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Hamburg und seine Islamisten-Szene
Überwachen und überzeugen gegen die Radikalisierung

Seit Jahren wächst die islamistische Szene in Hamburg. Die Zahlen von Salafisten und Jihadisten steigen. Sie treffen sich in Cafés und Restaurants, sammeln Spenden für ihre Sache, veranstalten Demonstrationen. Der Verfassungsschutz versucht, die Szene im Blick zu behalten.

Von Axel Schröder | 08.07.2020
Ein Hinweisschild zum Landesamt für Verfassungsschutz
Ein Hinweisschild zum Landesamt für Verfassungsschutz in Dresden (dpa/ Arno Burgi/)
Über dem Eingang in die El-Iman-Moschee wirbt ein verwittertes Reklameschild für "Schiki Miki-Hairstyling". Seit 2014 predigt hier, wo neben dem Friseurladen auch ein Orthopädiefachgeschäft seinen Sitz hatte, der Imam Mounib Doukali, ein studierter Informatiker. Die Aufgabe des Vorbeters übernahm er, nachdem die Jugendlichen der Gemeinde den Aufstand geprobt hatten.
"Da hat es sozusagen angefangen. Die haben sich Informationen aus dem Internet geholt, die haben verschiedene Videos von Predigern auf Youtube und so weiter angeschaut. Und kamen dann zum Schluss, im Jahr 2014 Pierre Vogel hier in die Moschee einzuladen."
Der Angeklagte Harun P. versteckt am 20.01.2015 in München (Bayern) beim Auftakt im Prozess im Oberlandesgericht sein Gesicht unter einer Kapuze. Der 27 Jahre alte Deutsche soll als Mitglied der Gruppe "Junud Al-Sham" am Terror in Syrien beteiligt gewesen zu sein. Er muss sich wegen gemeinschaftlichen Mordes verantworten. Foto: Sebastian Widmann/dpa | Verwendung weltweit
Terrorgefahr - Der schwierige Umgang mit Dschihad-Rückkehrern
Von desillusioniert bis gewaltbereit: Wer etwa vom IS im Irak oder Syrien zurückkehrt, den wollen die Sicherheitsbehörden vom falschen Weg abbringen. Dazu braucht es viel Fingerspitzengefühl mit jenen, die aussteigen wollen.
Der deutsche Konvertit Pierre Vogel erreicht mit seinen Predigten vor allem junge Menschen. Vogel gibt sich streng gläubig, als Kämpfer für einen äußerst traditionell ausgelegten Islam - sein Publikum verehrt ihn wie einen Popstar. Schon damals stuft ihn der Verfassungsschutz als einen der einflussreichsten Prediger der deutschen Salafistenszene ein.
Mounib Doukali sitzt in seinem schlichten Büro in der El-Iman-Moschee, erinnert sich an Vogels Auftritt in Hamburg-Harburg.
"Das war einem Sonntag. Ich kam rein und sah die Moschee so voll wie noch nie an einem Sonntagmittagsgebet. Voll mit Jugendlichen, die auch nicht so oft zur Moschee kommen. Man konnte das nicht mehr aufhalten. Man wusste nicht: was passiert hier gerade?"
Umtriebe alarmierten den Verfassungsschutz
Mounib Doukali nahm die Herausforderung an, die radikal-islamische Unterwanderung der Gemeinde zu stoppen. Wie schwer das werden würde und ob es überhaupt gelingen könnte, wusste er damals nicht.
Die Umtriebe der jungen Muslime in der El-Iman Moschee alarmierten auch das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz. Torsten Voß leitet das Amt seit 2014, seit dem Jahr, in dem die El-Iman-Moschee zum Beobachtungsobjekt wurde.
Die Mittel, mit denen das Landesamt die islamistische Szene der Stadt überwacht, sind vielfältig, erklärt Voß: "Nachrichtendienstliche Mittel heißt einmal die Observation des Einzelnen, der bei uns in den Fokus geraten ist. Oder eben auch das Überwachen von Telefon und E-Mail-Account. Und dann ist für mich das wichtigste Mittel im Bereich der nachrichtendienstlichen Informationserhebung die so genannte Quelle. Wir reden hier über Menschen, die entweder direkt schon in der extremistischen Organisation sind oder die wir da irgendwie reinbringen. Damit sie uns Informationen möglichst aus dem Kern des Ganzen weitergeben. Diese Informationen sind dann aber auch teilweise die entscheidende Grundlage, dass wir überhaupt weitere Maßnahmen wie die Telefonüberwachung durchführen können."
Im aktuellen Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz spielt neben der Gefahr durch Rechts- und Linksextremisten auch das Problem des Islamismus eine zentrale Rolle. Die Lage in Hamburg habe sich auch nach der Hochzeit des so genannten Islamischen Staats nicht entspannt, sagt Torsten Voß.
Der salafistische Prediger Pierre Vogel spricht am 19.07.2014 in Hamburg auf einer Kundgebung vor Anhängern auf dem Hachmannplatz. 
Pierre Vogel im Juli 2014 in Hamburg (dpa)
"Wenn man sich die letzten fünf Jahre anschaut, dann haben wir einen starken Anstieg im Bereich des Islamismus, auch des gewaltorientierten Islamismus, des Salafismus. Seit einem Jahr stagniert es auf einem hohen Niveau. Einen leichten Rückgang haben wir im Bereich der Salafisten. Aber einen deutlichen Zuwachs von über 50 bis 100 Prozent im Bereich der Hizb ut-Tahrir und im Bereich der Furkan-Gemeinschaft festzustellen. Es handelt sich hier um zwei gewaltorientierte, islamistische Organisationen, die sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt haben."
170 Anhänger habe die aus der Türkei stammende Furkan-Gemeinschaft in Hamburg. 250 zähle die Hizb ut-Tahrir, so Voß. Beiden Gruppen seien religiöse Regeln wichtiger als die deutschen Gesetze. Die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik werde abgelehnt. Nach Angaben der Hamburger Polizei leben in Hamburg derzeit 17 sogenannte Gefährder, also Menschen, denen die Behörden islamistische Straftaten zutrauen. Ab und zu bekommen diese Gefährder Besuch vom Hamburger Verfassungsschutz.
"Das heißt, man sucht sie auf und informiert sie. Das hat aber auch einen präventiven Charakter. Man klärt sie auch auf über die Folgen ihres Handelns. Und möglicherweise, im besten Fall, nehmen sie auch ihre extremistische Haltung dann nach und nach zurück, denken drüber nach, was sie tatsächlich da gemacht haben oder machen wollten."
Sehr persönlichen Gespräche
Nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln, nicht mit Ermahnungen, sondern mit sehr persönlichen Gesprächen, mit Hilfestellungen will André Taubert einen Ausweg aus extremistischen Lebenswelten weisen. Taubert leitet die Fach- und Beratungsstelle Legato in Hamburg-Altona.
DITIB-Zentralmoschee in Köln
Debatte um "Deutschen Islam" - Zwischen Koran und Grundgesetz
Mehr als vier Millionen Muslime leben in Deutschland. Die Bundesregierung will, dass diese Menschen eine deutsche Variante des Islams entwickeln. Religionsexperten unterstützen die Idee, junge Muslime zeigen Initiative – doch etablierte Islamverbände leisten Widerstand.
"Hier rufen im Moment so pro Woche zwischen ein und fünf Personen an, wo im sozialen Umfeld ein Freund, ein Kind, eine Tochter, ein Schüler konfrontativ muslimisch unterwegs ist, wo Interpretationen von Islam, was der richtige Islam ist, zu Konflikten führt. Und zwar zu argen Konflikten. Und man sich einfach Sorgen macht, dass das Miteinander auseinanderbricht. Und da versuchen wir gemeinsam zu gucken, wie wir das jetzt unterbrechen können. Wie können wir diesen Radikalisierungsweg unterbrechen, wenn er denn da ist."
Vor drei bis vier Jahren mussten André Taubert und seine Mitarbeiter immer schneller und öfter intervenieren. Nämlich immer dann, wenn Jugendliche drauf und dran waren, in die Kampfgebiete der Terrororganisation Islamischer Staat auszureisen, vor allem nach Syrien. Eltern und Freunde meldeten sich bei Legato und schlugen Alarm. Mit der militärischen Schwächung des IS sei zum Glück auch die Propaganda-Maschine der selbsternannten Gotteskrieger zum Stillstand gekommen. Ausreisen von Hamburgerinnen und Hamburgern in die Kriegsgebiete gebe es derzeit nicht mehr.
Aber auch ohne die IS-Propaganda seien vor allem Jugendliche immer noch offen für radikal-islamische Ideen. Und auch um die inhaftierten Rückkehrer aus der Kampfzone kümmert sich die Beratungsstelle Legato.
"Wir haben gar keine andere Chance - weil wir in einer Demokratie Gott sei Dank nun mal jedem Menschen die Chance auf Rehabilitation geben wollen -, als diesen Menschen frühzeitig das Zeichen zu geben: ‚Hey, hier hast Du ein offenes Ohr! Erzähle mir Deine Geschichte! Lass uns gemeinsam gucken, wie Du wieder einen Weg in diese Gesellschaft finden kannst.‘ Und meine Erfahrung ist auch, dass das ganz gut klappt."
Porträt von Imam Mounib Doukali, mit weißer Kappe und in Amtsrobe.
Mounib Doukali, Imam der El-Iman-Moschee in Hamburg Harburg (Mounib Doukali)
Auf Dialog setzt auch der Imam Mounib Doukali von der El-Iman-Moschee in Hamburg Harburg. Als der Auftritt von Pierre Vogel bekannt wurde, als der Verfassungsschutz vor den Umtrieben von radikal-islamischen Jugendlichen in der Gemeinde warnte, suchte er zusammen mit der Gemeinde nach Lösungen. Vor allem aber auch nach den Ursachen.
Ein Grund sei gewesen, dass die Imame der Moschee immer nur für ein, zwei Jahre vor Ort waren, dass sie aus Marokko oder Tunesien nach Hamburg-Harburg kamen und mit der Lebenswirklichkeit der Menschen kaum vertraut waren. Mounib Doukali lebte damals schon seit zehn Jahren in Deutschland.
Areligiöse Familien, aber soziale Probleme
Als er 2014 Imam der Harburger Moschee wurde, fragte er bei der Schura um Rat, bei der Hamburger Dachorganisation für drei Dutzend muslimische Gemeinden. Er informierte sich beim Landeskriminalamt und sprach auf einer feierlichen Abendveranstaltung im Hamburger Rathaus Verfassungsschutzchef Torsten Voß direkt an. Dessen Vorwurf, die Gemeinde der El-Iman-Moschee sei ein Hort für Islamisten, wollte er nicht stehen lassen:
"Plötzlich war Unruhe im ganzen Rathaus. Das war auch ein Zeichen, dass wir da sind und dass wir das nicht mit uns machen lassen, dass man uns alle einfach in einen Topf wirft und sagt: ‚Alle sind radikal!‘"
Torsten Voß vermittelte einen Ansprechpartner aus dem Landesamt. - Die Gespräche seien sehr konstruktiv gewesen, erzählt Doukali. Den Generalverdacht gegen die Moschee ließ das Amt fallen. Der Imam machte eine einjährige Fortbildung zur Extremismusprävention, arbeitete 16 bis 18 Stunden pro Tag, um die Konflikte in die Gemeinde zu lösen.
Als neuer Imam setzte er sich mit den Jugendlichen zusammen, denen die religiöse Ausrichtung der Gemeinde nicht radikal genug war. Viele von ihnen seien in völlig areligiösen Familien großgeworden, hätten aber soziale Probleme mit sich herumgeschleppt, sagt Doukali.
"Wir haben auch gezielt über solche Themen, also Extremismus und Radikalisierung gepredigt und Experten geholt hier in die Moschee, die darüber gesprochen haben. Und wir haben tatsächlich einige Jugendliche erreicht. Sie sind sozusagen zurückgekommen. Andere haben auf ihrer Meinung beharrt: ‚Nein, Ihr habt keine Ahnung! Wir wissen es besser! Wir haben unsere Prediger!‘ Und sie sind zum Schluss gekommen, die Gemeinde zu boykottieren und haben gesagt: ‚Der Imam ist ungläubig!‘ Und kamen dann halt nicht mehr."
Welche Faktoren eine Radikalisierung auslösen, könne nur in individuellen Gesprächen geklärt werden, sagt auch André Taubert von der Beratungsstelle "Legato".
"Oft ist das eine Krise, die von außen betrachtet gar nicht so sichtbar ist. Das können oft sehr persönliche Sachen sein. Manchmal sogar Dinge, von denen andere nichts wissen. Das können traumatische Erlebnisse sein in Familien, im sozialen System. Das können natürlich auch traumatische Erlebnisse sein durch Diskriminierung, die man erfahren hat, oder dadurch, dass man selber Krieg erlebt hat."
Streit über Beobachtung des Islamischen Zentrums
Und manchmal, so André Taubert, habe auch die Beobachtung durch den Verfassungsschutz einen Einfluss auf diejenigen, die in den jährlichen Berichten des Amts auftauchen.
"Natürlich ist so, dass in dem Moment, wo deutlich wird, dass eine Moschee-Gemeinde vom Verfassungsschutz beobachtet wird, das für die Moschee-Gemeinde zunächst bedeutet, dass sie unter Druck geraten. Und das kann bedeuten, dass Einzelne oder viele Besucher dieser Moschee-Gemeinde sich auch unter Umständen noch weiter radikalisieren."
Offenen Streit gibt es in Hamburg auch über die Beobachtung des IZH, des Islamischen Zentrums. Anfang der 1960er-Jahre wurde es als zentrale Vertretung der schiitischen Muslime in Europa gegründet. Jedes Jahr taucht das IZH im Verfassungsschutzbericht auf. Ein Grund dafür, wenn auch nicht der einzige, ist die Teilnahme an den jährlichen Quds-Demonstrationen in Berlin.
Ein Mann aus der Quds-Demo schreit Parolen.
Quds-Demonstration in Berlin (dpa / Annette Riedl)
Immer wieder würden dort offen antisemitische, israelfeindliche Parolen skandiert, so Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß: "In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass nicht nur Anhänger, sondern auch Funktionäre dorthin gefahren sind, teilweise das Ganze mitorganisiert haben, teilweise die Busse direkt über das IZH angemeldet worden sind. Dieses Jahr ist er ausgefallen aufgrund von COVID-19."
In der Bibliothek der prächtigen Blauen Moschee an der Außenalster widerspricht Mohammad Ale Hosseini dem Verfassungsschutzpräsidenten. Im IZH ist Ale Hosseini für die Abteilung "Dialogarbeit" zuständig. Er ist einer von drei Vorsitzenden der Hamburger Schura.
"Ich persönlich habe auch selber jahrelang an dieser Quds-Demonstration teilgenommen. Und ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen, dass die Leute und die Personen, die dort an dieser Demonstration teilnehmen, keineswegs antijüdisch sind. Worum es aber eigentlich geht, ist eine Unterdrückung, die seitens der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern, sowohl christlichen als auch muslimischen, ausgeübt wird."
Von Seiten des Landesrabbiners der jüdischen Gemeinde habe es in Bezug auf den Quds-Tag bislang keine Kritik am IZH gegeben, sagt Ale Hosseini. Seit 2019 nehmen an der Demonstration keine IZH-Funktionäre mehr teil. Und schon seit sechs Jahren kommen Juden, Christen und Muslime in der Blauen Moschee zum Friedensgebet für den Nahen Osten zusammen, betont Ale Hosseini.
Im Landesamt für Verfassungsschutz bleibt man skeptisch. "Um es mal ganz deutlich zu sagen: die Teilnahme am Quds-Tag ist sicherlich ein Indikator. Aber der Grund, warum das IZH vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist, dass es sich hier um eine durch den Iran gesteuerte Institution handelt. Der Iran will die Weltrevolution propagieren, das heißt, die Scharia weltweit einführen. Und das IZH wird durch einen Iran-Anhänger, der die Staatsdoktrin und die islamistischen Revolutionsziele verfolgt, besetzt. Das ist derzeit Herr Moffateh."
Tatsächlich wurde der Leiter des Islamischen Zentrum Mohammad Hadi Mofatteh wie seine zehn Vorgänger vom geistlichen und politischen Oberhaupt Irans, Ajatollah Ali Chamenei für den Posten ausgewählt. Dass nun aber über das IZH die Einführung der Scharia, also des islamischen Rechtssystems, in Deutschland und Europa betrieben werden soll, sei falsch und entspreche sicher nicht der Lebensrealität der in Deutschland lebenden Schiiten, erwidert Mohammad Ale Hosseini dem Hamburger Verfassungsschutzchef.
"Wir sind dem Grundgesetz gegenüber treu. Wir unterstützen demokratische Prozesse. Die Aufforderung, die aus dem Koran, aus dem Leben des Heiligen Propheten zu entnehmen ist, ist: Die Gesetze des Landes, in dem man sich aufhält, in dem man akzeptiert hat zu verbleiben, dessen Möglichkeiten man nutzt und in Anspruch nimmt, sind zu beschützen und zu bewahren. Da gibt es kein Vertun."
Über das Islamische Zentrum und die Berichte des Verfassungsschutzes wird auch in der Hamburgischen Bürgerschaft gestritten. CDU, AfD und FDP fordern die Kündigung, mindestens aber eine Aussetzung des 2012 mit der Schura geschlossenen Staatsvertrags.
Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU: "Der Verfassungsschutz beobachtet nicht umsonst das IZH, weil deren Staatsverständnis mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist. Und das geht dann auch so weit, dass man – und das haben wir auch beantragt – am Ende auch ein Vereinsverbot prüfen muss. Weil wir es nicht zulassen können, dass unsere freiheitlich demokratischen Grundordnung hier unterwandert werden soll."
Ole von Beust, der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg
Ole von Beust, früherer Erster Bürgermeister von Hamburg (picture alliance / Daniel Reinhardt / dpa)
Noch vor wenigen Jahren hielt sich die Hamburger CDU mit harter Kritik am IZH zurück. Immerhin war es der frühere CDU-Bürgermeister Ole von Beust, der die Idee der Staatsverträge zwischen der Stadt und den muslimischen Verbänden aufgebracht und umgesetzt hatte.
Obwohl das Islamische Zentrum schon damals im Verfassungsschutzbericht auftauchte, waren auch CDU-Vertreter zu Gast bei Feierstunden in der Blauen Moschee.
Die Sache mit den Staatsverträgen
Diese Zeiten sind vorbei. Heute kritisiert die CDU den Sozialdemokraten Ekkehard Wysocki für seine Teilnahme an einem Festbankett des IZH. Wysocki ist religionspolitischer Sprecher der SPD. Zwar nimmt auch er die Hinweise des Verfassungsschutzes ernst. Eine Kündigung der Staatsverträge lehnt er aber ab. Auf deren Grundlage seien viele Fortschritte gemacht worden.
"Was da bewirkt worden ist, sind ja verschiedene Punkte. Das sind Präventionsprojekte, die gemeinsam mit der Schura insgesamt laufen, auch mit dem IZH. Seit diesem Jahr gibt es den ‚Religionsunterricht für alle‘, wo die Mitgliedsverbände in der Schura sich auch einigen mussten auf ein Modell. Es ist ja nicht so, dass eine Glaubensgemeinschaft dort den islamischen Religionsunterricht bestimmt."
Und der guten Gesprächskultur sei es zu verdanken, dass auch der Streit über den türkischen Einfluss auf die norddeutsche DITIB-Gemeinde beigelegt werden konnte, sagt Ekkehard Wysocki von der SPD. Vor drei Jahren hatte der türkische Ministerpräsident seinen Einfluss auf die DITIB in Deutschland ausweiten wollen. Und war damit am Ende auch am Widerstand der norddeutschen DITIB-Vertreter gescheitert. Ohne die mittlerweile etablierten Gesprächskanäle hätte das nicht funktioniert, sagt Wysocki.
"Dort hat es gewirkt - in Anführungsstrichen. Die haben diese Satzungsänderung nicht vollzogen und seitdem ist DITIB sozusagen aus der politischen Diskussion raus."
Ein Imam betet in Hamburg in der Centrum Moschee.
Ein Imam betet in Hamburg in der Centrum Moschee. (picture alliance / Axel Heimken/dpa)
In zwei Jahren steht die vertraglich festgelegte Überprüfung der Staatsverträge an. Dann werden auch die Aussagen der Verfassungsschützer über das Islamische Zentrum eine Rolle spielen.
Schon heute ist aber klar: Die Kündigung des Staatsvertrags mit dem Islamischen Zentrum ist rechtlich gar nicht möglich. Denn den Vertrag hat die Stadt nicht mit dem IZH, sondern mit der Schura, mit dem Zusammenschluss ganz unterschiedlicher muslimischer Gemeinden geschlossen. Und ein Ausschluss des IZH aus der Schura, wie ihn die CDU vorschlägt, ist für deren Mitglieder keine Option.
Fatih Yildiz ist stellvertretender Vorsitzender der "Islamischen Gemeinde Hamburg – Centrum Moschee", er ist SPD-Mitglied und zusammen mit Mohammad Ale Hosseini vom IZH und Moez Ben Khemis vom Islamischen Bund Vorsitzender der Schura. Er möchte die Staatsverträge mit allen dort vertretenen Gemeinden fortführen.
"Das IZH ist ja Gründungsmitglied der Schura. Und ich als Co-Vorsitzender habe nicht das Gefühl, dass das, was jetzt im Verfassungsschutzbericht steht, so übernommen werden kann. Wir arbeiten seit 29 Jahren mit der Gemeinde erfolgreich zusammen. Und bei uns gab es zu keinem Zeitpunkt den Gedanken, das in Frage zu stellen."
Auch die Centrum-Moschee war einst Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes, erzählt Yildiz. In den Berichten gab es stets einen Hinweis auf den Einfluss der türkischen Milli-Görus-Bewegung. Aber das sei längst Geschichte. Yildiz hofft darauf, dass eines Tages auch die nachrichtendienstliche Beobachtung des IZH ein Ende hat. Die ersten Gespräche zwischen Verfassungsschutz und der Schura sind zumindest schon in Planung.