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Wir machen "Medienüberdreh" nicht mit

Radio Vatikan berichte nur Tatsachen und beteilige sich nicht an Spekulationen, sagt Bernd Hagenkord, Leiter der deutschen Redaktion des Senders, angesichts der Debatte um Bischof Tebartz-van Elst. Es bestehe jedoch Bedarf an Informationen, dem könne sich der Bischof nicht weiter entziehen.

Bernd Hagenkord im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Tobias Armbrüster: Der Streit um den Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, ist seit Tagen top news bei uns in Deutschland, auch heute wieder ganz vorne auf den Zeitungen in den Schlagzeilen drauf. Aber gesehen wurde der Bischof seit Sonntag nicht mehr. Das letzte Foto zeigt ihn in einem Ryanair-Flugzeug auf dem Weg nach Rom. Dort, so heißt es, wartet er auf einen Gesprächstermin beim Papst. – Bernd Hagenkord ist Leiter der deutschen Sektion bei Radio Vatikan. Schönen guten Morgen nach Rom.

    Bernd Hagenkord: Einen schönen guten Morgen!

    Armbrüster: Herr Hagenkord, hat der Bischof von Limburg schon einen Gesprächstermin bei Franziskus?

    Hagenkord: Nicht, dass ich wüsste. Soweit ich das beurteilen kann, geht es hier auch erst mal darum, mit den zuständigen Stellen zu sprechen, also mit den, ich sage mal, Behörden, die mit Bischöfen sich befassen, der Bischofskongregation, wie das bei uns heißt. Und ob da der Papst überhaupt involviert sein wird, persönlich mit Bischof Tebartz-van Elst, das weiß ich gar nicht. Ich vermute auch, erst einmal nicht.

    Armbrüster: Das heißt, es könnte auch sein, dass der Bischof in den nächsten Tagen wieder aus Rom abreist, ohne den Papst überhaupt getroffen zu haben?

    Hagenkord: Das ist ja ein bisschen Teil der Geschichte, dass wir hier sehr viel spekulieren müssen, weil wir nicht genau wissen, was Sache ist, weil hier auch sehr vertraulich und ein bisschen geheimniskrämerisch gespielt wird. Bischof Tebartz-van Elst ist ja sozusagen nach Rom gekommen, um sich dem Gericht, der Medien und der Öffentlichkeit zu entziehen und nur noch den Papst über sich entscheiden zu lassen.

    Aber das funktioniert natürlich so nicht, weil wir keine Informationen haben, weil wir nicht wissen, was jetzt genau passieren wird, weil die Geschichten in Deutschland und nicht nur in Deutschland mittlerweile ja weitergehen, weiterentwickelt werden und zunehmend Bedarf besteht nach Informationen. Dem kann der Bischof sich in Zukunft nicht weiter entziehen. Er macht es im Augenblick noch sehr vertraulich, aber ich glaube, in den nächsten Tagen muss er da auch was sagen, auch eine Entscheidung treffen, was sich selber angeht.

    Armbrüster: Die "Bild"-Zeitung schreibt heute Morgen, "Papst lässt Protzbischof abblitzen". Trifft sie damit irgendwie den Kern der Wahrheit?

    Hagenkord: Ich habe keine Ahnung, worauf sich die "Bild"-Zeitung damit bezieht. Mir ist auch nicht klar, dass es eine Bitte um Audienz gegeben hat, die dann negativ beschieden würde. So hört sich das ja irgendwie an, als ob die "Bild"-Zeitung wüsste, dass da ein Nein gekommen sei. Ich weiß es nicht. Mittwochs zum Beispiel gibt es ja eine große Generalaudienz, da kommen immer eigentlich alle Bischöfe, die sich gerade in Rom aufhalten. Es wird also interessant sein, ob Bischof Tebartz-van Elst auch dahin kommt, ob er sich quasi öffentlich mit dem Papst sehen lässt. Wie gesagt, alles spekulativ im Augenblick – leider, leider.

    Armbrüster: Wie groß ist das Thema denn eigentlich im Vatikan? Ist der Bischof da sozusagen ganz oben auf der Prioritätenliste?

    Hagenkord: Nein, das ist der Bischof nicht. Der Papst hat sicherlich große Projekte vor, etwa die Kurienreform, heute beginnt der neue Staatssekretär im Vatikan, sagen wir mal die Nummer zwei der Regierungschefs des Vatikan, sein Amt, es wird sehr viel umgebaut werden, intern, strukturell, und das ist sicherlich das große Thema. Dazu muss man allerdings auch sagen, dass hier sehr viele Leute schon etwas verwundert die Augenbrauen heben, allein schon der Summen wegen, die man sich ja wohl nur in Deutschland leisten kann, in der deutschen Katholischen Kirche.

    Da gibt es einige Länder, wenn man mal einfach Kontinente nennt, Afrika, Lateinamerika, Asien, die sind schon sehr verwundert, was für Summen da wofür ausgegeben werden. Von daher ist das schon ein Thema. Ich habe gestern Berichte gesehen aus Washington und aus Lima in Peru, wo das eben auch Thema ist, und das ist schon mehr als nur eine rein deutsche Geschichte. Von daher ist das irgendwie dann doch auch hier ein Thema.

    Armbrüster: Wissen Sie, was genau der Bischof in Rom macht, wie er sich dort die Zeit vertreibt, oder verbringt er den ganzen Tag in seinem Herbergszimmer?

    Hagenkord: Ich weiß es nicht, ich habe ihn nicht gesehen. Ich weiß nur, dass Kollegen natürlich – es ist der Job von Journalisten, das rauszufinden – ihn gesehen haben. Aber was er genau macht, das weiß ich nicht. Ich glaube, er versucht, ein bisschen unter dem Radar durchzufliegen, um seine Gespräche führen zu können im Vatikan. Anderes kann ich mir auch nicht vorstellen.

    Armbrüster: Herr Hagenkord, Ihr Sender, Radio Vatikan, ist ja so etwas wie die offizielle Stimme des Vatikan. Wie gehen Sie in Ihren Radiosendungen mit der Kontroverse um den Limburger Bischof um?

    Hagenkord: Na ja, das ist ein Teil der Realität der deutschen Kirche, im Augenblick kein sehr schöner Teil, und weil es aber Teil der Realität ist, wird er dargestellt. Wir versuchen natürlich, unseren eigenen Blick auf die Dinge zu werfen. Wir versuchen, ungefähr wiederzugeben, was Stand der Dinge ist. Aber anders als zum Beispiel – Sie nennen die "Bild"-Zeitung – spekulieren wir nicht, sondern was den Vatikan angeht, berichten wir nur das, was uns als Tatsache bekannt ist, selbst bekannt ist. Ich meine, es ist ja auch schwierig für ein offizielles, offiziöses Organ, sozusagen zu spekulieren. Dann könnte jetzt der Deutschlandfunk auch sagen, Radio Vatikan hat gesagt, um das dann offiziell wiederzugeben. Das ist ein bisschen heikel.

    Ansonsten versuchen wir, doch schon auch darzustellen, wie problematisch das ist, was gerade vor sich geht, und auch ein bisschen die Geschichte einzuholen, denn das geht ja schon etwas länger in Limburg. Die Geschichte ist ja schon länger in der Öffentlichkeit. Der Artikel im "Spiegel", wo das losging mit dem Flug, das ist schon ein bisschen länger her, das nicht aus den Augen zu verlieren. Gleichzeitig aber auch den Medienüberdreh, habe ich es mal genannt, dass da stündliche Updates mit Eilmeldungen kommen, Bischof in Rom und so weiter, das machen wir dann aber lieber nicht mit.

    Armbrüster: Bernd Hagenkord war das, der Leiter der deutschsprachigen Redaktion bei Radio Vatikan, live hier heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Herr Hagenkord, für das Gespräch.

    Hagenkord: Gern geschehen!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.