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Griechisch-mazedonische Grenze
Je größer die Not, desto teurer die Flucht

Angesichts des Ansturms der Flüchtlinge hat Mazedonien die Blockade seiner Grenze zu Griechenland aufgegeben. Die Migranten, viele auf dem Weg nach Deutschland, werden nach Serbien durchgeleitet. Doch weiterhin gleicht die Stadt Gevgelija einem Flüchtlingslager. Eine Reportage.

Von Stephan Oszvath | 24.08.2015
    Migranten am Bahnhof von Gevgelija
    Migranten am Bahnhof von Gevgelija (AFP / ROBERT ATANASOVSKI)
    Die Bagger pflügen bei Gevgelija den Müll um im Niemandsland zwischen Griechenland und Mazedonien. Die Flüchtlinge haben zurückgelassen, was sie auf ihrem weiteren Weg stört: Schlafsäcke, Einmann-Zelte, Rasierzeug, Schuhe, Regencapes. Immer noch bewachen mazedonische Armee und Polizei die Absperrung, lassen die Flüchtlingsgruppen aber durch, sobald auf dem Bahnhof wieder Platz für Nachrücker ist.
    In der Bahnstation von Gevgelija, an der griechischen Grenze, werden die Flüchtlinge registriert. Dann läuft die Uhr: Binnen drei Tagen müssen sie entweder Asyl in Mazedonien beantragt oder das Land verlassen haben.
    Mehrere Tausend Menschen hatten sich hier am Samstag gesammelt, um in einen der Züge zu steigen, die nach Norden fahren, ins 200 Kilometer entfernte Tabanovce, an der serbischen Grenze. Viele haben auch ein Taxi genommen, oder haben am Busbahnhof einen Bus bestiegen. Am Sonntagmorgen sind die Einmann-Zelte verschwunden, nur noch einige Hundert Flüchtlinge sind da. Dieser Mann beschwert sich: "Die Grenzbeamten hätten ihn wieder zurückgeschickt", sagt er. Er hätte die falschen Papiere. Griechische. Und ein anderer sagt: Frauen und Kinder würden bevorzugt. Männer müssen bleiben.
    Der Bahnhof von Gevgelija ist eine Mischung aus Flüchtlingslager und Marktplatz. Die örtlichen Roma verkaufen Bananen, Sandwiches, Zigaretten, heißen Tee und Kaffee – oder Strom: Einmal Handy aufladen kostet zwei Euro. Ein Elektriker aus Gevgelija probiert seine Erfindung aus: "Solarpaneele zum Aufladen der Handies", erklärt er. Er will probieren, ob es gelingt, Öko-Strom für so viele Menschen zu erzeugen, sagt er. Es klappt einwandfrei, sagt er.
    Immerhin nur noch 30 Grad im Schatten
    In der Luft liegt saurer Schweißgeruch. An einem Brunnen auf dem Bahnsteig können sich die Menschen waschen. Manche trinken das Wasser auch. Immerhin: Es ist nur noch knapp 30 Grad warm – zehn Grad weniger als noch vor einigen Tagen.
    Der junge Syrer Halid aus Aleppo ist um Mitternacht in Gevgelija angekommen. Hinter sich hat er die übliche Route: Türkei, mit Schleppern nach Griechenland, dann Mazedonien. Jetzt will er mit dem Zug weiter. Schnell die ungarische Grenze erreichen. Er hat davon gehört, dass dort ein Zaun gebaut wird. "Wir müssen uns beeilen", sagt er, "bevor der Zaun fertig ist". Wir nehmen den Zug bis an die serbische Grenze, und dann gehen wir noch ein paar Hundert Meter bis Serbien."
    Andere fahren mit dem Bus oder dem Taxi. Die Preise steigen – je weiter Ungarn mit dem Bau des Zauns ist. Und je mehr Flüchtlinge da sind. Am Samstag Mittag kostet die Taxifahrt an die serbische Grenze 25 Euro pro Kopf. Halid berichtet von den aktuellen Preisen, einen Tag später.
    "Ein Taxi kostet für eine Person 70 Euro. Das ändert sich jeden Tag. Ein Bus -Ticket kostet 50 Euro – gestern waren es 50", lacht er.
    Die Preise in Gevgelija richten sich nach der Nachfrage: Je größer die Not, desto teurer wird es für die Flüchtlinge. Ein Kilo Bananen geht für zwei Euro das Kilo über den Tisch. Ein Spezial-Preis für Flüchtlinge.