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"Das ist Ihre Welt"
Gespräch mit einem Impfskeptiker

Haben Medien Mitschuld an der Impfquote? Darüber diskutieren im Deutschlandfunk ein Impfskeptiker, zwei Journalistinnen und ein Immunologe. Am Ende bleibt vor allem Ratlosigkeit. Protokoll einer besonderen Podcast-Folge.

Von Michael Borgers | 22.11.2021
"Denkpflicht statt Impfpflichtt" steht auf dem Plakat, das eine Frau bei einer Demonstration vor dem Thüringer Landtag in den Händen hält
Eine knappe Mehrheit ist inzwischen für eine Impfpflicht, viele Menschen protestieren aber auch dagegen (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Die Idee von „Nach Redaktionsschluss“ ist der Austausch. Hörerinnen und Hörer kritisieren oder stellen einfach Fragen – und sprechen darüber dann im Podcast des Dlf-Medienmagazins @mediasres. Eine Runde, in der auch Expertinnen und Experten mitdiskutieren. Mit dem Ziel, dass alle Beteiligten voneinander lernen.
Es geht um das Thema Impfen gegen Corona. Und die Frage, welche Rolle Medien spielen, wenn es um die niedrige Impfquote in Deutschland geht. Mit dabei ist Karsten Heinsohn, der sich vorerst nicht impfen lassen will, die Wissenschaftsjournalistin Nicola Kuhrt, der Immunologe Prof. Carsten Watzl und Bettina Schmieding aus der Dlf-Medienredaktion.
Haben Medien Mitschuld an der Impfquote?

Heinsohn fehlen die „kritischen Stimmen“

Karsten Heinsohn meint, dass die Medien Propaganda für die Impfung machten. Er informiere sich inzwischen auf anderen Wegen, in „anderen Medien“, wie er sie nennt. Denn dort finde er die „kritischen Stimmen“, die er woanders nicht mehr höre, macht er gleich zu Beginn der Aufzeichnung deutlich. Er selbst sei Handwerker, erklärt Heinsohn. Doch die Nachhaltigkeit, um die es ihm bei seiner Arbeit gehe, fehle ihm aktuell bei Corona, wo es ja trotz Impfung zu Erkrankungen komme. Und könne man dann überhaupt von einer Impfung sprechen?
Kann man, betont Immunologe Carsten Watzl von der TU Dortmund. Und erklärt, wie Impfen bei Atemwegserkrankungen funktioniert. Es gehe um Evidenz, ergänzt Nicola Kuhrt, preisgekrönte Journalistin und Autorin eines Buchs übers Impfen. Wichtig seien glaubwürdige Studien und nachgewiesene Zusammenhänge, die sich dennoch nicht immer einfach erklären ließen. So funktioniere Wissenschaft. Und das bilde der Journalismus ab, so gut es ginge.
Aber es sei doch so, „dass Menschen ja nicht unbedingt von der Wissenschaft überzeugt sein müssen“, findet Heinsohn. Er sei nicht „wissenschaftshörig“, sondern habe eine „anderes Gedankenmodell, eine andere Einstellung“. Und dann sei da ja noch die verwirrende Berichterstattung zum Thema, Stichwort AstraZeneca zu Beginn, Stichwort Moderna aktuell.

Unterschiedliche Welten

So geht es dann hin und her. Und es wird zunehmend deutlich: Hier prallen komplett unterschiedliche Sichten aufeinander. „Das ist Ihre Welt“, sagt Karsten Heinsohn an einer Stelle zu Nicola Kuhrt. Und wiederholt das zum Schluss noch einmal: Er finde es gut, „dass wir hier jetzt diese Diskussion geführt haben, eben aus wissenschaftlicher Sicht“, erklärt er da. Und er verstehe die Experten, die in „ihrer Welt“ seien und „gerne weiter sein würden“. Aber bei ihm sei „diese Loyalitätsgeschichte eben nicht so eindeutig“.
Er sei „ein bisschen ratlos“, zieht der Immunologe Carsten Watzl gegen Ende Bilanz. Manchmal gingen ihm die Ideen aus, wie man noch Menschen mit Wissenschaft erreichen könne. Der Vorschlag von Nicola Kuhrt: Vielleicht doch öfter mit Menschen wie Karsten Heinsohn sprechen. Auch wenn der "seine Welt" nicht verlasse, „können wir mehr von seiner aufnehmen und versuchen, sie zu widerlegen.“ Es bleibe ja dabei: Impfen schütze.