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Diesel-Abgasskandal
Das große Schweigen bei Bosch

Der Skandal um manipulierte Diesel-Abgaswerte betrifft längst nicht mehr nur VW. Immer häufiger und drängender wird vor allem in den USA die Frage gestellt, inwieweit der Zulieferer Bosch darin verwickelt ist. Für das schwäbische Unternehmen könnte es teuer werden. Dort herrscht derzeit das große Schweigen.

Von Uschi Götz | 16.09.2016
    Der Schatten des Vorsitzenden von Bosch, Volkmar Denner, auf einer weißen Wand mit Bosch-Logo.
    Was wusste Bosch-Chef Volkmar Denner über die Abgasmanipulation bei VW? (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
    An Bosch führt in Baden-Württemberg kein Weg vorbei. Der weltweit größte Autozulieferer mit seinen 375.000 Mitarbeitern leistet sich was. Natürlich macht auch die Bosch-Stiftung vieles möglich: Über Stuttgart steht eine der modernsten Kliniken des Landes, das Robert-Bosch-Krankenhaus. Die Stiftung residiert ebenfalls in der Höhe, am früheren Wohnsitz des Fabrikanten Robert Bosch. "Lieber Geld verlieren als Vertrauen", war die Maxime des Firmengründers.
    Am Hauptsitz des Unternehmens in Gerlingen laufen viele Fäden zusammen. Die Kommunikation ist für gewöhnlich perfekt, alle Bereiche beschäftigen Spitzenpersonal. Zurzeit herrscht allerdings Funkstille. Beim Stichwort Software wird es einsilbig. Nie war ein schwäbischer Spruch so aktuell wie zurzeit: "Halt dei' Gosch ond schaff' beim Bosch": Halt deinen Mund und arbeite bei Bosch. Ein riesiges Unternehmen schweigt.
    Die Pressestelle nimmt sich für eine Erklärung, weshalb nichts gesagt werden kann, eine Stunde Zeit. Bernd Bohr, bis 2013 Leiter der Kraftfahrzeugsparte, bittet schriftlich um Verständnis. Aufgrund verschiedener Ermittlungen wolle er zurzeit nicht kommunizieren. Die Anfrage beim Gesamtbetriebsratschef Alfred Löckle endet schon im Sekretariat. Man möge sich doch bitte an die Pressestelle wenden, wird mitgeteilt.
    Viele Fragen in den USA
    Bosch gerät immer weiter Druck. Denn nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat der Zulieferer jahrelang Einfluss auf die Nutzung seiner Motorsteuerung bei VW gehabt. Das geht aus einer mittlerweile ungeschwärzten Klageschrift aus Kalifornien hervor, die zunächst von den recherchierenden Kollegen eingesehen werden konnte und uns auch vorliegt.
    Die Anwälte in den USA sind sicher, Bosch habe mit VW "Hand in Hand" gearbeitet. Der Klageschrift zufolge soll es 2014 zwischen dem damaligen VW-Chef Martin Winterkorn und Bosch-Chef Volkmar Denner ein Gespräch gegeben haben, in dem über die "Akustikfunktion" gesprochen wurde. Möglicherweise das Codewort für die Betrugssoftware. Sollten die Vorwürfe tatsächlich zu beweisen sein, könnte es eng werden für Bosch. Das Unternehmen verlöre nicht nur Vertrauen, sondern ganz sicher eine große Menge Geld.
    Auch die Landespolitik wird nervös
    Möglicherweise strebt Bosch einen Vergleich an, ähnlich wie VW ihn jüngst erzielt hat. Je weniger an Aussagen getroffen werden, auch gegenüber den Medien, desto besser die Ausgangslage für Verhandlungen. In den USA stehen Bosch 22 Anwaltskanzleien gegenüber. Wie die Stuttgarter Nachrichten vor gut einer Woche berichteten, sind die Fronten verhärtet. Darum könnte sich die Auseinandersetzung wesentlich länger hinziehen als bei VW. Den Vorwurf, dass die USA im Abgasskandal auch industriepolitische Interessen verfolgen, weist Rother zurück.
    Auch die Landespolitik ist zunehmend nervös. Winfried Kretschmann, Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident am Dienstag: "Das beobachte ich mit Sorge und werde in Bälde auch ein Gespräch mit der Leitung des Bosch-Konzerns dazu haben."
    Das Gespräch mit Bosch-Chef Volkmar Denner findet am kommenden Montag statt. Es sei Stillschweigen über den Inhalt vereinbart worden.