„Ein Quäntchen reines Soda, gelöst in etwa einem halben Liter Wasser und das Ganze mit Kohlensäure versetzt - für mich gibt es kein wirkungsvolleres Heilmittel, das ohne Gefahr von Nebenwirkungen eingenommen werden kann. Es hilft, einmal oder zweimal täglich getrunken, gegen Blasensteine und wird von Jacob Schweppe in der King’s Street Nummer 8 in London unter dem Namen ‚künstliches Selterswasser’ verkauft.“
Darauf hatte Jacob Schweppe lange gewartet: dass die Ärzte auf ihn aufmerksam werden würden. Und nun, 1794, legte sich kein Geringerer als Erasmus Darwin, einer der berühmtesten Ärzte Englands, für ihn ins Zeug. Darwin kannte Gott und die Welt, andere würden seinem Rat folgen, und Schweppe konnte sich sagen: Er hatte alles richtig gemacht, als er sich, anfangs aus reiner Neugierde auf die Herstellung von künstlichem Mineralwasser verlegte.
Chemiker Joseph Priestley - der Sprudel-Pionier
Schweppe, 1740 im hessischen Witzenhausen geboren, war ein gelernter Silberschmied. Er zog 1766 nach Genf, wo er Teilhaber eines Juweliergeschäfts wurde. Aber das allein habe ihn noch nicht befriedigt, schrieb Douglas A. Simmons in seinem Buch über die Geschichte der von Jacob Schweppe gegründeten Getränkefirma. „Nebenher war Schweppe ein begeisterter Hobby-Forscher. Er liebte es, in der Fachliteratur zu stöbern und Experimente zu reproduzieren, über die dort berichtet wurde.“ Um 1772 stieß Schweppe auf einen Aufsatz des englischen Chemikers Joseph Priestley, der ihn besonders interessierte. Priestley war es mit Hilfe von Schwefelsäure und einer kalkhaltigen Lösung erstmals gelungen, Wasser zum Sprudeln zu bringen. Er hatte das Wasser, wie wir heute wissen, mit Kohlensäure bzw. Kohlendioxid versetzt – er selber sprach noch von „fixierter Luft“.
Auf der Suche nach künstlichem Heilwasser
Das Wasser sprudelte ähnlich wie die natürlichen Mineralwässer, die man von alters her für medizinische Zwecke benutzte, und Priestley war zu der Überzeugung gelangt, dass ein künstliches Mineralwasser, das man mit seiner Methode zum Sprudeln brächte, den natürlichen Mineralwässern im Hinblick auf ihre Heilwirkung ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen sein könnte. Schweppe folgte Priestleys Versuchsanleitung, war mit dem Ergebnis aber nicht zufrieden. Darum baute er sich einen eigenen Apparat, mit dem er einen höheren Druck ausüben und dadurch noch mehr Kohlendioxid in sein Wasser pumpen konnte. Je stärker das Wasser sprudelte, desto größer müsse die heilsame Wirkung sein – so die Vermutung. Zitat „Schließlich hatte sich die Qualität deutlich verbessert. Und Schweppe tat es leid, sein Wasser einfach wegzuschütten. Er schlug darum den Ärzten vor, es kostenlos an ärmere Patienten abzugeben, die davon vielleicht würden profitieren können.“
Siegeszug durch die Apotheken
1783 bekam Schweppe ein Patent auf seine Erfindung. 1790 gründete er - zusammen mit dem Mechaniker Nicolas Paul und dem Pharmazeuten Henri-Albert Gosse - eine eigene Firma. Die hauseigenen Produkte wurden wegen ihrer Reinheit und gleichbleibenden Qualität angepriesen und in Apotheken verkauft - als Mittel gegen Magen- und Darmbeschwerden, Nieren-, Blasen- und Gallenleiden und auch Bronchialkatarrhe.
Ein Tafelwasser wie Champagner
1792 ging Schweppe nach England, um dort eine Firmenniederlassung aufzubauen. Weil das Geschäft nur schleppend anlief, trennten sich die Partner bald wieder. Schweppe blieb in London, wo es ihm - vor allem dank der Unterstützung durch prominente Ärzte wie Erasmus Darwin - schließlich gelang, auf dem Markt Fuß zu fassen. Neben seinen Heilwässern hatte Schweppe auch ein Tafelwasser im Angebot, das manche, weil es so schön perlte, an Champagner erinnerte. 1798 verkaufte er drei Viertel seiner Firmenanteile. Schweppe zog zurück nach Genf, wo er am 18. November 1821 starb. Seine Firma wechselte in der Folgezeit mehrfach ihre Besitzer – und expandierte. Seit 1831 war „J. Schweppe & Co.“ - den Namen hatte man beibehalten - Hoflieferant der britischen Krone. Vier Jahre später verkaufte die Firma ihre erste Zitronenlimonade. 1851 landeten die damaligen Eigentümer ihren bislang größten Coup. Sie erwarben das exklusive Recht, die Besucher der Weltausstellung in London mit Erfrischungsgetränken zu versorgen – woraufhin die Umsätze explodierten. In der Eingangshalle des Kristallpalastes im Hyde Park hatte man einen riesigen Mineralwasserbrunnen aufgebaut. Er ziert noch heute das Logo des inzwischen weltweit agierenden Unternehmens.