Seine Karriere als Säbelfechter hat Max Hartung bereits nach den Olympischen Spielen im vergangenen Sommer in Tokio beendet. Ende Oktober wird er als Präsident des Vereins Athleten Deutschland abgelöst. Hartung erinnerte zum Ende seiner Zeit als Präsident von Athleten Deutschland im Deutschlandfunk-Sportgespräch an die ursprüngliche Motivation zur Gründung des Vereins im Jahr 2017.
"Ohne Athletenbeteiligung wurden ganz viele Entscheidungen getroffen, die maßgeblich unsere Lebenswirklichkeit am stärksten betroffen haben", sagte Hartung im Dlf. Als Beispiele nannte er die Leistungssportreform, den Umgang mit Werbung auf Sportkleidung oder das Anti-Doping-Gesetz. Vielen Sportlerinnen und Sportlern seien zahlreiche strukturelle Veränderungen ohne jede Einbeziehung vorgesetzt worden.
Hartung: "Stolz und dankbar, was daraus geworden ist"
Der Verein Athleten Deutschland wurde am 15. Oktober 2017 in Köln gegründet. Der Säbelfechter Max Hartung war der erste Präsident. Der Verein hat die Aufgabe, die Interessen von deutschen Kaderathleten unabhängig zu vertreten. Vorher gab es lediglich eine Athletenkommission unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), in der sich viele Sportlerinnen und Sportler schwach vertreten fühlten. Der DOSB bemängelte die Gründung 2017 als "nicht notwendig".
Bei Athletinnen und Athleten habe die Idee der Gründung einer vom DOSB unabhängigen Vertretung dagegen viel Anklang gefunden, betonte Hartung im Sportgespräch: "Das Feedback, was wir von den Sportlern bekommen haben, war überragend. Und ja, ich bin natürlich auch stolz und dankbar, was heute daraus geworden ist." Der Verein habe manche Dinge anstoßen können, sagte Hartung. Etwa eine Verbesserung der Bedingungen für Sportsoldaten bei der Bundeswehr oder eine höhere Athletenförderung für Sportlerinnen und Sportler außerhalb der Bundeswehr.
Viel Gehör für Athleten-Initiative im Sportausschuss
Nach der Gründung war der Verein häufig Gast im Sportausschuss des Bundestags. Auch im Bundesinnenministerium fand man mit den eigenen Ideen Gehör. Hartung gab im Sportgespräch zu, dass auch er überrascht gewesen sei, wie gut man mit der eigenen Initiative durchkam. "Nicht, weil, weil das nicht sinnvoll ist, sondern weil ich auch skeptisch war: Wie viel kann man als junger Mensch, der sich engagiert, erreichen? Wird das überhaupt gehört? Oder wird man gleich abgebügelt, jetzt auch als Athlet, der das auch gewöhnt ist, nicht immer angehört zu werden. Und wir hatten aber gute Argumente."
Trotzdem habe sich Hartung "bis zum Schluss gefragt, ob man uns das zutraut, auch so eine Verantwortung zutraut".
Neue DOSB-Führung? "Verstehe nicht, warum es eine Findungskommission braucht"
Im Dezember wählt der DOSB einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin. "Da braucht es jetzt eine Neuaufstellung", sagte Hartung. "Ich hoffe sehr, dass das gelingt und dass der deutsche Olympische Sportbund da auch wieder so wahrgenommen wird als Vertreter der Sporttreibenden in ganz Deutschland."
Der offene Brief von Mitarbeitenden im DOSB, die Krise in der Führungskultur des Verbands - das besorge ihn, sagte Hartung.
"Ich hoffe, dass das bis Dezember, wenn die Mitgliederversammlung ist, gelöst ist und dass dann ein neuer Schwung reinkommt und die Organisation positiv wahrgenommen wird." Grundsätzlich fände er eine Diskussion fernab von Personen besser und die Fragestellung: "Was ist eigentlich die richtige Struktur? Was sind die richtigen Inhalte, die Ideen, um den Sport weiterzuentwickeln?"
Hartung kritisierte die Suche durch eine Findungskommission. "Wir wurden dort auch als Athletenvertreter nicht eingebunden. Der Prozess dieser Auswahl, ich weiß nicht, ob das gut ist." Eine Person, die von der Findungskommission vorgeschlagen werde, sei im Vergleich zu anderen Kandidatinnen und Kandidaten mit einem "Schwung der Findungskommission" begünstigt. "Deswegen habe ich das eigentlich nicht so richtig verstanden, warum man jetzt eine Findungskommission braucht."
Hartung über Athletinnen und Athleten: Viele wagen mehr eigene Meinung
Hartung, der seit Herbst 2021 Geschäftsführer der Sportstiftung NRW ist, sprach an, dass in den vergangenen Jahren viele Athletinnen und Athleten selbstbewusster auftreten würden und stärker ihre Meinung artikulieren würden. Er nannte den Footballer Colin Kaepernick, die Fußballerin Megan Rapinoe oder die Tennisspielerin Naomi Osaka als Beispiele. Dieses Selbstverständnis entwickle sich nun auch in Deutschland.
Der Kölner fragte, wer die Werte, die sich das Internationale Olympische Komitee auf die Fahne schreibt, wie Respekt, Toleranz, Gemeinsamkeit, transportieren könne und gab selbst die Antwort: "Das können ja nur die Sportlerinnen und Sportler sein."