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Zwangsdoping in der DDR
Opfer fordern 32 Millionen Euro für Akutfonds

Viele ehemalige DDR-Sportler kämpfen noch heute mit Spätfolgen des Zwangsdopings, mit dem der kleine Staat ab den 1970er-Jahren zur Sportnation aufsteigen wollte. Der Dopingopferhilfeverein DOH fordert nun einen Akutfonds mit Geld von Staat und Sportinstitutionen, aus dem Hilfen und Forschung finanziert werden sollen.

Von Andrea Schültke |
    Die Schriftstellerin und Doping-Expertin Ines Geipel, die Arme verschränkt, an eine graue Betonmauer gelehnt.
    Mindestens 2.000 ehemalige Athleten leiden unter den Spätfolgen des Dopings, schätz Ines Geipel, Vorsitzende des Dopingopferhilfevereins, DOH. (Ines Geipel (privat))
    Er war für viele das Todesurteil – "der geheime Staatsplan 14.25". So nannte das Zentralkomitee der SED das flächendeckende Dopingsystem, mit dem der kleine Staat zur Sportnation aufsteigen wollte.
    Spätestens seit 1974 bedeutete das: Anabolika für Sportlerinnen und Sportler, mit zum Teil verheerenden Spätfolgen, wie bei der ehemaligen Leichtathletin Daniela Haschke:
    "Ich habe 2011 Brustkrebs gehabt, ein hormonbedingter. Und dadurch, dass wir wahrscheinlich dort die Hormone bekommen haben, kann es sein, dass es von dort kommt, Kein Ahnung, ich bekomme Antihormone und habe dadurch viele Nebenwirkungen."
    Krebs, Organschäden, kaputte Gelenke
    Wie Daniela Haschke sind viele der Dopingopfer an Krebs erkrankt. Häufig leiden die Opfer auch unter zahlreichen schwerwiegenden Schäden. Betroffen sind Gelenke, Organe wie Herz und Nieren. Wohl Folgen des Zwangsdoping, die bei manchen Betroffenen erst Jahre später aufgetreten sind. Bei anderen schon während ihrer Karriere. Wie bei der ehemaligen Handballerin Marion Vogel:
    "Es gab Ablenkungsmanöver, um Doping zu verschleiern. Mir wurde ein Lymphknoten entfernt in der linken Halsseite von einer Ärztin, erst lange Zeit später wurde klar: Sie hat zwei Nerven durchtrennt. Währenddessen wurde mein linker Arm immer schwächer und irgendwann war klar, dass der Arm gelähmt sein würde. Zusätzlich hat man mir erzählt, ich hätte Morbus Hotschkin und ich ging davon aus, dass ich sterben würde."
    Marion Vogel hat überlebt mit schwersten Schädigungen an Körper und Seele.
    Psychosen und Depressionen
    "Fast 70 Prozent der ehemaligen Athleten, die sich in der Beratungsstelle melden, haben schwerste psychische Probleme, müssen leben mit Psychosen, Depressionen und Burnout-Geschichten."
    So Ines Geipel, die Vorsitzende des Dopingopferhilfevereins, DOH. Zuletzt hätten sich auch vermehrt Fußballer gemeldet. Ines Geipel schätzt: Mindestens 2.000 ehemalige Athleten leiden unter den Spätfolgen des Dopings. Ihnen soll der Akutfonds des Sports helfen – medizinisch, juristisch und finanziell. 32 Millionen will Geipel dafür vom Sport und vom Staat.
    Geld für Olympiabewerbungen versus Hilfe für Dopingopfer
    "Das sind die 32 Millionen, die der Sport im Grunde versenkt hat in München, als es um die verpasste Olympiabewerbung ging. Das ist uns leicht möglich, aber wenn es um die konkrete Hilfe für Menschen geht, dann gibt es keine Kommunikation mehr. Also so kann das nicht gehen."
    Deshalb hat der DOH das Konzept für den Akutfonds des Sports entwickelt und verschickt. An den Deutschen Olympischen Sportbund, das für den Sport zuständige Bundesinnenministerium und alle politischen Fraktionen.
    Neben der direkten Hilfe für die Opfer soll auch ein Forschungsprojekt finanziert werden, über die Geschichte der Dopingopfer. Diese Aufarbeitung sei notwendig, betont der DOH - auch angesichts der Euphorie um die geplante Olympiabewerbung Hamburgs für die Sommerspiele 2024. Und sie ist eine wichtige Aufgabe 25 Jahre nach der Wiedervereinigung.