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Die CSU und Trump
"Bayern first" und andere Parallelen

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer unterstützt zwar nicht jede Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, aber allzu deutliche Kritik gab es bislang auch nicht. Stattdessen heißt es: Respekt vor dem Arbeitstempo. Vielleicht liegt es ja daran, dass es Parallelen zwischen den beiden Politikern gibt.

Von Michael Watzke | 02.02.2017
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gestikuliert im Landtag.
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer im Bayerischen Landtag. (picture alliance/ dpa/ Andreas Gebert)
    Zwischen Donald Trump und Horst Seehofer gibt es ein paar Ähnlichkeiten. Der US-Präsident ruft zum Beispiel gerne ...
    "America first"
    ... wenn er seine Politik auf einen Nenner bringen will. Das tut auch der bayerische Ministerpräsident – in der weißblauen Variante:
    "Bayern kommt zuerst, das ist wahr und das ist mein Auftrag!"
    Donald Trump hat auch gern Geheimnisse – etwa seine Steuererklärung. Horst Seehofer ebenso: Er will zum Beispiel nicht verraten, wie viel CO2 sein Dienstwagen ausstößt. Und dann: Donald Trumps Wählerschaft. Die bezeichnet der Amerikaner oft als ...
    "This is a movement."
    Von einer "Bewegung" sprechen auch Horst Seehofer und seine Berater, wenn sie das CSU-Wählerpotential beschreiben. Sind diese Ähnlichkeiten der Grund dafür, dass sich die CSU mit Kritik an Donald Trump schwertut? Seehofer lobt den Amerikaner auffallend oft.
    "Respekt vor dem Arbeitstempo des neuen Präsidenten! Wir müssen größtes Interesse daran haben, mit den Vereinigten Staaten und Russland vernünftige politische Beziehungen zu haben – und auch wirtschaftliche Beziehungen."
    Nun ist es nicht so, dass Seehofer alles gut heißt, was derzeit aus dem Weißen Haus kommt. Den Einreisestopp für sieben mehrheitlich muslimische Länder hält er beispielsweise nach eigener Aussage für falsch. Nur sagt er das nicht so gern öffentlich, denn:
    "Jetzt werden Sie dann gleich wieder schreiben: 'Seehofer rudert zurück!' Das ist doch immer das gleiche Spiel."
    Große Zustimmung unter Russland-Deutschen
    Seehofer rudert mitnichten zurück. Warum auch? Der CSU-Chef weiß genau, wie er eine Trump-Karte ausspielt. Gerade jetzt, wo die SPD ihren Kandidaten Martin Schulz ins Rennen schickt und Seehofer sich wieder mit der Bundeskanzlerin versöhnen muss. Am Wochenende werden die beiden Unions-Alphatiere in der CSU-Zentrale eine gemeinsame Grillwurst essen, denn:
    "Die Union ist eine politische Familie mit gemeinsamen politischen Wurzeln. Das Christlichsoziale, das Liberale, das Konservative."
    Die Konservativen am rechten Rand der CSU platzen gerade vor Ärger. Seehofer sei vor Merkel eingeknickt, schrieben Hunderte Facebook-Nutzer jüngst auf der Seehofer-Seite. Viele dieser AfD-nahen Wähler bewundern Donald Trump – und auch dessen Buddy in Moskau, Wladimir Putin. Eine Studie der parteinahen Hanns-Seidel-Stiftung hat gerade herausgefunden, dass die CSU vor allem unter Russland-Deutschen große Zustimmung genießt. Deshalb – und auf Druck der bayerischen Wirtschaft – will Seehofer den russischen Präsidenten noch vor der Bundestagswahl besuchen. Dabei wird er erneut die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland fordern. Markus Blume, der neue stellvertretende CSU-Generalsekretär, sieht darin keinen Affront gegen die Putin-kritische Kanzlerin.
    "Wir sollten nicht in Blockdenken verfallen, sondern versuchen, wie ein konstruktiver Beitrag aussehen kann, um eine gute Ordnung in der Welt wiederherzustellen. In einer Zeit, in der die alte Weltordnung offenkundig keinen Bestand mehr hat. Und die Vereinigten Staaten ihre Rolle in der Welt deutlich anders definieren werden als in den letzten Jahren und Jahrzehnten."
    Gutenberg wieder ins Gespräch gebracht
    Markus Blume hat vor seiner parteipolitischen Karriere lange Jahre als persönlicher Berater von Viktor Vekselberg gearbeitet, dem russischen Oligarchen und engen Putin-Vertrauten. Allerdings versichert Blume, er habe sich von seiner Beraterfirma vollständig gelöst. Und sie nicht etwa in die Hände von Familienangehörigen gelegt, wie es Donald Trump mit seinem Firmenimperium tat. An engen Beziehungen zu einflussreichen Russen herrscht in der CSU kein Mangel. Dagegen sind Kontakte in die neue Trump-Administration in Washington spärlicher. Und hier kommt ein Mann ins Spiel, den die CSU einfach nicht loslassen kann: den verlorenen Sohn Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg. Sie erinnern sich?
    "Grüß Gott, meine Damen und Herren. Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht."
    In den vergangenen fünf Jahren ist Guttenberg in den USA wieder zu Kräften gekommen. Als Berater einer Denkfabrik hat er auch Rex Tillerson kennengelernt, den neuen US-Außenminister. Horst Seehofer handelt Guttenberg nach der Bundestagswahl als möglichen Bundesaußenminister. Vorher soll der Baron, wie sie ihn in der CSU halb bewundernd, halb spöttisch nennen, bei mehreren Wahlkampfauftritten für Glamour sorgen. Vor allem aber soll KT, wie Seehofer ihn nennt, das Scheinwerferlicht von Markus Söder abziehen, dem starken innerparteilichen Konkurrenten Seehofers. Es ist das altbekannte CSU-Intrigenspiel, sagt Professor Werner Weidenfeld vom Centrum für Angewandte Politikforschung in München.
    Urbayerische Lust an der politischen Inszenierung
    "Wir haben in diesen Tagen erlebt, wie auch die SPD sich inszenieren kann. Aber auf längere Sicht ist ja da – wenn man Humor hat – die CSU unschlagbar. Das ist ja eine Weltbühne, wie man so etwas macht, wie man die Leute bei Laune hält, wie man sie ablenkt, wie man übermorgen wieder etwas anderes sagt. Das hat einen gewissen Vergnügungscharakter für politische Beobachter. Aber ernsthaft vorankommen tun sie damit natürlich nicht."
    Vielleicht findet sich in dieser urbayerischen Lust an der politischen Inszenierung eine letzte Parallele zum Amerika des Donald Trump. Auch in der CSU denken sie über plakative Wahlkampftaktiken nach. So sollen die Wähler diesen Herbst eine Garantiekarte bekommen. Ein scheckkartengroßes Stück Plastik, auf dem fünf Garantieversprechen der CSU stehen. Ohne deren Erfüllung will Horst Seehofer in keine Koalition eintreten. Nicht mal mit der CDU. Ehrenwort! An oberster Stelle der Garantiekarte – wen wundert's? Die Obergrenze.