September 2015. Erstmals ist Deutschland Gastgeber des Solheim Cup. Gespielt wird in St. Leon Rot in Baden-Württemberg - und unter den Zuschauern ist auch die damals 16-jährige Esther Henseleit.
“Ich war die ganze Woche vor Ort, hab’ wirklich bei jedem Match zugeguckt. War immer morgens um sechs am ersten Abschlag und hab’ mir alle Starts angeschaut. Das war mein erstes Mal, dass ich wirklich vor Ort war - und es war extrem schön, sowas auch in Deutschland beobachten zu können.”
Das Ziel bereits schon mit 16 Jahren im Auge
Henseleit spielt seit ihrem achten Lebensjahr Golf, gehört 2015 bereits zum deutschen Nationalkader und hat durch ihr Erlebnis vor Ort ein großes Ziel: selbst einmal beim Kräftemessen der Kontinente dabei zu sein.
Nun, neun Jahre später, ist es soweit - und Henseleit eine von zwei Neulingen im europäischen Team. Als Freitagfrüh gegen 7 Uhr gerade die Sonne über dem Robert Trent Jones Golfclub in Gainesville, rund eine Autostunde südwestlich von Washington aufgeht, steht die deutsche Debütantin in ihrem blau-weißen Mannschaftsoutfit am ersten Abschlag.
“Es ist schön, hier zu sein, als Rookie das wirklich das erste Mal alles mitzuerleben. Wir verstehen uns alle richtig gut.”
Olympia hat sie bekannt gemacht
Henseleit ist es dann auch Diejenige, die diesen 19. Solheim Cup eröffnet. Im Golf Chanel ist davon die Rede, dass die Silbermedaillen-Gewinnerin der Olympischen Spiele nicht vorsichtig an ihre Premiere herangeführt wird, sondern quasi kopfüber ins Wasser springe.
Henseleit hatte sich als Zweite der Punktliste der europäischen Tour für den Solheim Cup qualifiziert. Die norwegische Team-Kapitänin Suzann Pettersen betont, dass die Deutsche im Sommer eine richtig gute Phase gehabt und sich so ins Team gespielt habe, was ihr großes Ziel in diesem Jahr gewesen sei.
Gekrönt hat Henseleit jene “richtig gute Phase” in Paris mit Silber bei den Sommerspielen. Sie ist somit die erste Medaillen-Gewinnerin der Golf-Olympiageschichte aus Europa.
“Die Silbermedaille für Esther Henseleit aus Varel in Friesland. Damit hätte vor diesem Turnier niemand gerechnet.”
Mit einer überragenden Schlussrunde hatte sie sich noch um elf Plätze auf den Silberrang gespielt - und ist so auch außerhalb der Golfblase bekannt geworden.
“Ich habe auf jeden Fall ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen in den letzten Wochen, musste es erstmal alles ein bisschen sacken lassen. Aber mittlerweile ist es angekommen.”
Solheim Cup mit ähnlich hoher Wertigkeit wie Olympia
Der Solheim Cup hat für sie eine ähnlich hohe Wertigkeit wie Olympia. Allerdings: Für Europa wird es ein Auswärtsspiel - und somit vor allem eine psychische Herausforderung, weiß Henseleit.
“Es ist auf jeden Fall schwer, wenn man 30.000 Leute quasi gegen sich hat. Aber letztendlich ist es auch noch mal extra Motivation. Und, ja, letztendlich muss man sehr mental stark sein. Aber, ich glaub’, das bekomme ich hin.”
Und das hat Henseleit bei den Foursomes bewiesen, als sie im letzten Match auf der 18. Bahn Europa mit einem grandiosen Schlag einen wichtigen Punkt rettete. Dennoch: die Titelverteidigerinnen liegen nach 12 der zu vergebenen 28 Zähler 4:8 hinten.