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Afghanistan
Soldaten feuerten auf Hochzeitsfeier

Für den Raketenangriff auf eine Hochzeitsfeier am Silvesterabend in der afghanischen Provinz Helmand mit vielen Toten sind offenbar Angehörige der afghanischen Armee verantwortlich und keine Taliban-Kämpfer. Gegen zwei Soldaten wird ermittelt.

Von Bernd Musch-Borowska |
    Der Gouverneur der afghanischen Provinz Helmand, Muhammad Naeem Baloch, inmitten afghanischer Sicherheitskräfte
    Der Gouverneur der afghanischen Provinz Helmand, Muhammad Naeem Baloch (Dritter von rechts) besucht den Ort der Hochzeitsfeier, die von einem Raketenangriff getroffen wurde. (picture alliance / dpa/ Watan Yar)
    Die verantwortlichen Soldaten würden vor ein Kriegsgericht gestellt, sagte der stellvertretende Provinzgouverneur Jan Rasoulyar. Sie hätten die Hochzeitsfeier irrtümlich mit einer Mörsergranate beschossen, nachdem es in der Region zu Gefechten zwischen Taliban und den afghanischen Streitkräften gekommen war.
    Unter den Opfern waren zahlreiche Frauen und Kinder. Die Gäste der Hochzeitsfeier warteten am Mittwochabend gerade auf die Ankunft der Braut, als das Haus von der Granate getroffen wurde.
    Der Bezirk Sangin in der südafghanischen Provinz Helmand gilt als Hochburg der Taliban. Seit gestern sind dort, ebenso wie im ganzen Land, allein die afghanischen Streitkräfte für die Sicherheit verantwortlich.
    Der afghanische Präsident Ashraf Ghani würdigte bei einer feierlichen Veranstaltung in seinem Palast in Kabul die gute Vorbereitung der Streitkräfte und rief die jungen Afghanen dazu auf, der Armee beizutreten und das Land mit zu verteidigen: "Ich möchte allen Afghanen dazu gratulieren, dass ab jetzt die afghanischen Sicherheitskräfte die volle Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes und des ganzen Volkes tragen."
    ISAF-Nachfolgemission "Resolute Support"
    Die rund 13.000 internationalen Soldaten der ISAF-Nachfolgemission "Resolute Support" sollen nur noch afghanische Soldaten ausbilden und beraten. Das Mandat ist zunächst auf zwei Jahre begrenzt. Auch bis zu 850 Bundeswehr-Soldaten sind an der Mission beteiligt. Bis zuletzt war es unklar, ob die Mission überhaupt zustande kommt. Der frühere afghanische Präsident Hamid Karsai hatte sich lange geweigert, das Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen.
    Karsai stand den internationalen Streitkräften im Land immer kritisch gegenüber und wiederholte gestern in einem Interview seine immer wieder formulierten Vorwürfe an die USA: "Dieser Krieg in Afghanistan ist nicht unser Krieg. Das ist ein fremder Krieg um fremde Interessen, und die Hauptkriegsgegner sind die USA und Pakistan. Ich habe den USA immer gesagt: Wir werden Euch nicht im Weg stehen bei Euren Interessen. Wir sind zu klein, um Euch daran zu hindern - was immer Ihr auch tut. Ich glaube nicht, dass es sich dabei um einen Krieg gegen den Terror handelt. Aber macht es so, dass die Afghanen nicht darunter leiden."
    Ähnlich äußerte sich jetzt auch der neue afghanische Präsident Ghani, der eigentlich als Freund der USA gilt. Heute sagte er in Kabul, er wolle keinen Stellvertreterkrieg in Afghanistan.
    Die internationalen Soldaten der "Mission Resolute Support", von denen die USA das größte Kontingent stellen, dürfen zwar zur Selbstverteidigung von der Waffe Gebrauch machen, haben aber keinen Kampfauftrag mehr.