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Coronakrise
Geplante Klinik-Schließung im Saarland sorgt für Irritationen

Im Saarland sollen kleinere Kliniken schließen: Die Gesundheitsministerin des Landes reagiert verärgert darauf – und fordert von den Betreibern angesichts der Ausbreitung des Coronavirus die Schließung aufzuheben.

Von Tonia Koch | 16.03.2020
Im Notfallzentrum eines Krankenhauses desinfiziert ein Pfleger seine Hände an einem Spender.
Angesichts des Mangels von Desinfektionsmitteln, hält der Marburger Bund es für schwierig. bereits geschlossene Kliniken wieder zu öffenn (dpa-Zentralbild/Hans-Jürgen Wiedl)
Corona verändere die Lage, argumentiert die saarländische Gesundheitsministerin, Monika Bachmann (CDU). Sie hat deshalb die Cusanus Trägergesellschaft Trier und weitere Träger aufgefordert, ihre Schließungsbeschlüsse zu revidieren.
"Ebenfalls soll geprüft werden, ob das Krankenhaus in Lebach, für das uns angekündigt wurde, dass es im Juni schließt, für einige Monate weiter geführt werden kann. Ebenfalls werden wir prüfen, ob die In-Dienstsetzung anderer Häuser, die längst nicht mehr offen, sind wie zum Beispiel das Krankenhaus in Dillingen, das Krankenhaus Brebach oder auch das Krankenhaus in Wadern, ob es möglich ist, für Notfalloptionen dort Räume und Plätze zu haben – und nicht erst, wenn wir das brauchen."
Coronavirus
Weiterer weißer Fleck in der ländlichen Versorgung der Patienten
Für Lebach wäre das sicher eine Option, für alle anderen Häuser sei es zu spät, sagt der saarländische Vorsitzende der Ärztevertretung Marburger Bund, Gregg Frost.
"Die bereits stillgelegten Häuser werden nicht von heute auf morgen zu personalisieren sein und wir sehen in der Coronakrise jetzt schon eine Knappheit an Mitteln - angefangen von Mundschutz bis hin zu Desinfektionsmitteln. Ich kann nicht eine Klinik, die schon zu ist, plötzlich wieder aufstocken."
Aber der Träger des Krankenhauses Lebach, die Cusanus Trägergesellschaft CTT, wollte sich an diesem Montag nicht festlegen. Informationen, dass dies geplant sei, wollte die CTT nicht bestätigen. Dass der kirchliche Träger gerade zu Zeiten von Corona in der vergangenen Woche mit der Nachricht im die Ecke kam, das Caritas Klinikum in Lebach kurzfristig zu schließen und einen weiteren weißen Fleck in der ländlichen Versorgung der Patienten zu hinterlassen, hat viele irritiert.
Auch die Gesundheitsministerin. In einer eilig angesetzten Debatte im Landtag über die Situation der Krankenhäuser im Land, zeigte sich Monika Bachmann verärgert: "Wir haben nichts gewusst, gar nichts."
Wirtschaftlichkeit der Häuser sei nicht gegeben
Vor nicht einmal zwei Jahren sei im Einvernehmen mit den Trägern ein Krankenhausplan verabschiedet worden, der bis 2025 hätte gelten sollen, so Bachmann. Dieser sei nun Makulatur. Für den Standort Lebach habe es bereits Pläne für ein neues Bettenhaus gegeben und im Landeshaushalt waren entsprechende Investitionsmittel bereit gestellt.
Der plötzliche Sinneswandel der kirchlichen Stiftung, die mit Hilfe der Cusanus-Trägergesellschaft Krankenhäuser sowie Alten- und Pflegeheime im Saarland und in Rheinland-Pfalz führt, sei jedoch unvermeidlich, argumentiert Stiftungsvorstand Rüdiger Fuchs.
"Wir sind uns sehr bewusst, dass das eine ganz schwierige Situation für alle Mitarbeiter ist, aber andererseits kommen wir als Träger nicht umhin, diese Entscheidung so zu treffen, weil die Wirtschaftlichkeit dieses Hauses dauerhaft nicht mehr gegeben ist. Das findet bundesweit statt, das ist kein Einzelfall."
Mit den Mitarbeitern sollen ab Montag Gespräche geführt werden. Diese dürften nicht einfach werden, weil sie über Jahre Lohnverzicht geleistet haben, um die Existenz des Hauses zu sichern, sagt Michael Quetting, Vertreter der Dienstleistungsgesellschaft Verdi.
"Wenn jetzt der Träger die Arbeitsplätze nicht sichern kann, dann kommt auf das Unternehmen eine Klagewelle zu."
Patientenversorgung im Saarland gesichert, nur Bettenverteilung stimme nicht
Den kleinen Krankenhäusern, die in der Grund- und Regelversorgung gebraucht werden, falle es immer schwerer, auskömmlich zu wirtschaften. Sie wüssten nicht mehr, in welche Richtung sie sich spezialisieren sollten, um neue Geldquellen zu erschließen, betont der Vertreter der Ärzte, Gregg Frost. Sie könnten daher im Wettbewerb um "attraktive" Patienten nicht mehr bestehen. Denn Fallpauschalen mit denen die Häuser ihre Betriebskosten deckten, orientierten sich unter anderem an sachkostenintensiven Prozeduren und nicht an den zuweilen niederschwelligen Bedürfnissen der Patienten.
"Ich bin überzeugt, dass wir noch mehr solche Fälle sehen werden. Lebach ist nicht die einzige Klinik, die wenn ich es mal so sagen darf, jetzt schon auf dem letzten Loch pfeift."
Die Versorgung der Patienten im Saarland ist nicht gefährdet. Die Zahl der Betten reicht aus, nur ihre Verteilung stimmt nicht mehr.