CDU-Umgang mit der AfD
Union zwischen Abgrenzung und Öffnung

CDU-Chef Merz erklärt die AfD zum „Hauptgegner“ seiner Partei. Zugleich distanziert sich der Bundeskanzler vom Begriff „Brandmauer“. Seine Partei debattiert zum wiederholten Mal über den richtigen Umgang mit der AfD.

    CDU-Chef und Bundeskanzler Friedrich Merz am 20. Oktober 2025 bei einer Pressekonferenz in der CDU-Parteizentrale in Berlin.
    Die AfD wolle die CDU "zerstören", sagt Bundeskanzler Friedrich Merz. (imago / Anadolu Agency / Halil Sagirkaya)
    Im Dezember 2018 beschlossen die Christdemokraten auf einem Bundesparteitag: „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“ Damals lag die AfD bei knapp 15 Prozent – heute ist sie laut einer Reihe von Meinungsforschungsinstituten in den Umfragen stärkste Partei.
    Im Herbst 2025 wird innerhalb der Unionsparteien kontrovers über eine Öffnung zur AfD debattiert.

    Inhalt

    Wer in der Union einen anderen Umgang mit der AfD will

    Aus unterschiedlichen Teilen der Union kommen schon seit Jahren und auch aktuell wieder Stimmen von CDU-Politikern, die eine andere Positionierung zur AfD ins Spiel bringen. Der jetzige Unions-Fraktionschef Jens Spahn hatte bereits vor Monaten gefordert, die AfD im Bundestag so zu behandeln wie jede andere Oppositionsfraktion auch.
    Das jetzige Bündnis mit der SPD gilt in Teilen der Union als wenig beliebt. Und die Sozialdemokraten wollen ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD vorbereiten. In Medienberichten wurde bereits spekuliert, CDU/CSU könnten mittelfristig auf eine Minderheitsregierung setzen, um die Koalition mit der SPD zu beenden.
    Die früheren Unionspolitiker Peter Tauber (CDU) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) plädieren für eine Kursänderung in Bezug auf die AfD. Die derzeitige Stigmatisierung helfe der Partei nur noch, so Ex-CDU-Generalsekretär Tauber. Nach seiner Auffassung sollte die Union parlamentarische Blockaden verhindern und über eine neue „Politik der roten Linien nachdenken“, die dann auch Beschlüsse mit einer Zustimmung der AfD erlaube. Der frühere Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg wurde mit dem Satz zitiert, Entzauberung gelinge nicht durch Boykott.
    Und der ehemalige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission Andreas Rödder sagte laut „Stern“: "Je höher man die Brandmauer gezogen hat, desto stärker ist die AfD geworden."

    Was Gegner einer Zusammenarbeit mit der AfD sagen

    Hochrangige Unionspolitiker lehnen eine Abkehr von der sogenannten Brandmauer zur AfD ab. Dazu gehören zum Beispiel Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) und Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU).
    Auch CSU-Chef Markus Söder will nicht zum „Steigbügelhalter“ der AfD werden. CDU-Vizechefin Prien nennt die AfD „zumindest in Teilen – und zwar zunehmend – rechtsextremistisch“.
    Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) attestiert der AfD „Hass und Bösartigkeit“. Trotzdem müsse man nach über zehn Jahren, die die AfD in Parlamenten sitzt, über die Gründe des Erstarkens der AfD sprechen. Er verwies zudem darauf, dass die Partei auch in den westlichen Bundesländern zulege. Es sei eine gemeinsame Verantwortung der Union und der anderen Parteien, so der CDU-Vize, Probleme zu lösen, die das Erstarken der AfD ausgelöst hätten.
    Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, hält rein gar nichts von der These, dass die Brandmauer eine entscheidende Ursache der AfD-Erfolge sei. Der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) im „Focus“: „Wir müssen nicht unsere Haltung zur AfD verändern, sondern unsere Politik und unsere Kommunikation.“
    Radtke fordert seit Monaten, die Union müsse stärker Themen wie Jobsicherheit und bezahlbares Wohnen ansprechen.

    Wie sich CDU-Chef Merz positioniert

    Merz bezeichnet die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte AfD als voraussichtlichen "Hauptgegner" der CDU bei den nächsten Wahlen. Den Begriff der Brandmauer legt Merz ad acta: „Das ist nicht unser Sprachgebrauch. Das war er nicht und das ist er nicht.“
    Der CDU-Chef hatte diesen Begriff in der Vergangenheit allerdings auch schon verwendet. So sagte er im Dezember 2021 dem „Spiegel“. „Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben.“ Merz hatte einst auch gesagt, er wolle die AfD „halbieren“.
    Soweit die parteipolitische Rhetorik des Kanzlers. Inhaltlich setzt der CDU-Chef ähnlich wie die AfD stark auf das Thema Migrationspolitik. Zuletzt brachten ihm seine jüngsten Aussagen über das „Stadtbild“, das nach Ansicht des Kanzlers ein „Problem“ darstellt, nicht zum ersten Mal Vorwürfe der rassistischen Stimmungsmache gegen Zuwanderer ein. Merz hält an seinen Aussagen fest.
    Im Grunde hatte der CDU-Vorsitzende selbst eine Öffnung zur AfD herbeigeführt, als er Anfang 2025 – damals noch als Oppositionsführer – im Bundestag Stimmen der AfD bei Unions-Anträgen zur Migrationspolitik in Kauf nahm. Auch daran gab es viel Kritik.

    Wie ist die Ausgangslage vor dem Wahljahr 2026?

    2026 stehen mehrere Landtagswahlen an. Unter anderem wird in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gewählt. Dort liegt die AfD in den Umfragen derzeit weit vorne – sogar eine absolute Mehrheit der Mandate in den Parlamenten für die AfD erscheint aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen.
    Die CDU steckt in einem Dilemma, da ihr Unvereinbarkeitsschluss gegenüber AfD und Linken eine Regierungsbildung in den beiden Ländern unmöglich machen könnte. Zugleich herrscht in der CDU offenbar die Sorge, wenn man sich nach links öffnet, dann muss man sich auch nach rechts öffnen.

    Martin Teigeler, mit Material von dpa und AFP