Montag, 29. April 2024

Meinung
EU-Asylreform: Das Ziel ist Abschreckung

Das Ja zur Aslyreform bedeutet vor allem eines: Wir schauen weiterhin weg, wie Menschen geschlagen, eingesperrt oder mit Gewalt wieder aus der EU gedrängt werden, meint Carolin Born.

10.04.2024
Geflüchtete liegen und sitzen auf dem Gras an der griechischen Grenze.
Geflüchtete an der griechischen Grenze. Mit der Asylreform soll es Asylverfahren künftig bereits an den EU-Außengrenzen geben. (picture alliance / NurPhoto / Nicolas Economou)
Ganze acht Jahre hat die EU über das Reformpaket gestritten: Die gemeinsame Asylpolitik gilt als härteste Nuss unter den Gesetzvorhaben. Nur noch die Mitgliedsstaaten müssen nun grünes Licht geben. Dann ist die Nuss geknackt.

Dafür feiern sich die drei größten Fraktionen im EU-Parlament – Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale – doch ein Grund, die Sektkorken knallen zu lassen, ist die Zustimmung der Abgeordneten nicht.

Asylreform kommt rechtzeitig vor den Europawahlen

Zwar werden es sich die Parlamentarier auf die Fahnen schreiben, kurz vor den Europawahlen geliefert zu haben. Also zu zeigen, dass die EU sich einigen kann, dass sie handlungsfähig ist – selbst beim ewigen Zankapfel Asylpolitik. In den vergangenen Monaten machten manche den Eindruck, ein Kompromiss um jeden Preis sei wichtiger als der Inhalt des Kompromisses. Hauptsache, die Reform kommt rechtzeitig vor dem 9. Juni.

In den Verhandlungen hat das Parlament in fast allen Punkten nachgegeben. Durchgesetzt haben sich die Mitgliedsstaaten mit dem, was sie vergangenen Juni beschlossen hatten. Und zwar mit Verweis darauf: Wird an dem, was als Asylkompromiss bezeichnet wurde, gerüttelt, dann springen einzelne Mitgliedsstaaten wieder ab und die mühsam ausgehandelte Mehrheit ist passé. Das Parlament hat dieses Spiel mitgespielt, hat sich in den Verhandlungen kleiner gemacht als es ist. Alles um der Einigung willen.

Einigung beinhaltet schärfe Asylregeln

Was beinhaltet diese Einigung? Vor allem die Übereinkunft: Wir schauen weiterhin weg. Wir wollen nicht sehen, was an den Außengrenzen passiert. Wir verschließen die Augen davor, wie Menschen geschlagen, eingesperrt oder mit Gewalt wieder aus der EU gedrängt werden. Und: Wir wollen es den Menschen, die bei uns ankommen, sogar noch schwerer machen, indem wir einen Teil erstmal einsperren; auch Familien mit Kindern.
Wir wollen sie möglichst schnell wieder loswerden und sind dafür bereit, schmutzige Deals auch mit fragwürdigen Herrschern zu schließen. Wie die mit denjenigen umgehen, die auf der Suche nach einem besseren Leben nach Europa kommen: Das ist uns egal, Hauptsache, es werden weniger.

Das Ziel ist Abschreckung

So haben es die Mitgliedsstaaten entschieden: Sie sind bereit, immer härtere Maßnahmen zu ergreifen. Das Ziel ist klar: Abschreckung. Wie hart die neuen Regeln am Ende werden, hängt auch von der Umsetzung  ab: Unter anderem, wie lang die Liste der sogenannten sicheren Drittstaaten wird.

Ob es in Richtung Ruanda-Modell geht, was die Reform eigentlich nicht zulässt, aber wofür immer mehr Stimmen laut werden. Viel liegt nun in den Händen der Mitgliedsstaaten – und wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.

Fest steht aber schon jetzt: Was die Abgeordneten abgesegnet haben, lässt sich vielleicht im Wahlkampf feiern, aber für Geflüchtete ist es keine gute Nachricht.