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Jemen
Der vergessene Krieg

Seit bald vier Jahren herrscht im Jemen Krieg, ein Ende ist nicht in Sicht. Die Vereinten Nationen sprechen von der größten humanitären Katastrophe weltweit und versuchen zu vermitteln. Doch die Anstrengungen bleiben erfolglos. Die westliche Öffentlichkeit nimmt aus verschiedenen Gründen kaum Notiz.

Von Jürgen Stryjak | 15.03.2019
Das Foto aus einem Video zeigt die Situation nach einem Drohnen-Angriff der Huthi-Rebellen auf eine Militärparade an einem Luftwaffenstützpunkt der Armee in der Nähe der jemenitischen Stadt Aden.
Eine lautlose Tragödie: Das Leid in Jemen ist kaum ein Thema in Europa (AFPTV / Nabil Hasan)
In einem Krankenhaus in Hajja im Westen des Jemen liegt Fatma Qoba. Ihre Arme sind an manchen Stellen dünner als ein Stuhlbein. Ihr Gesicht mit den großen müden Augen ist so mager, dass Fatma wie eine Greisin wirkt. Aber sie ist keine Greisin, sondern erst zwölf Jahre alt. Als sie eingeliefert wurde, wog sie nur noch zehn Kilogramm. In dem Video der Nachrichtenagentur Reuters wirkt Fatmas orange-farbenes Kleid mit seinem bunten Muster auf der grünen Bettwäsche fast fröhlich. Normalerweise würde sie jetzt vielleicht draußen mit ihren Freundinnen spielen oder zur Schule gehen. Stattdessen versucht die Ärztin Makia al-Aslami, das Mädchen vor dem Hungertod zu bewahren.
"Ihr Körper hat alle Fettreserven verbraucht und nur noch Haut und Knochen übrig gelassen. Einen Monat lang werden wir Fatma behandeln müssen, bevor sie dann langsam gesund werden kann."
"Wir verhungern hier, und es interessiert keinen"
Den Vereinten Nationen zufolge befinden sich rund zehn Millionen Jemeniten inmitten einer Hungersnot oder stehen kurz davor. Vier von fünf Menschen brauchen Nothilfe. Rund zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren seien akut unterernährt, sagt die Welthungerhilfe.
Die Schwester von Fatma ist verzweifelt und erleichtert zugleich. "Niemand hat Erbarmen mit uns. Niemand hilft uns. Wir verhungern hier, und es interessiert keinen. Wir haben keine Zukunft. Als ein Verwandter kam und sah, wie Fatma leidet und wie verzweifelt wir sind, da hat er sie in die Klinik gebracht und die Kosten übernommen."
2.000 Kilometer nordwestlich, in der ägyptischen Hauptstadt Kairo schildert Hafez Albukari seine Eindrücke. Er kommt gerade aus seiner jemenitischen Heimat. Fast überall im Land habe er vor den Krankenhäusern Menschen gesehen, die Hilfe suchen.
"Ich war sicher, dass nicht alle in der Lage sind, die Behandlung ihrer kranken Angehörigen auch zu bezahlen. Das tut weh. Du siehst sie und weißt, dass sie nicht das Geld zusammenbekommen haben, das sie für die Medikamente benötigen."

Wer die Zahlen hört, mit denen die Hilfsorganisationen Alarm schlagen, erfährt nur die halbe Tragödie. Sie ist jenseits aller Vorstellungskraft. Diese Tragödie ist vor allem lautlos. Niemand wird von Flüchtlingsströmen aus dem Jemen aufgeschreckt, das Land ist abgeschottet, sei es aus geografischen oder politischen Gründen. So ist das Leid in dem bettelarmen Land kaum ein Thema in Europa.
Selten wird deutlich, was die abstrakte Formulierung "größte humanitäre Katastrophe weltweit" für den Alltag im Jemen wirklich bedeutet. Immer wieder müssen die Menschen über Leben und Tod entscheiden. Sie müssen zum Beispiel die Frage beantworten, ob sie von dem bisschen Geld, das sie haben, den Transport des todkranken Kindes in die nächste Klinik bezahlen oder ob sie davon Brot kaufen. Brot, mit dem der Rest der Familie vielleicht überleben kann.
Ein akut unterernährtes Kind liegt auf einem Bett. Seine Hand wird von einer erwachsenen Hand gehalten.
Im Jemen sind hunderttausende Kinder akut unterernährt (imago / Xinhua / Mohammed Mohammed)
Tod durch Verdursten – oder durch Krankheit
Auf dem Höhepunkt der Cholera-Epidemie vor anderthalb Jahren arbeitete die Australierin Claire Manera für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im Nordwesten des Jemen. Am Telefon schilderte sie einen anderen Gewissenskonflikt:
"In einem abgelegenen Tal sprach ich mit Frauen, die an einer Quelle Wasser für ihre Kinder holten. Ich sagte zu ihnen: Ihr wisst hoffentlich, dass das Wasser mit Cholera-Bakterien verseucht ist. Ja, antworteten sie, aber wir haben doch nur dieses Wasser."
Tod durch Verdursten oder Tod durch Krankheit. Hafez Albukari kennt diese furchtbaren Alternativen. "Die meisten Jemeniten müssen solche Entscheidungen jeden Tag treffen. Erst haben sie gedacht, der Krieg würde ein, zwei Monate dauern, dann ein Jahr, okay, vielleicht ein weiteres. Inzwischen herrscht vier Jahre Krieg, und die Ersparnisse sind weg."
Es gebe kaum Arbeit. Die Wirtschaft des Landes sei zusammengebrochen. "Den Menschen fehlt das Geld zum Überleben. Das sieht man, wenn man in ihre ratlosen Gesichter schaut. Und sie wissen nicht, wer für all das Elend verantwortlich ist."
Die Frage nach der Verantwortung wird – je nach Blickwinkel – unterschiedlich beantwortet.
Für König Salman von Saudi-Arabien steht fest, wer schuld ist: die Milizen der Huthi-Volksgruppe aus dem Nordwesten des Landes. Die Huthi-Milizen seien Terroristen, die vom Iran unterstützt würden, sagte der Monarch jüngst auf einer Konferenz. Sie trügen die Verantwortung für die Lage im Jemen, ebenso wie der Iran.
10.000 Menschen seit Beginn der Militäroffensive gestorben
Diese Unterteilung in Gut und Böse ist eine gefährliche Vereinfachung, aber sie stützt die Lesart des Königreiches. Saudi-Arabien führt einen brutalen Krieg im Jemen – angeblich auf der Seite der Guten.
Am Abend des 25. März 2015 tritt in Washington Adel al-Jubeir vor die Presse, damals saudischer Botschafter in den USA: "Die Operationen begannen ungefähr um 19 Uhr Washingtoner Zeit. Die Entscheidung wurde nicht leichtfertig getroffen. Wir werden das tun, was nötig ist, um die legitime Regierung des Jemen zu schützen."
Im Jemen ist es zu dem Zeitpunkt bereits der 26. März. Gegen zwei Uhr Ortszeit hatten die Kampfjets einer von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition damit begonnen, Ziele in jenem Landesteil zu bombardieren, der von den Huthi-Milizen kontrolliert wird. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, Bahrain und Katar unterstützen die Angriffe.
Die Propagandamaschine Saudi-Arabiens läuft von da an auf Hochtouren. Der Einsatz im Jemen heißt "Sturm der Entschlossenheit" – vielleicht, weil das ein bisschen so klingt wie das US-amerikanische "Desert Storm" – "Wüstensturm". So nannten die Vereinigten Staaten den Kriegseinsatz gegen den Irak 1991.
Das saudische Fernsehen zeigt den jungen dynamischen Verteidigungsminister Muhammed bin Salman, wie er im Operation Room Videos von Raketeneinschlägen anschaut. Das alles wirkt, als wollten die Saudis damit sagen: Auch wir können handeln und nicht nur reden, genau wie die Amerikaner mit ihren Militäroperationen. Gut zwei Jahre später, 2018, wird der Verteidigungsminister zum Kronprinzen ernannt.
Die Kampfflugzeuge der von Saudi-Arabien geführten Koalition treffen nicht nur Huthi-Stellungen, sondern auch Märkte, Wohn- und Krankenhäuser, Wasserwerke und Hochzeitsgesellschaften. Sie löschen ganze Familien aus. Mindestens 10.000 Menschen sollen seit Beginn der Militäroffensive getötet worden sein, unter ihnen tausende Zivilisten, schätzen internationale Beobachter.
Saudi-Arabien sagt, es wolle die internationale anerkannte jemenitische Regierung von Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi verteidigen, die im September 2014 von den Huthi-Milizen aus der Hauptstadt vertrieben wurde. Aber im Grunde führt das Königreich im Jemen einen Krieg gegen den Iran. Es sieht in den schiitischen Huthis ein Werkzeug Teherans, mit dem der Iran sich an der Südgrenze Saudi-Arabiens festsetzen will.
Das sunnitische Königreich fühlt sich von einer Art schiitischem Halbmond bedroht: Im Irak wird die Regierung von Schiiten dominiert, die von Iran unterstützt werden. In Syrien hat Iran zusammen mit Russland den Sturz von Bashar al-Assad verhindert. Im Libanon ist die schiitische Hisbollah mächtig, die ebenfalls von Iran unterstützt wird. Riad Kahwaji von der in Dubai ansässigen Denkfabrik INEGMA:
"Vertreter des Iran prahlen damit, dass Teheran heute vier arabische Hauptstädte kontrollieren würde: Bagdad, Beirut, Damaskus sowie Sanaa, die Hauptstadt des Jemen. Das ist in etwa so, als würden die Russen sagen: Okay, wir übernehmen jetzt Lissabon oder Madrid. Mitten in Europa."

Doch wer den Krieg ausschließlich als Regionalkonflikt zwischen Sunniten und Schiiten beschreibt, versteht nicht, warum der Jemen in dieses blutige Chaos stürzte und wie wenig dies mit konfessionellen Faktoren zu tun hat. Die Lage im Land erscheint immer vielschichtiger und verwirrender, je mehr man sich ihr nähert.
"Es wird immer komplizierter, umso mehr man quasi an diese Alltagsebene kommt." Mareike Transfeld von der Freien Universität Berlin forscht seit Jahren zum Jemen. Sie schrieb Analysen für die Stiftung Wissenschaft und Politik und hat acht Jahre im Jemen gelebt. Derzeit ist sie nicht vor Ort, aber erläutert ihre Sicht auf den Konflikt über Skype. Dass die Huthis 2014 den Westen des Landes inklusive der Hauptstadt Sanaa so schnell unter ihre Kontrolle bringen konnten, habe wenig mit dem Iran zu tun, aber viel damit, dass die Hadi-Regierung in den Augen vieler Jemeniten versagt habe.
"Die einzigen Akteure, die sich wirklich aktiv gegen die Huthis gestellt haben, waren die Islah-Partei, also die jemenitische Muslimbruderschaft und deren Unterstützer, und alle anderen haben dem passiv zugeschaut. Aber die Bevölkerung an sich in Sanaa – und damit meine ich nicht nur die, die ursprünglich aus Sanaa und aus dem Norden kommen, sondern auch zugezogene Familien aus dem Zentral- oder Südjemen – die waren erstmal neugierig."
Womöglich sind die Huthis ja weniger korrupt als die Hadi-Regierung, mag mancher Jemenite gedacht haben. Hafez Albukari, der im Jemen das unabhängige Institut "Polling Center" leitet, hat damals den Vormarsch der Huthi-Milizen beobachtet.
"Mit eigenen Augen sah ich, wie sie mit nur zwei Autos am Verteidigungsministerium eintrafen. Niemand hinderte sie daran, es einzunehmen."
Präsident Hadi und seine Getreuen flohen. Hadi ist der Nachfolger von Ali Abdullah Saleh, der infolge der Proteste von 2011 entmachtet wurde. Später unterstützte er, der einstige enge Verbündete von Saudi-Arabien, den Vormarsch der Huthis.
Dass es sich bei den Huthis um Schiiten handelt, spielte bei all dem nur eine untergeordnete Rolle. Die Volksgruppe der Huthis gehört einer schiitischen Sonderform an, erklärt Hafez Albukari:
"Niemand hatte sich im Jemen als Schiit bezeichnet, sondern als Zaidit. Die Zaiditen gehören zwar zu den Schiiten, stehen aber den Sunniten näher als den Schiiten."
In den sechziger Jahren kämpften zaiditische, also schiitische Huthi-Milizen sogar an der Seite des sunnitischen Saudi-Arabien gegen die ägyptische Armee.
"Auf den Straßen konntest du Sunniten und Zaiditen nicht voneinander unterscheiden. Es gab keine "zaiditischen" oder "sunnitischen" Moscheen. Alle haben zusammen gebetet, gelebt und auch einander geheiratet."
Huthi-Rebellen schießen am 16.11.2017 in die Luft, während sie nach einer Rekrutierungsversammlung für neue Kämpfer in Sanaa (Jemen) an die Front fahren.
Huthi-Rebellen am 16.11.2017 in Sanaa (Jemen) (dpa / Hani Al-Ansi)
Guerillataktik wie jene der Hisbollah im Libanon
Der aktuelle Konflikt begann 2004 im Nordwesten des Jemen, als sich dort Menschen dagegen wehrten, von der Zentralregierung in Sanaa diskriminiert und benachteiligt zu werden. Im Nordwesten leben vor allem Angehörige des Huthi-Stammes. Die Regierung warf dem Stamm separatistische Ziele vor und reagierte mit großer Brutalität. Hunderte landeten im Gefängnis, Stammesoberhaupt Hussain al-Huthi wurde getötet.
In den Jahren nach 2004 entwickelten der Huthi-Stamm und seine Rebellenmiliz "Ansar Allah", die "Partisanen Gottes", im Kampf gegen die Regierung eine Guerillataktik, die jener der Hisbollah im Libanon ähnelt.
"Für jedes Verbrechen, dem Ihr zum Opfer fallt, werden die Schuldigen bezahlen", rief Rebellenführer Abdul-Malik Al-Huthi seinen Anhängern im Dezember 2009 zu. "Jede Schlacht, in die wir für Euch ziehen, werden wir nach einem unserer Märtyrer benennen."
Es war also ein lokaler Konflikt, der sich mehr und mehr ausweitete. Dass es sich im Kern um einen innerjemenitischen Konflikt handelte, sieht man schon daran, dass die Huthi-Rebellen Hilfe aus dem Iran erst spät annahmen. Die Kooperation mit Teheran begann 2011 und wurde erst 2014 etwas enger.
Hafez Albukari zählt auf, was die Huthis seitdem unter anderem vom Iran erhielten: "Berater, technische, politische und auch militärische Unterstützung. Etliche Male wurden Waffen entdeckt, die aus dem Iran stammen. Hauptsächlich bekommen sie diese Unterstützung über die Hisbollah. Auch beim strategischen Denken dient den Huthis die Hisbollah als Vorbild."
Die libanesische Organisation hilft außerdem bei der Medienarbeit. Allerdings gelangen wegen der Seeblockade der von Saudi-Arabien geführten Militärallianz vermutlich nicht viele Waffen ins Land. Und bei den Raketen, die die Huthis auf das benachbarte Königreich abfeuerten, ist nicht immer klar, ob sie noch aus älteren Beständen stammen. Die Jemen-Expertin Mareike Transfeld denkt nicht, dass es sich bei den Huthis um einen "verlängerten Arm Teherans" handelt, wie oft behauptet wird. Lange Zeit seien sie eine sehr lokale Gruppierung gewesen.
"Das sind die Huthis heute auch noch, aber es ist sehr offensichtlich, dass die Huthis sich immer mehr eben als Teil dieser Iran-Libanon-Syrien-Bashar-al-Assad-Achse verstehen."
Der Krieg steckt in einer Sackgasse
Dass es dazu kam, hat mehrere Ursachen. Dazu gehört, dass die Saleh-Regierung vor 2011 den Huthi-Aufstand brutal niederschlug, statt sich seinen innerjemenitischen Ursachen zu widmen. Dazu gehört aber auch der erbarmungslose Krieg Saudi-Arabiens im Jemen, der die Huthis immer weiter in die Arme Teherans treibt.
Inzwischen wird der Konflikt sowohl auf saudischer Seite als auch von den Huthis selbst zu einer schicksalhaften religiösen Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten aufgeblasen.
Mit entsprechender religiöser Propaganda, die auf fruchtbaren Boden trifft, etwa bei diesem Polizisten, der vor den Trümmern eines Hauses in Sanaa steht, wo die Huthis herrschen:
"Seine Bewohner wurden von Raketen aus Saudi-Arabien getötet. Unser Führer Abdel-Malek Al-Huthi hat uns den Dschihad gegen die Angreifer befohlen, und wir folgen ihm, mit unseren Körpern und Seelen."
Die Huthis herrschen zudem immer repressiver, wie Hafez Albukari berichtet: "Wenn du ein reicher Geschäftsmann bist, dann bist du in Gefahr, weil sie vielleicht Geld von dir erpressen wollen. Als ehemaliger Militäroffizier musst du für sie kämpfen oder du kommst ins Gefängnis. Als Journalist wirst du bedroht, wenn du nicht für sie arbeitest. Als unabhängiger Menschenrechtsaktivist bist du in Gefahr, wenn du ihre Verbrechen dokumentierst."
Aktivisten werden entführt oder verhaftet, gefoltert oder gar ermordet. "Für jemenitische Verhältnisse ist das schon sehr krass, wie repressiv die Huthis regieren. Das gab's in der jemenitischen Geschichte noch nie."

Unterdessen geht der Krieg weiter, er steckt in einer Sackgasse. Die von Saudi-Arabien geführte Koalition bombardiert Stellungen der Huthi-Milizen, die ihrerseits Angriffe auf Truppen der Hadi-Regierung und ihrer Verbündeten verüben. Im Dezember hatten die Konfliktparteien in Stockholm eine von den UN vermittelte Vereinbarung unterzeichnet. Sie beinhaltet eine Waffenruhe und den Abzug der Huthi-Aufständischen aus der Hafenstadt Hodeidah, damit endlich Hilfslieferungen entladen und im Land verteilt werden können. Aber die Waffenruhe wird gebrochen, und der Abzug hat noch nicht stattgefunden. Selbst die sogenannten vertrauensbildenden Maßnahmen, wie etwa der Austausch von Gefangenen, sind ins Stocken geraten.
Bei ihren Vermittlungsbemühungen konzentrieren sich die Vereinten Nationen auf die Feindschaft zwischen den Huthis auf der einen sowie der Hadi-Regierung und ihrem Verbündeten Saudi-Arabien auf der anderen Seite.
Nach Ansicht von Hafez Albukari würden dabei aber die Wurzeln des Konfliktes ausgeklammert. Die Huthis wie auch andere Bevölkerungsgruppen hätten ja Gründe gehabt für ihre Frustration. Der Teufel stecke in diesen Details, denen sich das Stockholm-Abkommen aber nicht widme. Hafez Albukari glaubt deshalb, dass es scheitert. Auch Mareike Transfeld ist pessimistisch: "Also es gibt wenig, was man den Huthis geben könnte, um sie dazu zu bringen, einen Kompromiss einzugehen."
Und so wird die "humanitäre Katastrophe" im Jemen wohl kein schnelles Ende finden. Inzwischen wird sogar befürchtet, dass die nächste Cholera-Epidemie bevorsteht. Die Statistiken lassen dies vermuten, sagt Waleed Al-Wateery von der Organisation für Gesundheitsentwicklung. Es gebe viele neue Cholera-Verdachtsfälle.
Straßenszene in der jemenitischen Hafenstadt Hodeida.
Die Waffenruhe für die jemenitische Hafenstadt Hodeida wird offenbar nicht eingehalten. (AFP / Abdo Hyder )
Während der Cholera-Epidemie von 2017 hatten sich vermutlich rund eine Million Menschen im Jemen infiziert. Seuchen und auch die Hungersnot im Jemen werden letztlich von jenen ausgelöst, die Krieg führen. Nicht zuletzt deshalb wünschen sich die Menschen – wie dieser Mann im umkämpften Hodeidah – nichts sehnlicher, als dass die Vereinbarung von Stockholm umgesetzt wird. "Wenn die Huthis und die Regierung sich nicht friedlich einigen, dann wird der Krieg uns weiterhin in Angst und Schrecken versetzen."