Montag, 13. Mai 2024

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"Der Kampf mit Gewalt ist für uns kein Mittel"

Nach den tätlichen Angriffen auf Bernd Lucke kritisierte die Alternative für Deutschland vor allem die "Grüne Jugend" in Göttingen. Sie hatten zum Vorgehen gegen die AfD aufgerufen. Felix Banaszak, politischer Bundesgeschäftsführer der "Grünen Jugend" glaubt, dass die "AfD gerade die Situation für sich instrumentalisiert möchte".

Felix Banaszak im Gespräch mit Friedbert Meurer | 27.08.2013
    Friedbert Meurer: In weniger als vier Wochen ist Bundestagswahl. Die meisten Wählerinnen und Wählern interessieren sich noch nicht so gewaltig dafür. Umso mehr sticht heraus, was am Wochenende in Bremen beispielsweise passiert ist. Der Vorsitzende der neuen Euro-kritischen Partei Alternative für Deutschland, Bernd Lucke, ist während eines Wahlkampfauftritts auf offener Bühne von Autonomen angegriffen worden und mit Pfefferspray attackiert worden. Wir haben den Tumult eben kurz gehört. Ein Parteimitglied soll auch mit dem Messer verletzt worden sein. Die AfD meldet mehrere ähnliche Versuche der Einschüchterung, wie sie sagt. Die AfD hat auch gegen die Grüne Jugend Strafanzeige erstattet, weil sie sich einer Kampagne der Autonomen gegen die AfD angeschlossen hat. Der Titel damals lautete, von dieser Kampagne, "Alles muss man selber machen", ein zynisch gemeinter Titel der Kampagne der Autonomen. Am Telefon Felix Banaszak, er ist der Bundesgeschäftsführer der Grünen Jugend, der Jugendorganisation der Grünen. Guten Morgen, Herr Banaszak!

    Felix Banaszak: Guten Morgen, Herr Meurer!

    Meurer: Haben Sie Verständnis dafür, wenn AfD-Mitglieder angegriffen werden?

    Banaszak: Nein, ich habe kein Verständnis dafür, wenn AfD-Mitglieder, sei es am Stand oder auch auf einer Bühne, körperlich angegriffen werden, die Grüne Jugend hat auch in der Vergangenheit weder zu Gewalt aufgerufen noch haben wir uns an gewalttätigen Aktionen beteiligt. Das ist nicht mehr als eine Unterstellung der AfD hier im Wahlkampf. Die Grüne Jugend kämpft im Wahlkampf, wie auch sonst, mit Argumenten und inhaltlichen Flyern und Aktionen. Der Kampf mit Gewalt ist für uns kein Mittel.

    Meurer: Also Sie verurteilen das, was beispielsweise am Samstag passiert ist?

    Banaszak: Ja natürlich verurteile ich Gewalt, wenn sie angewendet wird, wobei ich jetzt ein bisschen irritiert bin davon, wie auch in seriösen Medien über diese Dinge berichtet wird, denn es wird ja immer wieder das Bild geschaffen, dass sich AfD-Mitglieder gar nicht mehr sicher über die Straße trauen können, dass ihre Kinder angegriffen werden, dass es gar nicht möglich ist, einen Wahlkampfstand abzuhalten, ohne am Ende zusammengeschlagen zu werden. Ich glaube, die AfD …

    Meurer: Und was ist denn daran so verkehrt an diesem Bild, wenn wir das sehen, was hier in Bremen passiert ist. Da stürmen acht Mann auf die Bühne, da möchte ich nicht Wahlkämpfer sein.

    Banaszak: Also auf dem Bild, das kann man auch genau nachverfolgen, sind überhaupt nicht acht Mann, sondern nur zwei Mann. Unabhängig davon, dass auch das ein Problem ist. Ich glaube jedoch, dass die AfD gerade die Situation auch sehr gut für sich instrumentalisieren möchte und jetzt gerade, insbesondere dadurch, dass sie den Kampf gegen uns als Grüne Jugend da so führt, das als Wahlkampfmittel zu benutzen. Die AfD hat ja selbst sehr große Probleme, sich gegenüber auch gewaltbereiten Rechten Kreisen abzugrenzen. Diese Abgrenzungsprobleme haben ja auch schon dazu geführt, dass einzelne Bundestagskandidatinnen und -kandidaten der AfD jetzt die Partei schon wieder verlassen haben. Und ich glaube, man muss das Ganze auch in den Kontext ziehen, dies als Ablenkungsmaßnahme der AfD einzuordnen.

    Meurer: Verharmlosen Sie die Attacken gegen die AfD?

    Banaszak: Nein, ich verharmlose die Attacken überhaupt nicht. Da, wo Gewalt angewandt wird, ist die Grenze des politischen Widerstandes aus meiner Sicht überschritten. Da gibt es auch ganz eindeutige Stellungnahmen der Grünen Jugend in Göttingen beispielsweise zu, dass sie nur den friedlichen Protest gegen Veranstaltungen der AfD als ihr Mittel verstehen, diese …

    Meurer: Aber Sie distanzieren sich ja auch nicht. Ich hab mir die Homepage, Entschuldigung, Herr Banaszak, mal gestern angeschaut. Also, Grüne Jugend in Göttingen, das ist ja der Schauplatz, da geht es um die Strafanzeige. Da lese ich von einer Entschuldigung nichts, sondern nur dafür, für alle anderen Aktionen, als nichtfriedliche Aktionen übernehmen wir keinerlei Verantwortung. Ist das nicht ein bisschen dünn?

    Banaszak: Na, also, ich sehe gerade nicht den Grund, warum sich die Grüne Jugend Göttingen für Dinge entschuldigen sollte, für die sie nicht verantwortlich ist und an der sie auch keine Beteiligung hat. Also, dass man sich einem Protestaufruf anschließt oder sich mit diesem solidarisiert, der auch problematische Elemente enthält, darüber kann man politisch feilschen – ich halte die Kampagne an vielen Stellen für auch, also – darauf hinzuweisen, dass die AfD nicht einfach nur eine Euro-kritische Partei ist, sondern der sprichwörtliche Wolf im Schafspelz, das ist ja auch Teil der Kampagne, und dass sich die Grüne Jugend Göttingen diesem Teil der Kampagne anschließt und darauf aufmerksam machen möchte, halte ich auch für die Verantwortung eines antifaschistischen Jugendverbandes.

    Meurer: Sie halten es für richtig, dass die Grüne Jugend in Göttingen sich solidarisch erklärt hat mit den Autonomen.

    Banaszak: Ich halte es für richtig, dass sich die Grüne Jugend Göttingen solidarisch erklärt hat mit dem Ziel, auf die rechtspopulistischen Aktivitäten der AfD und auf die fehlende Abgrenzung in die rechte, gewaltbereite rechte Szene hinzuweisen. Nicht mehr und nicht weniger.

    Meurer: Felix Banaszak. Danke schön! Er ist der Bundesgeschäftsführer der Grünen Jugend, zur Strafanzeige, die die Alternative für Deutschland gegen die Jugend erstattet hat. Danke, Herr Banaszak, Wiederhören!

    Banaszak: Danke schön!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.