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Abstimmung
Tsipras muss für Maßnahmen kämpfen

Tag der Entscheidung in Athen: Das griechische Parlament soll heute Abend auf Druck der Gläubiger ein erstes großes Spar- und Reformpaket beschließen. Ministerpräsident Alexis Tsipras warb in einem Interview für die Maßnahmen, die er weiterhin "irrational" nennt. In seiner Regierung stößt er deshalb auf starken Widerstand.

    Alexis Tsipras kämpft nun um eine Mehrheit für die Reformvorhaben.
    Alexis Tsipras kämpft nun um eine Mehrheit für die Reformvorhaben. (dpa / picture-alliance / Yannis Kolesidis)
    In einem TV-Interview warb Tsipras am Dienstagabend eindringlich für die Zustimmung zu den Maßnahmen. "Ich übernehme die Verantwortung für einen Text, an den ich nicht glaube, den ich aber unterzeichnet habe, um ein Desaster für das Land zu vermeiden: den Kollaps der Banken", sagte Tsipras. Dabei wandte er sich insbesondere an die Kritiker in der eigenen Partei Syriza. Es gebe einige, die sich über einen Sturz seiner Regierung freuen würden, sagte Tsipras im Sender ERT1. "Jeder muss jetzt seine Verantwortung übernehmen." Vorgezogene Wahlen schloss Tsipras nicht aus.
    Tsipras braucht möglicherweise Stimmen aus der Opposition
    Dass Tsipras im Regierungslager eine Mehrheit bekommt, gilt als fraglich. Vertreter des linken Flügels von Tsipras' Partei Syriza kündigten wie die "Unabhängigen Griechen" an, die Vereinbarungen nicht mitzutragen. Die Opposition könnte in diesem Fall die Lösung sein: Die konservative Nea Dimokratia, die sozialdemokratische PASOK und die liberale To Potami haben ihre Unterstützung angekündigt. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung dürfte gegen Mitternacht feststehen.
    Die Billigung des Pakets durch das griechische Parlament ist eine Voraussetzung dafür, dass die Gläubiger überhaupt Verhandlungen mit Athen über neue Finanzhilfen aufnehmen. Es geht um bis zu 86 Milliarden Euro. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder hatten sich am Montag nach rund 17 Stunden Beratungen bereit erklärt, mit Griechenland über ein drittes Hilfspaket zu verhandeln. Allerdings müssen auch mehrere nationale Parlamente der Euroländer zustimmen, in einigen Staaten gibt es Widerstand. Der Deutsche Bundestag soll am Freitag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
    Das Paket: Steuern rauf, Frührenten weg
    Das erste Gesetzespaket sieht die Anhebung der Mehrwertsteuer und die Abschaffung von Frührenten sowie Steuererhöhungen für Freiberufler und Villenbesitzer vor. Von dem Parlamentsbeschluss hängt auch die Zwischenfinanzierung Athens für die nächsten Wochen ab. Bisher ist offen, wie die bis Mitte August benötigten rund 12 Milliarden Euro aufgebracht werden.
    Die Gewerkschaft der Staatsbediensteten (ADEDY) rief für Mittwoch zu einem Streik gegen das Sparpaket auf. Gut 70 Prozent der Griechen sind laut einer Umfrage für die Athener Zeitung "To Vima" aber für dessen Billigung. Dabei wirft jeder Zweite den Euro-Partnern vor, nicht genug Verständnis für Griechenlands Probleme zu haben.
    "Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble"
    Tsipras kritisierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der mit einem Plan für das Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro gescheitert sei. "Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble", sagte er. Die Vereinbarung des Euro-Gipfels über das Reformpaket sei auf den Druck starker Staaten auf Griechenland zurückzuführen; das "ehrt nicht die Tradition Europas". Positiv sei für Griechenland, dass es noch 2015 eine Diskussion über eine Umschuldung und ein Investitionsprogramm von 35 Milliarden Euro geben werde. Das könne die Voraussetzungen für Wachstum in Griechenland schaffen. Die Auflagen seien "irrational", doch sie ermöglichten einen Weg aus der Krise.
    Der IWF hatte in der Nacht zu Mittwoch einen Schuldenschnitt für Griechenland gefordert. Beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ist Griechenland inzwischen mit rund zwei Milliarden Euro im Zahlungsrückstand. Eine am Montag fällige Rate in Höhe von 456 Millionen Euro traf nicht ein. Seine privaten Gläubiger bediente Athen dagegen. Eine Yen-Anleihe von 1995 wurde am Dienstag zurückgezahlt, um eine Herabstufung bei den Ratingagenturen zu vermeiden.
    (nch)