Es kommt recht häufig vor, dass Themen, die auf EU-Gipfeln eigentlich im Fokus stehen, in den Hintergrund rücken, weil sie von aktuellen Ereignissen dominiert werden. Um das Klima sollte es eigentlich gehen, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU.
"Dies ist eigentlich schon eine Diskussion, die einen ganzen Rat ausfüllen könnte."
Sagte Angela Merkel nach dem EU-Gipfel. Nach stundenlangen Gesprächen, wie mit der Ukraine, Russland und weiteren Sanktionen zu verfahren sei, widmeten sich die Staats- und Regierungschefs heute einem neuen Klimapaket der EU. Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der EU-Kommission, der umstritten ist. 40 Prozent CO2 sollen bis 2030 eingespart werden im Vergleich zu 1990. Der Anteil von erneuerbaren Energien soll auf 27 Prozent steigen, Vorgaben zur Energieeffizienz werden aber wohl nicht gemacht. Umweltverbände kritisieren dieses Paket als unambitioniert. Ähnlich sieht das auch die Kanzlerin. Aber:
"Wir hätten, gerade auch beim Ziel zu erneuerbaren Energien durchaus weiter gehen können aber im Ausgangsgrundlage angesehen."
Ausgangsgrundlage. Das bedeutet: Die Vorschläge der Kommission könnten noch abgeschwächt werden bis zur finalen Entscheidung im Herbst. Den osteuropäischen EU-Mitgliedern gehen die Pläne nämlich zu weit, Polen zum Beispiel wehrt sich gegen eine Vorreiterrolle der EU im Klimaschutz, weil es bisher seinen Strom fast ausschließlich aus Kohle gewinnt. Die Sorge: Zu viel Klimaschutz kann sich die EU gar nicht leisten.
Connie Hedegaard schaute sich den EU-Gipfel aus dem Nachbargebäude des Europäischen Rates an. Sie ist EU-Kommissarin für den Klimaschutz. Die Diskussionen um Sanktionen gegen Russland, die Gespräche über die große Abhängigkeit der EU von russischem Gas, sie dürften der Dänin gelegen kommen.
"Ist es nicht interessant", fragt Hedegaard in diesem Sender, "wie ausgerechnet die osteuropäischen Länder, die am abhängigsten sind von Russlands Gas, das ausgerechnet diese Länder am ineffizientesten sind beim Energieverbrauch? Es gibt großartige Möglichkeiten, das zu ändern, für Rumänien, Bulgarien, für Polen oder Ungarn. Wenn die Länder diese Möglichkeiten wahrnehmen, dann werden sie auch unabhängiger von Putins Gas."
Kritiker wenden ein: Die Unabhängigkeit wäre noch größer, wenn die Klimaziele der EU ambitionierter wären. In Brüssel wurde daher auch über Gaslieferungen aus anderen Ländern gesprochen, vielleicht sogar aus der Tiefe der USA.
"Wenn die USA sich entscheiden sollten, das Fracking-Gas zu exportieren, dazu brauchen sie auch erst mal die geeignete Infrastruktur, dann könnte das eine Komponente werden."
Klar ist aber auch: Noch ist das ein reines Zukunftsszenario, noch braucht die EU eine Menge Gas aus Russland. Der britische Premierminister David Cameron versuchte da, zu beruhigen – und konnte sich eine Spitze in Richtung Moskau nicht verkneifen.
"Wir dürfen nicht vergessen", sagte Cameron. "Europa ist vielleicht zu 25 Prozent oder so auf russisches Gas angewiesen aber wenn man sich die Umsätze von Gazprom ansieht, nun – 50 Prozent kommen aus Europa."