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Anabolikahandel in großem Stil

Für den illegalen Handel mit Dopingmitteln muss sich Lothar H., Kopf von International Pharmaceuticals, vor Gericht verantworten. Bei einer Razzia im Firmenlager hatten Zollfahnder rund fünf Millionen Pillen, Kapseln und Ampullen, überwiegend anabole Steroide, sichergestellt.

Von Andrea Burger-Schültke | 11.04.2011
    Lothar H. ist ein kleiner schmächtiger Mann, 57 Jahre alt, Betriebswirt aus Altenstadt in der hessischen Provinz. In seinem Anzug wirkt er seriös. Schwer vorstellbar, dass der Kaufmann, der Kopf von International Pharmaceuticals war, dem größten Untergrund-Handel für illegale Dopingmittel in Europa. Nach intensiven Ermittlungen war es der Zollfahndung Frankfurt im September gelungen, ein Lager der Untergrund Firma in Hessen auszuheben. Sie fanden Dopingmittel: mehr als fünf Millionen Tabletten und Flaschen. Oberstaatsanwalt Lars Streiberger:

    "Also dieser Fund der Anabolika im September 2010 in Wallernhausen ist nach den Ermittlungen der weltweit größte Einzelfund, Einzelsicherstellung von Anabolika."

    Der kleine Mann – ein Großer im illegalen Handel mit Dopingmitteln. Der Betriebswirt gibt an, bei verschiedenen Unternehmen der Pharma- beziehungsweise Gesundheitsbranche unter anderem Einkäufer für Rohstoffe gewesen zu sein. Vor 30 Jahren habe er eine Importfirma gegründet, und zunächst Ölgemälde aus China verkauft. Später sei der Import von Arzneimitteln hinzugekommen. Durch Kunden sei dann der Kontakt zur Dopingszene entstanden. Und damit auch die Untergrundfirma International Pharmaceuticals. Über acht Jahre hat Lothar H., so die Anklage:
    illegal Handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und Handel mit Arzneimitteln zu Dopingzwecken in besonders schwerem Fall betrieben. Reingewinn monatlich: 10.000 bis 15.000 Euro. Nicht versteuert. Lothar H. erwartet morgen eine Freiheitsstrafe von maximal vier Jahren. Bei einer Höchststrafe von zehn Jahren ein mildes Urteil. Oberstaatsanwalt Lars Streiberger begründet das damit:

    "Dass der Angeklagte von vornherein nach der Festnahme umfassend mit den Ermittlungsbehörden kooperiert hat. Er hat uns seine Lieferanten benannt, er hat uns seine Abnehmer benannt."

    Lothar H. hatte angegeben, die Ware an lediglich vier bis fünf Abnehmer weiter verkauft zu haben. "Das waren Leute, die Fitnessstudios hatten", erklärte der Angeklagte auf Nachfrage des Gerichts.

    Medienberichte, auch Spitzensportler seien vom Angeklagten beliefert worden dementiert dessen Anwalt Horst Kletke:

    ""Was meinen Mandanten betrifft, haben wir die Situation: Verkäufe an Großhandel und nicht an Sportler. Also das ist eine Märchengeschichte, die irgendwann in die Welt gekommen ist, die nicht zutrifft"."

    Gegen die Kunden von Lothar H. laufen bereits gesonderte Ermittlungsverfahren. So auch gegen einen österreichischen Geschäftspartner des Angeklagten. Der Österreicher muss sich Ende April gemeinsam mit einem Landsmann vor dem Landgericht Wiener Neustadt verantworten. Der Vorwurf: Handel mit anderthalb Tonnen Anabolika, Stimulanzien und Hormonpräparaten zu Dopingzwecken.