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Britischer Rundfunk
Happy Birthday, BBC!

Die British Broadcasting Corporation - die BBC - feiert ihren 100. Geburtstag. Ihre Dutzende Radio- und Fernsehprogramme machen sie zu einer der berühmtesten Medienorganisationen der Zeit. Dabei hatte alles ganz klein im Herzen von London angefangen.

Von Ruth Rach | 18.10.2022
Eine Szene aus den frühen Tagen der BBC - Olive Sturgess und John Huntingdon singen ein Duett im BBC Marconi House - vermutlich im Gründungsjahr1922.
Szene aus den frühen Tagen der BBC - Olive Sturgess und John Huntingdon singen ein Duett im BBC-Studio Marconi House - fotografiert vermutlich kurz nach der Gründung 1922. (picture alliance / Mary Evans Picture Library)
Auch sie gehört zu den Anfängen der BBC: die Operndiva Nellie Melba. Sie gibt im Sommer 1920 in der südenglischen Kleinstadt Chelmsford ein Konzert, das in Europa, Amerika und Australien live zu empfangen ist und dort für große Aufregung sorgt.
Ein kommerzielles Unterfangen, von der Tageszeitung Daily Mail finanziert. Die Technologie ist dem Erfinder Guglielmo Marconi zu verdanken. Er weiß schon lange: Radiowellen haben Zukunft.
 

Zweieinhalb Jahre später, am 18. Oktober 1922, wird die BBC gegründet, zunächst als British Broadcasting Company. Der Anstoß kommt von einer Gruppe von Geschäftsleuten, die drahtlose Empfangsgeräte herstellen und auf möglichst breiter Basis vermarkten wollen. Am 14. November 1922 geht die BBC erstmals auf Sendung, im Marconi House in London mit Nachrichten und dem Wetterbericht.
“This is 2LO, the London station of the British Broadcasting Company calling …”

Wenig später wird John Reith zum Geschäftsführer ernannt. Eigentlich ein Ingenieur, aber äußerst offen für Experimente: die erste Außenübertragung, die erste Sportsendung. John Reith wird bis heute mit einem Credo assoziiert, das er zwar nicht erfunden, aber immer wieder beschworen hat: “Die BBC soll die Menschen informieren, bilden und unterhalten.”

Finanziert durch Rundfunkgebühren

1926 wird die “British Broadcasting Company” in die öffentlich-rechtliche “British Broadcasting Corporation” verwandelt. John Reith wird erster Generaldirektor. Er sorgt dafür, dass die Royal Charter, die königliche Satzung, die alle zehn Jahre neu ausgehandelt wird, Grundsätze enthält, die auch heute aktuell sind: die BBC ist neutral in ihrer Berichterstattung, unabhängig von der Regierung, frei von Werbung und durch Rundfunkgebühren finanziert.
Dank der neuen Kurzwellentechnologie kann die BBC in den 30er-Jahren auch entfernte Länder erreichen. 1938 wird erstmals auf Arabisch gesendet. Bald auch in europäischen Sprachen. Besondere Bedeutung erlangt der deutsche Dienst in den Kriegsjahren. In den Augen der Nationalsozialisten ist der “Londoner Rundfunk” Feindsender Nummer eins - wenn es heißt:
“Hier ist England, hier ist England, hier ist England ... zunächst die Nachrichten in Schlagzeilen.”
Bekannte Exilanten kommen zu Wort. Auch der österreichische Schauspieler Peter Illing 1941 mit dem “Lied vom Stacheldraht”:
“Wir produzieren früh und spat

Stacheldraht, Stacheldraht.

Wir binden deutschen Stacheldraht

von Staat zu Staat, von Staat zu Staat.”
In der Nachkriegszeit wird die BBC auch für andere Länder zum Modell - gilt als Vorbild für zuverlässige Berichterstattung. Jetzt gelingt auch dem BBC-Fernsehen der Durchbruch. 1953 wird die Krönung von Elisabeth II. live übertragen. Es gibt erstmals mehr Zuschauer als Zuhörer. Die BBC baut ihre marktführende Position weiter aus, setzt früh schon auf Online, Internet und On-demand Dienste. Und vermarktet über ihre kommerzielle Tochterfirma “BBC Studios” weltweit Programminhalte. Heute ist sie eine riesige Körperschaft mit rund 20.000 Beschäftigten. Und: “The BBC has something for everyone …”

Manche schlagen radikale Reformen vor

Die BBC bietet für jeden etwas, aber sie existiert nur, wenn wir sie wirklich für wichtig halten: So der BBC-Werbespot zum 100. Geburtstag. Eine Anspielung auf ihr Gründungsmantra - und auf ihre Kritiker. Sie sagen, die BBC produziere immer weniger hochwertige Programme, ihre Berichterstattung sei nicht mehr neutral, die Rundfunkgebühr unfair.
Von den umgerechnet rund 5,8 Milliarden Euro, die jedes Jahr in die Kassen der BBC fließen, stammen etwa 4,3 Milliarden Euro aus Rundfunkgebühren. Jeder Haushalt zahlt jährlich 180 Euro, auch wenn er die BBC Angebote gar nicht nutzt. Manche schlagen radikale Reformen und ein Abonnement-Modell vor. Ein umstrittenes Konzept, das allerdings bei der konservativen Regierung auf viel Interesse stößt. In fünf Jahren läuft die Royal Charter aus. Erst dann wird sich zeigen, wie es mit der BBC weitergeht.