssen. Wie wollen Sie das so weit im Detail in den nächsten Wochen schaffen, dass da etwas Sinnvolles rauskommen kann bis zur Bundestagswahl?

    Nouripour: Wir werden nachher die Beweisanträge stellen im Ausschuss und die Akten einfordern. Die meisten Akten sind ja bereits zusammengestellt, vieles davon haben wir ja schon, wir müssen sie nur formal noch mal beantragen. Aber das meiste kennen wir ja bereits. Das heißt, es ist ja nicht so, dass wir bei null anfangen, denn wir haben ja in den letzten Ausschusssitzungen vieles auch vorbereitet.

    Wir gehen davon aus, dass das Ministerium unserem Wunsch folgen wird und bis zum 5. Juli alle Unterlagen auf den Tisch packen wird, und dann werden wir in zwei, drei Wochen alles lesen müssen, was kommt, und je nach Menge werden sich halt mehr Leute damit beschäftigen müssen. Aber machbar ist es.

    Barenberg: Zum Schluss noch die Frage: 18 Zeugen sind aufgerufen und angekündigt für die Arbeit im Untersuchungsausschuss. Haben Sie einen Zeugen, den Sie mit besonderer Spannung erwarten?

    Nouripour: Ich bin sehr gespannt auf das Verständnis des Verteidigungsministers beim Begriff Verantwortung. Das ist eine sehr spannende Frage. Aber noch mal, die aller-, allerwichtigste ist: Wie kriegen wir Gelder zurück.

    Barenberg: Und was glauben Sie, was da rauskommen könnte?

    Nouripour: Ich bin sehr gespannt. Wie gesagt, wir lesen die Verträge so, dass die Bemühungsklausel nicht greift. Die ist expressis verbis ausgeschlossen. Gleichzeitig sagt aber das Ministerium, wir gucken mal, wir holen uns jetzt eine Rechtsanwaltskanzlei, was wirklich skurril ist, weil die haben ja eine riesige Rechtsabteilung. Ich hoffe, dass jetzt nicht zwischenzeitlich noch irgendwelche Fristen ablaufen, die tatsächlich der Industrie dann noch mal die Möglichkeit gäben, da mit einem blauen Auge davon zu kommen.

    Barenberg: Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, live hier im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Omid Nouripour.

    Nouripour: Danke Ihnen!


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