Freitag, 19. April 2024

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Heidelberger Künstlerinnen Preis 2023 für Farzia Fallah
Wenn Musik Politik spiegelt

Der 32. Heidelberger Künstlerinnenpreis ging an Farzia Fallah. In Teheran geboren, komponierte sie für das Verleihungskonzert ein neues Stück, das auch politisch motiviert ist. Es erklingt vor Werken von Schumann und Vaughan Williams.

Am Mikrofon: Egbert Hiller | 27.03.2023
Farzia Fallah nimmt Beifall und Blumenstrauß nach der Uraufführung vor dem Orchester stehend entgegen.
Farzia Fallah nahm ihr erstes Studium in Teheran auf und kam dann nach Deutschland, um weiter in Bremen, Köln und Freiburg zu studieren. Nun erhielt sie den Heidelberger Künstlerinnen Preis 2023. (Theater und Philharmonisches Orchester Heidelberg / Susanne Reichardt)
Der Heidelberger Künstlerinnenpreis wird an komponierende Frauen verliehen und gilt als Auszeichnung von internationaler Strahlkraft. Die Liste der Preisträgerinnen enthält so bekannte Namen wie Adriana Hölszky und Myriam Marbe und gleicht inzwischen einem Who‘s who der Neuen Musik.
Farzia Fallah, geboren in Teheran, ansässig in Köln, ist die 32. Preisträgerin. „Traces of a Burning Mass“ ist ihr erstes Orchesterwerk, und die Zusammenarbeit mit dem Philharmonischen Orchester Heidelberg war eine wichtige Erfahrung für sie.

Kompositionsstart während der iranischen Protestbewegung

Ausgewirkt hat sich der Zeitpunkt der Entstehung des Stücks, denn Farzia Fallah schrieb es 2022, als in ihrem Heimatland nach dem Tod einer Frau in Polizeigewahrsam die jüngste Protestbewegung aufflammte.
Sie sagt: "Während ich an dem Stück gearbeitet habe, war genau zu Beginn von den ganzen Protesten. Die ersten drei Tage von den Protesten habe ich wirklich da selber erlebt. Es war mir auch ständig sehr wichtig, alles zu folgen und zugleich musste ich komponieren: Und diese eine Hälfte des Körpers und der Seele, die Konzentration braucht, und diese andere, die dann aktuell bleiben möchte und alles folgen möchte, machten den Weg nicht einfach."

Spuren der Protestbewegung

Der Titel des Werks: „Traces of a Burning Mass“ bedeutet in der deutschen Übersetzung „Spuren einer brennenden Masse“. Das klingt martialisch und eröffnet der Fantasie viel Raum.
Die Komponistin dazu: Ich glaube, diese anfangenden Proteste selbst erlebt zu haben, haben tatsächlich Spuren hinterlassen. Ich kann nicht mit dem Finger zeigen, das und das sind die Spuren in diesem Stück, aber es sind Spuren darin, und ich glaube tatsächlich, dass das Stück ist auch anders geworden ist, als ich es mir vor dem Anfang des Komponierens vorgestellt hatte."

Die Sonne als eruptiver Energiebringer

Die Komponistin habe gleichzeitig darüber nachgedacht, dass die Sonne, das brennende Zentrum unserer Galaxie, Energie sendet, durch die das Leben überhaupt möglich ist. "Das ist mich doppelbedeutend. Durch dieses Brennen entsteht etwas, entsteht nicht nur Energie, es entsteht diese unglaubliche Zielstrebigkeit nach einer Änderung."
Im Anschluss erklingen romantische Werke, zuerst mit dem Cellisten Julian Steckel und dem Philharmonisches Orchester Heidelberg das Konzert für Violoncello von Robert Schumann und im Anschluss die zweite Sinfonie von Ralph Vaughan Williams.
Aufnahmen vom 8. Februar 2023 aus der Aula der Neuen Universität Heidelberg
Farzia Fallah
Traces of a Burning Mass

Ergänzung
Farzia Fallah
Unter Bewunderung der Farben
Ensemble Aventure
Mitschnitt Deutschlandfunk vom 5. April 2019

Robert Schumann
Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129

Ralph Vaughan Williams

Sinfonie Nr. 2, „A London Symphony“

Julian Steckel, Violoncello
Philharmonisches Orchester Heidelberg
Leitung: Karsten Januschke