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Grundsteuerreform
Neuer Kompromissvorschlag in Sicht

Die Gespräche zur Reform der Grundsteuer dauern an. In dieser Woche steht ein weiteres Bund-Länder-Treffen an – Kernfrage ist: Spielen der Wert der Immobilie und des Bodens eine Rolle oder zählt allein die Fläche. Nun scheint sich ein neues Modell anzudeuten.

Jörg Münchenberg im Gespräch mit Sina Fröhndrich | 28.01.2019
    Wohnhäuser in Düsseldorf
    Noch wird darum gerungen, wie die Grundsteuer für die 35 Millionen Grundstücke berechnet wird (imago / Hans Blossey)
    Jörg Münchenberg: Wie wird die Grundsteuer in Zukunft berechnet - in dieser Frage scheint sich ein neues Modell anzudeuten. Wie könnte das aussehen?
    Sina Fröhndrich: Das ist eine Variante, über die "Der Speigel" berichtet. Darin heißt es, dass die Nettokaltmiete und auch das Baujahr einer Immobilie doch keine Rolle spielen sollen bei der Berechnung. Das hatte ja viele auf die Barrikaden gebracht, vor allem die Mieter – viel zu aufwändig sei das - und noch dazu würde man damit diejenigen zusätzlich belasten, die eine hohe Miete zahlen.
    Das könnte vom Tisch sein - dafür soll nur ein einziger Wert zählen: Der Bodenrichtwert. Der gibt den Wert eines Grundstücks wieder - egal ob bebaut oder unbebaut. Er wird von regionalen Gutachterausschüssen ermittelt – aufgrund von Kaufverträgen etwa – da kommt dann beispielsweise für eine beliebte Wohngegend in Köln ein Wert von 1200, 1300 Euro je Quadratmeter heraus. Der Vorteil wäre: Diese Bodenrichtwert liegen schon vor. Dazu kämen dann laut Spiegel: die Fläche des Grundstücks und die Fläche des Gebäudes. Unterm Strich wäre das auf jeden Fall einfacher als das, was Finanzminister Olaf Scholz im Herbst vorgeschlagen hatte.
    Ökonomen sind für Bodenwert, Eigentümerverband ist dagegen
    Münchenberg: Einfacher, aber wäre dieses Modell auch gerecht?
    Fröhndrich: Das ist umstritten. Michael Voigtländer vom Institut für Wirtschaftsforschung hat sich schon mehrfach für eine Bodenwertsteuer ausgesprochen, weil das dafür sorgen könnte, dass mehr gebaut wird. Bauland würde nicht brach liegen bleiben. Das sieht Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin ähnlich - der Bodenrichtwert sei ein gerechtes Element. Er stört sich aber daran, dass die Gebäudefläche eine Rolle spielen würde. Weil das bedeuten könnte: Je größer die Immobilie, desto höher die Steuerlast. Und da befürchtet Michelsen: "Der Preis dafür ist, dass diejenigen bestraft werden, die die Grundstücke intensiver nutzen, das heißt bebauen, und das ist etwas, das in der derzeitigen Wohnungslage kontraproduktiv ist." Also: Ein Hausbesitzer könnte sich schon nochmal überlegen, ob er ein Haus nach oben hin aufstockt oder eben nicht.
    Münchenberg: Zuletzt hatte vor allem die Union damit gedroht, den Scholz Vorschlag abzulehnen – könnte dieses Modell mehrheitsfähig sein?
    Fröhndrich: Dazu wird es beim Bund-Länder-Treffen am Freitag vielleicht schon mehr geben. Im hessischen Finanzministerium ist man vorsichtig optimistisch in den kommenden Wochen ein Modell zu finden, das alle tragen können. Kritik allerdings kommt vom Eigentümerverband Haus und Grund – dessen Präsident Kai Warnecke zieht die Bodenwerte in Zweifel – weil er sagt, die mehr als 1000 Gutachterausschüsse arbeiteten unkontrolliert, oft lägen gar nicht genug Werte vor, mit denen man dann die Bodenrichtwerte ermitteln könne. Klar ist im Moment eigentlich vor allem eines: Das Ringen um eine Grundsteuerreform geht weiter. Und ohne Lösung drohen den Kommunen Steuerausfälle in Höhe von 14 Milliarden Euro.