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40. Todestag des Schauspielers
Henry Fonda - der aufrechte Amerikaner par excellence

Robert Redford sagte einmal über seinen Schauspieler-Kollegen Henry Fonda, er verkörpere das Beste von dem, was Amerika zu sein glaube. Vor 40 Jahren starb Fonda - den Filme  wie „Früchte des Zorns“ oder „Die zwölf Geschworenen legendär machten.

Von Katja Nicodemus |
 Henry Fonda in der Schlüsselrolle des Geschworenen Nummer 8 in Sidney Lumets Film "Die zwölf Geschworenen" von 1957
Messerscharfe Urteilsfindung: Henry Fonda 1957 als Geschworener Nummer 8 in "Die zwölf Geschworenen" (picture alliance/United Archives)
Er ist der Einzige, der zweifelt, hadert. Während die anderen elf Geschworenen schon vorab ihr Urteil gefällt haben.

„Elf schuldig, einer nicht schuldig.“

„Halten Sie ihn wirklich für unschuldig?“
 In Sydney Lumets Film „Die zwölf Geschworenen“ aus dem Jahr 1957 spielt Henry Fonda den Geschworenen Nummer 8. Dieser Mann diskutiert, ringt, streitet mit denen, die nicht bei der Sache sind, oder Rassisten sind, oder den Fall schnell ad acta legen wollen. Henry Fondas Figur wird den jungen puerto-ricanischen Angeklagten vor dem elektrischen Stuhl retten.
„Aber es geht hier doch um ein Menschenleben, wenn elf Stimmen für schuldig sind, dann ist es nicht leicht, meine Hand zu erheben und den Jungen zu verurteilen, ohne vorher darüber zu reden.“

Ehrfurcht vor der Rolle des Abraham Lincoln

Kein anderer Schauspieler verkörperte den Typus des aufrechten Amerikaners so geradeheraus und charismatisch wie Henry Fonda. Das lag schon an seiner besonderen Physis: die hochgewachsenen 1,85 m. Die blauen Augen. Das durchgedrückte Kreuz. Aber da gab es auch den leicht staksigen Gang und die leichte Müdigkeit. Es scheint, als seien seine Figuren schon zu Beginn der Filme erschöpft von den gerechten Kämpfen, die vor ihnen liegen. So wie der zukünftige amerikanische Präsident in John Fords „Der junge Mr. Lincoln“. Als man ihm die Rolle 1939 angeboten habe, so Fonda, sei ihm schon klar gewesen, dass er da letztlich den Herrgott spielen würde: "That’s like playing God to me!”

Lebenslange Freundschaft mit James Stewart

Henry Fonda, geboren am 16. Mai 1905 in Grand Island, Nebraska, wollte eigentlich Journalist werden. Zufällig landete er als junger Mann in einer Amateurtheatergruppe, geleitet von Dorothy Brando, der Mutter von Marlon Brando – und fängt Feuer. Er zieht nach New York, spielt kleine Rollen am Broadway, teilt sich ein billiges Dachzimmer mit seinem Kollegen James Stewart. Beide wird eine lebenslange Freundschaft verbinden. 1940 bekommt Henry Fonda in John Fords Film „Früchte des Zorns“ die Rolle, die ihn zu einem der großen Charakterdarsteller seiner Generation macht - und ihm eine Oscarnominierung einbringen wird:

Henry Fonda spielt Tom, den Sohn der Familie Joad, die zu Beginn der Weltwirtschaftskrise ihre Farm aufgeben muss. Als Wanderarbeiter suchen die Joads ihr Glück in Kalifornien. „Früchte des Zorns“, nach dem Roman von John Steinbeck, handelt von den Auswüchsen des amerikanischen Kapitalismus. In einem Monolog spricht Henry Fondas Figur von den Farmern, die seiner Ansicht nach „wie Schweine“ leben und verhungern, während Großgrundbesitzer deren Land übernehmen.

Aura der Contenance und Unbestechlichkeit

Immer verkörpert Henry Fonda Menschen aus dem ländlichen Amerika, Lehrer, Farmer, Wanderarbeiter. Aber mit seiner Aura der Contenance und Unbestechlichkeit spielt er auch Rechtsanwälte, Senatoren, Gouverneure – und insgesamt fünf Präsidentenfiguren. In Sydney Lumets hochdramatischem Politthriller „Angriffsziel Moskau“ versucht er als US-Präsident während des Kalten Krieges verzweifelt, einen Atomkrieg zu verhindern:
„Unser Land ist in Gefahr, es gibt zwei Möglichkeiten für uns, wir können hier sitzen und warten, dass ein Wunder geschieht. Das ist der eine Weg. Oder wir können selber etwas tun.“

Fonda als Killer - Schock in den US-Kinos

Auch in fast zwanzig Western spielte Fonda das amerikanische Gewissen – etwa als heroischer Marshall Wyatt Earp in John Fords „Faustrecht der Prärie“. Und es war ein Western, in dem seine Leinwandpersona auch einmal gebrochen wurde.
In Sergio Leones Italowestern „Spiel mir das Lied vom Tod“ aus dem Jahr 1968 wird zu Beginn eine Farmerfamilie samt Kindern erschossen. In einer Talkshow schildert Fonda, wie Leone die Kamera um ihn herumfahren lässt, bis das Publikum schockartig wahrnimmt, dass es Henry Fonda, der große amerikanische Gerechte mit den blauen Augen ist, der den brutalen Killer spielt.
Henry Fonda war der Vater von Jane Fonda und Peter Fonda, die beide in seine Fußstapfen traten. Am 12. August 1982 starb der Schauspieler, mit dem sich Amerika auf der Leinwand immer wieder in sein Idealbild hineinträumen durfte, in Los Angeles.