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EU will CO2-freie Autos ab 2035
Deutsche Automobilindustrie vor machbaren Aufgaben

Autos mit klassischem Verbrennungsmotoren soll es nach dem Willen der EU-Kommission ab 2035 nicht mehr geben. Für die deutschen Autohersteller ist das eine machbare Aufgabe, viele stellen ihre Produktion ohnehin um. Größere Umwälzungen kommen auf Zulieferer und Infrastruktur zu.

Von Mischa Ehrhardt | 14.07.2021
Schleswig, die Stadtwerke SH haben am Schleswiger Stadthafen eine Ladesäule aufgestellt und einen reinen E-Parkplatz geschaffen. Ein gesondertes Schild weist darauf hin, dass an der Stelle nur E-Autos parken dürfen.
Den E-Autos wird in Europa wohl die Zukunft gehören (dpa / Torsten Sukrow / Sulupress)
Schaut man auf die Ankündigungen vieler Autohersteller hierzulande, sollte das Aus für den klassischen Verbrennungsmotor bis 2035 eigentlich kein Problem sein: Opel will schon ab 2028 in der EU nur noch Elektromodelle anbieten. Bei Audi soll der letzte Verbrenner 2033 vom Band rollen. Und der gesamte Volkswagen-Konzern will Diesel- und Benzinmotoren ohnehin bis 2035 auslaufen lassen. Bei Daimler und BMW sehen die Planungen bislang noch vor, bis 2030 die Hälfte der Autos vollelektrisch produzieren zu wollen – auch hier hätte man also noch Luft, um Null-Emissionen für neu zugelassene Autos bis 2035 zu erreichen.
Wie die EU ihre Klimaziele erreichen und dafür die Wirtschaft umbauen will
Bis zum Jahr 2030 will die EU ihren CO2-Ausstoß um 55 Prozent senken. Jetzt hat die EU-Kommission konkrete Gesetzesvorhaben dazu vorgelegt. Aus der Industrie kommt bereits Kritik. Was bisher bekannt ist – ein Überblick.
"Das ist schon machbar, aber man darf nicht vergessen, das ist eine herkulesische Herausforderung nicht nur für die Automobilhersteller, sondern auch für die Transformation der Automobilzulieferindustrie. Das ist, wenn man so will, die größte Veränderung seit Beginn der Autoindustrie", meint Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management an der Universität Bergisch-Gladbach.

Es läuft auf die E-Mobilität hinaus

Eine bestimmte Technologie wird für diese große Transformation in Richtung Nachhaltigkeit nicht vorgegeben. Allerdings sind Alternativen wie Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe vergleichsweise ineffizient und daher noch nicht massentauglich im PKW-Bereich einsetzbar. Deswegen läuft aus heutiger Perspektive alles auf batteriebasierte Elektromobilität hinaus.
Allerdings wird sich damit umso stärker die Frage nach einer alltagstauglichen Ladeinfrastruktur in ganz Europa stellen. Jürgen Pieper, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler: "Es ist der Punkt mal wieder erreicht, wo man sagt, das Wachstum wird begrenzt, zum einen durch die Verfügbarkeit von Batterien, zum anderen aber auch durch die Ladenetze, die nach wie vor nicht leistungsfähig sind. Da muss man vorankommen, das ist im Moment schwer zu beurteilen, ob das schnell passieren wird. Höchstwahrscheinlich ja, aber ich glaube die nächsten ein bis zwei Jahre haben wir noch viele Probleme mit der Infrastruktur."

Ladeinfrastruktur muss ausgebaut werden

In diesem Zusammenhang hatte im Vorfeld des nun vorliegenden Fahrplans aus Brüssel der deutsche Autolobby-Verband VDA die EU-Kommission dazu aufgefordert, Druck zu machen, dass die EU-Mitgliedstaaten den Ausbau der Ladeinfrastruktur angemessen ernst nehmen. Eine Einschätzung zum aktuellen Vorschlag der EU-Kommission konnte der Verband auf Anfrage noch nicht geben. Beim ökologischen Verkehrsclub VCD sieht man den Brüsseler Vorschlag mit gemischten Gefühlen. Das Null-Emissionsziel bis 2035 sei richtig, bis 2030 hatte sich der VCD allerdings höhere CO2-Begrenzungen als die nun anvisierten 55 Prozent gewünscht. In Sachen Ladeinfrastruktur sieht der verkehrspolitische Sprecher, Michael Müller-Görnert, vor allem die Autoindustrie selbst in der Pflicht.
"Die Rahmenbedingungen müssen natürlich stimmen. Also hier sehen wir auch, dass der Staat da nur einen Anschub geben kann, aber sich dann herausziehen soll. Er baut ja auch keine normalen Tankstellen. Insofern es ist Aufgabe der Industrie, nicht nur der Autoindustrie, sondern auch anderen Industrien, etwa im Energiebereich, hier für die nötige Infrastruktur zu sorgen. Letztlich verdienen die ja nachher damit Geld, insofern muss das auch vorangetrieben werden; das darf nicht am Verbraucher hängen."
Es wird nun also noch einige Diskussionen geben auf dem Weg zur Klimaneutralität – auch in den EU-Mitgliedsstaaten. Denn die müssen den Vorschlägen der EU-Kommission im nächsten Schritt ebenso zustimmen wie das Europäische Parlament.