Newsblog zur Eskalation in Nahost
Europäische Außenminister ziehen positive Bilanz nach Gesprächen mit iranischem Amtskollegen

+++ Bundesaußenminister Wadephul hat nach Gesprächen in Genf von einem ernsthaften Austausch mit seinem iranischen Amtskollegen gesprochen. +++ Die Bundesregierung hat mehr als 60 Deutsche aus Israel ausgeflogen. +++ Der UNO-Sicherheitsrat befasst sich mit dem Krieg zwischen Israel und Iran. +++ Weitere Entwicklungen im Newsblog.

    Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (M, CDU) begrüßt den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi (l) mit einem Handschlag. Rechts von Wadephul steht der britische Außenminister David Lammy.
    Bundesaußenminister Wadephul und seinen iranischen Amtskollegen Araghtschi (Thomas Trutschel / Photothek Media / Thomas Trutschel)

    Freitag, 20. Juni

    +++ US-Präsident Trump hat sich ablehnend über die europäischen Vermittlungsversuche im Krieg zwischen Israel und dem Iran gezeigt.

    "Der Iran will nicht mit Europa reden; sie wollen mit uns reden", sagte Trump in Morristown im Bundesstaat New Jersey. Europa werde nicht in der Lage sein, zu helfen. Die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien hatten den Iran aufgefordert, mit den USA über sein Atomprogramm zu verhandeln.

    +++ Der iranische Außenminister Araghtschi hat nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien in Genf erklärt, sein Land sei bereit, weiter auf Diplomatie zu setzen.

    Ein erneutes Treffen in naher Zukunft sei möglich. Die Diskussionen seien ernsthaft und von Respekt geprägt gewesen, betonte Araghtschi.

    +++ In Genf sind die Gespräche von Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit dem Iran über sein Atomprogramm zu Ende gegangen. +++

    Bundesaußenminister Wadephul sprach von einem ernsthaften Austausch mit dem iranischen Amtskollegen Araghtschi. Die iranische Seite scheine grundsätzlich bereit zu sein, über alle Fragen zu sprechen, so Wadephul. Wichtig sei nun, dass die USA an weiteren Verhandlungen beteiligt seien. Der französische Außenminister Barrot zeigte sich optimistisch, dass die Genfer Initiative den Weg für weitergehende Verhandlungen mit dem Iran ebnen werde.

    +++ Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot Teheran zu Verhandlungen mit den USA aufgerufen. +++

    Nach einem gemeinsamen Treffen mit den Chefdiplomaten aus Deutschland und Großbritannien sowie dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi in Genf sagte Barrot: "Wir haben den iranischen Minister aufgefordert, Verhandlungen mit allen Parteien, einschließlich der USA, in Betracht zu ziehen und nicht auf die Einstellung der Luftangriffe zu warten, die wir ansonsten auch fordern."

    +++ Die Bundesregierung hat heute 64 Deutsche aus Israel ausgeflogen. +++

    Nach Regierungsangaben wurden dafür zwei Maschinen der Luftwaffe eingesetzt. An Bord befanden sich demnach vor allem "Familien mit Kindern und andere vulnerable Personen". In den vergangenen Tagen hatte das Auswärtige Amt mit zwei Sonderflügen bereits insgesamt 345 Menschen eine Rückkehr nach Deutschland über Jordanien ermöglicht. Am Samstag soll es demnach einen weiteren solchen Flug aus der dortigen Hauptstadt Amman geben.

    +++ In New York befasst sich der UNO-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung mit dem Krieg zwischen Israel und dem Iran. +++

    Generalsekretär Guterres appellierte an beide Seiten, eine diplomatische Lösung zu finden. Eine weitere Eskalation könne ein Feuer entfachen, das niemand mehr kontrollieren könne. Guterres rief die iranische Führung auf, den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde vollen Zugang zu ihren Atomanlagen zu gewähren. IAEA-Chef Grossi betonte vor dem höchsten UNO-Gremium, im Falle eines neuen Atomabkommens mit dem Iran könne seine Behörde hieb- und stichfeste Kontrollen des Atomprogramms garantieren. Einzelheiten nannte er nicht. Zugleich warnte Grossi Israel vor Angriffen auf die Nuklearanlagen. Dies könne radioaktive Strahlung freisetzen und nicht nur die Bevölkerung im Iran gefährden. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Shea, sagte, es sei noch nicht zu spät für Teheran, das Richtige zu tun.

    +++ Europäische Außenminister haben sich um eine diplomatische Lösung des Kriegs zwischen Israel und Iran bemüht. +++

    Die Chefdiplomaten von Deutschland, Frankreich und Großbritannien berieten in Genf knapp vier Stunden lang mit ihrem iranischen Kollegen Abbas Araghtschi über ein Einlenken Teherans im Atomkonflikt. Die gemeinsamen Beratungen mit Araghtschi im Genfer Hotel InterContinental hatten gegen 15.30 Uhr begonnen, sie endeten gegen 19.00 Uhr. 

    +++ Der Iran hat eine weitere Angriffswelle gegen Israel gestartet. +++

    Wie israelische Medien berichten, gab es erste Raketeneinschläge in Tel Aviv und Haifa. In Haifa wurden drei Menschen schwer und rund 20 weitere leicht verletzt. Anschließend startete das israelische Militär seinerseits neue Angriffe auf den Iran. Man habe auf militärische Infrastruktur im Südwesten des Iran gezielt. Von örtlichen Medien hieß es, in Buschehr sei die Luftabwehr aktiviert worden. In der Hafenstadt befinden sich unter anderem eine Luftwaffenbasis und das einzige Atomkraftwerk des Iran.

    +++Angesichts des militärischen Konflikts mit Israel haben Politiker von SPD, Grünen und Linken einen Stopp von Abschiebungen in den Iran gefordert. +++

    "Menschen jetzt in den Krieg in Iran abzuschieben, wäre falsch", sagt Hakan Demir, Vorstandsmitglied der SPD-Bundestagsfraktion, dem "Spiegel" laut Vorabmeldung vom Freitag. Deshalb würde er einen Abschiebestopp begrüßen. Auch Abgeordnete der Grünen und der Linken forderten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf, keine Menschen in den Iran abzuschieben.

    +++ Großbritannien und die Schweiz, die seit Jahrzehnten auch die diplomatischen Interessen der USA im Iran vertritt, haben ihre Botschaften in Teheran geschlossen. +++

    Die Briten teilten mit, das Botschaftspersonal wegen der Sicherheitslage vorübergehend aus dem Iran abzuziehen. Gearbeitet werde nun aus der Ferne. Das Schweizer Außenministerium teilte mit, die Entscheidung sei "angesichts der Intensität der militärischen Operationen im Iran und der äußerst instabilen Lage" getroffen worden. Das ausländische Personal habe den Iran bereits verlassen. Es werde zurückkehren, sobald die Lage dies erlaube.

    +++ Die israelische Armee hat im Iran weitere Angriffe geflogen und dabei nach eigenen Angaben iranische Raketensysteme zerstört. +++

    Die Anlagen in den Gebieten von Teheran und Isfahan seien auf Flugzeuge der israelischen Luftwaffe gerichtet gewesen, teilte das Militär mit. In der Hauptstadt Teheran habe man außerdem ein Forschungszentrum bombardiert, das für die militärische Entwicklung des iranischen Atomprogramms zuständig sei. An der Angriffswelle seien mehr als 60 israelische Kampfjets beteiligt gewesen.
    Der Iran hat nach Angaben der israelischen Armee seinerseits Ziele in Israel angegriffen. Dabei sei erneut die Stadt Beerscheba im Süden des Landes getroffen worden. Mindestens ein Geschoss sei in der Nähe von Wohnhäusern, Bürogebäuden und Industrieanlagen eingeschlagen. Rettungskräften zufolge wurden mindestens sechs Menschen leicht verletzt. Es werde nach weiteren Verletzten gesucht.

    +++ Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollen dem Iran nach den Worten des französischen Präsidenten Macron ein umfassendes Verhandlungsangebot machen.+++

    Dieses werde das Atomprogramm, die ballistischen Aktivitäten sowie die Finanzierung von Terrorgruppen durch den Iran umfassen, sagte Macron am Rande der Luftfahrtmesse in Le Bourget. Der Rückkehr zu substanziellen Verhandlungen müsse Priorität eingeräumt werden. Der französische Präsident forderte Israel zugleich auf, Angriffe auf zivile Infrastruktur im Iran einzustellen.

    +++ Der iranische Außenminister Araghtschi hat die Erwartungen vor den Gesprächen mit seinen europäischen Amtskollegen in Genf gedämpft. +++

    "Es gibt keinen Raum für Verhandlungen mit uns, bis die israelische Aggression aufhört", sagt Araghtschi dem Staatsfernsehen zufolge. Gespräche mit den USA schließt der Minister grundsätzlich aus und begründet dies damit, dass das Land mit Israel verbündet ist. In einer Rede vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf bezeichnete er die israelischen Angriffe auf Atomanlagen in seinem Land als Kriegsverbrechen. Jeder, der diesen Krieg rechtfertige, mache sich zum Komplizen.

    +++ Der israelische Verteidigungsminister Katz hat die pro-iranische Hisbollah vor einem Eingreifen in den Krieg zwischen dem Iran und Israel gewarnt. +++

    Er rate der Miliz, "vorsichtig zu sein und zu verstehen, dass Israel die Geduld mit den Terroristen, die es bedrohen, verloren hat", erklärte Katz. "Sollte es Terrorismus geben, wird es keine Hisbollah mehr geben." Zuvor hatten bereits die USA die Hisbollah vor einer Einmischung in den Krieg zwischen Iran und Israel gewarnt.

    +++ Im Irak haben mehrere tausend Menschen gegen die israelischen Angriffe auf den Iran protestiert. +++

    Die Demonstranten folgten einem Aufruf des einflussreichen irakischen schiitischen Religionsführers Muqtada as-Sadr. Menschen versammelten sich in der Hauptstadt Bagdad und anderen Städten des Landes. Einige Demonstranten und Imame forderten die Regierung auf, den Iran mit Geld und Waffen zu unterstützen.

    +++ Israels früherer Botschafter in Deutschland, Stein, hofft auf eine Beteiligung der USA am Krieg gegen den Iran. +++

    Israels ehemaliger Botschafter in Deutschland, Stein, sagte im Deutschlandfunk (Audio-Link), man benötige die Unterstützung der USA, um die Operation gegen den Iran zu einem Ende zu führen. Der Iran sei ein Schwellenland in Richtung Atommacht und wolle Israel vernichten. Mit dieser Bedrohung könne das Land nicht länger leben, sagte Stein.

    +++ Der Vorsitzende der Linkspartei, van Aken, hat sich für eine diplomatische Lösung im Umgang mit dem Iran ausgesprochen. +++

    Jahrelange Gespräche hätten gezeigt, dass kluge Diplomatie erfolgreich sein könne, sagte van Aken im Deutschlandfunk (Audio-Link). Man habe damit das iranische Atomprogramm einhegen können, bis US-Präsident Trump das Abkommen darüber aufgekündigt habe. Auf militärischem Wege könne man das Problem hingegen nicht lösen. Sollten die USA direkt in den Konflikt eingreifen, könne man jede diplomatische Lösung vergessen, so der Linken-Politiker.

    +++ Nach Einschätzung von Kanzleramtschef Frei ist ein Eingreifen der USA in den Konflikt zwischen Israel und dem Iran weiter offen. +++

    Zwar sehe man verschiedene Anzeichen dafür, die sich zu verdichten schienen, sagt Frei in der ARD. Nichtsdestotrotz sei es aber Spekulation, wie sich die USA verhalten werden.
    Bericht: Trump will binnen zwei Wochen über Kriegseintritt entscheiden (Audio)

    +++ Israel und der Iran haben ihre gegenseitigen Angriffe in der Nacht fortgesetzt. +++

    Die israelische Armee erklärte, die Luftabwehr sei erneut im Einsatz, um Raketen und Drohnen abzufangen. Die Bevölkerung wurde zeitweise angewiesen, in den Schutzräumen zu bleiben. Israels Luftwaffe griff erneut Ziele in der iranischen Hauptstadt Teheran an. Die iranische Nachrichtenagentur Fars berichtete außerdem über mehrere Explosionen in der Provinz Gilan am Kaspischen Meer. In sozialen Medien veröffentlichte Videos zeigten Explosionen in der Umgebung der Stadt. Worauf Israel dort abzielte, blieb zunächst unklar.
    Bericht: Die aktuelle Lage im Iran (Audio) / Die aktuelle Lage in Israel (Audio)

    +++ Bundesaußenminister Wadephul hat Israel die weitere Unterstützung Deutschlands zugesichert. +++

    Der CDU-Politiker sagte dem Magazin "Der Spiegel", Israel könne sich auf Deutschland verlassen. Zur Rechtmäßigkeit von Israels Angriff auf den Iran sagte Wadephul, er könne keine abschließende völkerrechtliche Einschätzung abgeben. Dazu würden Informationen benötigt, die er nicht habe.
    Der Bundesaußenminister und seine Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien treffen heute in Genf mit dem iranischen Außenminister Araghtschi zusammen (Audio-Link). Wadephul forderte den Iran zu mehr Ernsthaftigkeit in den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm auf. Dann könnte es eine Chance geben, eine weitere Eskalation des Krieges zu verhindern, sagte er im MDR-Podcast "Das Interview". Nach Angaben Wadephuls sind die heutigen Verhandlungen mit dem Iran eng mit den USA abgestimmt.

    +++ Bei den israelischen Angriffen auf den Iran sind nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation mindestens 657 Menschen getötet worden. +++

    Mehr als 2.030 weitere seien verletzt worden, teilte die in Washington ansässige Organisation Human Rights Activists am Freitag mit. Die Gruppe erklärte, sie habe 263 der Toten als Zivilisten und 164 als Sicherheitskräfte identifiziert.
    Archiv: Newsblog von Donnerstag, 19. Juni 2025
    Diese Nachricht wurde am 20.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.