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Damit die Kartoffelchips knackig bleiben

Obst, Fleisch oder Fruchtsaft lassen sich durch "aktive Verpackungen" länger vor Verderb schützen: Sie entziehen dem Lebensmittel bestimmte Stoffe, verhindern Bakterienbefall oder binden Wasserdampf. In der EU gelten allerdings strenge Richtlinien, was die Freigabe der Stoffe betrifft.

Von Susanne Kuhlmann |
    In kleine Beutel verpackt, als Gasgemisch oder direkt in die Verpackung eingearbeitet - Substanzen, die Lebensmittel frisch halten, kommen ganz unterschiedlich daher, je nachdem, welche Aufgabe sie erfüllen sollen. Sven Sängerlaub vom Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising:

    "Ein Beispiel ist Feuchtigkeit. Bestimmte Produkte sind empfindlich gegen Feuchtigkeit. Das sind zum Beispiel Kartoffelchips. Man kennt das. Wenn man die im Raum stehen lässt, dann verlieren die ihre Knackigkeit. Da könnte man zum Beispiel einen Feuchtigkeitsabsorber einsetzen."

    Feuchtigkeitsbindende Stoffe wie Kieselalgen-Gel oder Stärkepolymere stecken in einem kleinen Beutel, einem Sachet, wie bei Handtaschen und Portemonnaies. Chipstüten liegen Sachets gegen Wasserdampf bei uns allerdings noch nicht bei. Aber in asiatischen Ländern, wo zum Beispiel mit japanischem Meerrettich gewürzte Wasabinüsse so verpackt werden.
    Unerwünscht ist auch zu viel Sauerstoff in Lebensmittelverpackungen. Oft reicht der in Fleisch oder Käse gelöste Sauerstoff bereits aus, um Fett ranzig werden zu lassen und das Wachstum von Mikroorganismen zu beschleunigen.

    "Bisher werden sogenannte passive Verpackungen eingesetzt. Sie sollen das Lebensmittel schützen, und dort gibt es zum Beispiel Barriereschichten, die eingesetzt werden. Bei Kunststoffverpackungen ist es immer so, dass man zwar die Sauerstoffdurchlässigkeit reduzieren kann, aber nicht gegen null. Das ist das eine. Das andere ist, man kennt das von Schalen. Dort wird eine sogenannte Schutzbegasung eingesetzt. Das sind CO2-Stickstoffgemische, und damit soll der Sauerstoff heraus gespült werden."

    Gasgemische aus Kohlendioxid und Stickstoff reduzieren den Sauerstoffgehalt und schützen in Kunststoffschalen abgepacktes Fleisch vor Verderb.

    "Man hat bei vielen Produkten trotz größter Vorsicht Keime auf der Oberfläche, zum Beispiel bei Fleisch und bei Käse. Das muss nicht immer kritisch sein. Wenn man ein Verpackungsmaterial einsetzt, das aktiv antimikrobielle Stoffe an die Oberfläche abgibt, dann kann dort das mikrobielle Wachstum reduziert werden."

    Dünne Folien, zum Beispiel zum Verpacken von Wurstscheiben, sind sauerstoffundurchlässig, nehmen UV-Licht auf, bevor es ans Lebensmittel kommt und sind antimikrobiell beschichtet, damit sie Schimmelpilze und Bakterien abtöten. Auch diese Art aktiver Verpackung ist in Asien schon weiter verbreitet als bei uns. In der Europäischen Union wird sie gerade entwickelt, und dabei spielt auch die Sicherheit des Verbrauchers eine Rolle. Sven Sängerlaub:

    "Bei den Beutelchen ist es so, dass die gekennzeichnet werden müssen. Dadurch weiß der Konsument, dass er das nicht konsumieren darf. Bei den Sauerstoffabsorbern wäre es nicht kritisch, wenn man es doch ein Stück weit aufnimmt. Dort ist zum Beispiel Salz und Eisenpulver vorhanden. Bei den Verpackungsmaterialien dürfen die Stoffe auch nicht übergehen. Da gibt es strenge Richtlinien, was die Freigabe der Stoffe betrifft. Ein anderer Fall sind die antimikrobiellen Verpackungen. Dort wird eine Freigabe gewünscht. Dort soll die antimikrobielle Substanz direkt auf das Lebensmittel übergehen."

    Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit muss aktive Verpackungen prüfen und zulassen. Glas ist die älteste Art aktiver Verpackung, erklärt Dr. Johann Overath, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Glasindustrie. Es wird vor allem für Getränke verwendet, aber auch für Obst, Babykost und Senf.

    "Glas selbst ist inert, das heißt geht praktisch selbst keine Wechselwirkung mit dem Füllgut ein, das heißt mit dem Orangensaft, ist dadurch optimal geschützt. Es gibt praktisch keinen Austausch von Gasen, also Sauerstoff kommt nicht an das Füllgut heran. Auch kein CO2 kann aus dem Füllgut bei CO2-haltigen Getränken heraustreten. Glas ist geschmacksneutral, bewahrt also den Geschmack sehr gut. Das sind alles sehr gute Vorteile für Glas."

    Licht beeinträchtigt allerdings den Geschmack von Lebensmitteln, es sei denn, Getränke sind in braunes Glas abgefüllt.

    "Braunes Glas wird eingesetzt, um den UV-Schutz zu gewährleisten. Dann gibt es noch neue Entwicklungen, dass man zum Beispiel farbloses Glas oder weißes Glas mit einem UV-Schutz versieht. Das ist eine spezielle Glasmischung, es ist also kein Überzug, sondern es ist eine spezielle Glasmischung, die verhindert, dass UV-Strahlen an das Füllgut gelangen. Insbesondere im Bierbereich wird es sehr gerne verwendet, Biermischgetränke. Das sind die Anwendungen dafür."

    Verbessert wurden auch PET-Getränkeflaschen. In Verschluss oder Flaschenwand sind Materialien eingearbeitet, die Sauerstoff aufnehmen und chemisch binden. Das verlängert die Haltbarkeit von Bier oder Säften immerhin auf rund sechs Monate. Bisher verdirbt ein erheblicher Teil der Lebensmittel schon auf dem Weg in die Geschäfte. Mit aktiven Verpackungen ließe sich also auch die Nahrungsverschwendung eindämmen. Der Handel reagiere im Moment aber noch zurückhaltend, weiß der Verpackungsforscher Sven Sängerlaub.

    "Mein Eindruck ist, dass der Handel vorsichtig ist und diese Technologie auch bewerten möchte, bevor es das seinen Kunden anbietet."