Kommentar
Der beste Hochwasserschutz ist die Natur selbst

An den Überschwemmungen in Norddeutschland zeigt sich nicht nur der Klimawandel, sondern auch unser Umgang mit der Landschaft. Naturflächen, die Wasser aufnehmen könnten, wurden zerstört. Unsere Autorin fordert ein Umdenken beim Hochwasserschutz.

Ein Kommentar von Ann-Kathrin Büüsker |
Schaukel unter Wasser mit Bäumen im Hochwassergebiet an der Aller in Verden (31.12.2023)
Um sich vor Überschwemmungen zu schützen, braucht es nicht nur Deiche, sondern auch Landschaften, die Wasser besser aufnehmen können. (IMAGO / Future Image / Ulrich Stamm)
Ergiebiger Dauerregen im Winter – auch das ist eine Facette der Klimakrise. Unsere Sommer werden tendenziell trockener, die Winter nasser. Wir brauchen einen anderen Umgang damit, müssen unser Leben und unsere Siedlungen entsprechend anpassen. Das Hochwasser in Teilen des Nordens und der Mitte Deutschlands führt uns das erneut vor Augen. Nach tagelangem Regen ist das Wasser plötzlich überall. Füllt Senken, die vergessen waren, überflutet Uferbereiche. Dumm, wenn genau dort, in absoluter Vergessenheit der Gewalten der Natur, Häuser gebaut wurden.

Auen und Moore trockengelegt

Aber früher hat es doch auch kräftig geregnet, wird manch einer nun einwenden. Aber zum einen seltener so extrem und zum anderen konnte das Wasser da noch irgendwo hin. In breiten Auenlandschaften entlang der Flüsse konnte das Wasser sich ausbreiten, ohne großflächig Schaden anzurichten, konnte hier Stück für Stück versickern, um neues Grundwasser zu bilden. Moorböden und Wälder wirkten wie Schwämme, die tagelange Regenfälle aufgesaugt haben.
Heute sind die Flüsse begradigt, die Auenlandschaften trockengelegt und teilweise überbaut. Aufgefressen vom Hunger nach Bauland. Immobilien, die nun und in Zukunft wieder und wieder überschwemmt werden. Heute sind Moore entwässert, das Land ist vielerorts durchzogen von kleinen Gräben, die das Wasser möglichst schnell aus der Landschaft heraus transportieren.

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Bei starkem Regen wird das Wasser vom potenziellen Schwamm weggeführt, so schnell wie möglich, vom kleinen Graben in die kleineren Flüsse, in die größeren Flüsse – sodass diese mit zerstörerischer Wucht über die Ufer treten. Unten am Fluss gibt es nasse Füße. Und Schäden in Millionenhöhe.

Naturräume wieder herstellen

Das allerdings kann sich ändern – und muss sich ändern. Das Winterhochwasser offenbart dringende Notwendigkeiten. Und ja, auch der Katastrophenschutz muss besser ausgestattet werden – aber auch das THW kann Wasser nicht wegzaubern, wenn es erst einmal da ist. Der beste Hochwasserschutz ist die Natur selbst – durch Naturräume wie Auen, Mischwälder und Moore. Naturräume, die Wasser aufnehmen, wenn viel davon da ist – und es speichern für Zeiten, in denen weniger davon da ist. Mit beidem muss die Gesellschaft umzugehen lernen. Das bedeutet aber auch, dass an manchen Ecken keine Gebäude mehr stehen dürfen.
Es sind schmerzliche Konsequenzen, die etwa nach der Flut im Ahrtal nicht in ausreichendem Maße gezogen wurden. Teilweise wurden hier Häuser an Stellen wiederaufgebaut, die ziemlich sicher wieder überflutet werden. Emotional ist das nachvollziehbar, nachhaltig und klug ist es allerdings nicht. Ebenso wäre es naiv zu glauben, die Fluten der Zukunft allein mit Technologie bewältigen zu können. Technischer Hochwasserschutz ist eine Errungenschaft - Deiche, Staustufen, Rückhaltebecken - all das kommt durch die Klimakrise aber an Grenzen. Die Natur selbst liefert die passenden Lösungen.