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Vor 100 Jahren
Als Johnny Weissmüller seinen ersten Weltrekord schwamm

Er war der erste Sport-Star, der eine zweite Karriere als Hollywood-Schauspieler machte: Johnny Weissmüller. Als „Tarzan“ wurde er weltberühmt. Aber schon vorher schrieb er Geschichte. Am 9. Juli 1922 durchbrach Weissmüller eine Schallmauer. Er schwamm als erster Mensch 100 Meter unter einer Minute.

Von Eduard Hoffmann |
Der US-Schwimmer Johnny Weissmüller bei den Olympischen Spielen 1924 in Paris
Der US-Schwimmer Johnny Weissmüller bei den Olympischen Spielen 1924 in Paris (imago images/Colorsport)
Mit diesem unverkennbaren Schrei erlangte Johnny Weissmüller weltweite Berühmtheit. In zwölf Tarzan-Filmen spielte Weissmuller, wie er in den USA genannt wurde, zwischen 1932 und 1948 die Rolle des Affenmenschen. Zuvor schon hatte der attraktive, blonde Modellathlet als Schwimmer Karriere gemacht und für sportliche Sensationen gesorgt.
Geboren wurde Johnny am 2. Juni 1904 als Johann Peter Weissmüller in Freidorf, im Westen Rumäniens. In der kaum bewohnten Region, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte, hatten sich seit Ende des 17. Jahrhunderts zahlreiche Deutsche angesiedelt, erläutert Christian Glass, der Leiter des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm. „Johnny Weissmüller ist ein astreiner Donauschwabe, ein Banaterschwabe, und seine Eltern sind dann, als er sieben Monate alt war, im Januar 1905 nach Amerika ausgewandert.“

An Kinderlähmung erkrankt

Nach kurzem Aufenthalt in Pennsylvania zogen die Weissmüllers nach Chicago, wo die Großeltern mütterlicherseits lebten. Johnny wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Als der Vater die Familie verließ, brach der Zwölfjährige nach der achten Klasse die Schulausbildung ab. Er jobbte als Koch, Paketbote und Hotelpage, um die Mutter und seinen jüngeren Bruder zu unterstützen.
Als er an Kinderlähmung erkrankte, empfahl ihm der Arzt regelmäßig zu schwimmen. Es war der Beginn einer unglaublichen Karriere. 1921 gewann der 17-Jährige die US-amerikanischen Meisterschaften über 50 und 220 Yards Freistil. Startrainer Bill Bachrach kümmerte sich um das große Talent. Der junge Sportler entwickelte sich zum Spitzen-Kraulschwimmer.

Die 100-Meter-Distanz unter einer Minute

Im Sommer 1922 verewigte sich der Ausnahme-Athlet in den Rekordbüchern der Schwimmgeschichte. Im kalifornischen Alameda, am Ostufer der San Francisco Bay, startete Johnny Weissmüller am 9. Juli 1922 zu einem 100-Meter-Freistil-Rennen. In seinem unverkennbaren „American-Crawl“-Endspurt, bei dem der Oberkörper über dem Wasser blieb, schoss Johnny Weissmüller zur Sensation. Die Stoppuhren blieben bei 58,6 Sekunden stehen. Erstmalig war ein Mensch die 100-Meter-Distanz unter einer Minute geschwommen.
Es war das Ergebnis harter und disziplinierter Trainingsarbeit. Seine Erfolgsstrategie, so verriet Weissmüller einmal, sei die absolute Konzentration auf sich selbst gewesen. Man vernachlässige die eigene Technik, wenn man anfange, sich mit den Rivalen zu beschäftigen.

Dreimal Freistil-Gold in Paris

Bei den Olympischen Spielen in Paris 1924 gewann der 20-Jährige dreimal Freistil-Gold. Über 100 und 400 Meter und bei der 4-Mal-200-Meter-Staffel. Mit den US-Wasserballern holte er auch noch eine Bronzemedaille.
Bis dahin hatte der Amerikaner Duke Kahanamoku das Freistilschwimmen international dominiert. In Paris musste er sich beim Dreifacherfolg der Amerikaner über die 100 Meter mit der Silbermedaille begnügen.

67 Weltrekorde aufgestellt

In einer Fernsehshow erinnerte sich Johnny Weissmüller an sein Verhältnis zu dem Hawaiianer. „Für die Olympischen Spiele haben wir zusammen trainiert, und dieser große, erfahrene Kerl hat mir sein ganzes Vertrauen geschenkt. Er hat sich um mich gekümmert, hat mich zum Trainieren zurück ins Schwimmbad geschickt, er war für uns wie ein großer Bruder. Es klingt verrückt, aber er hat nie an sich selbst gedacht. Er wollte nur, dass die USA alle drei Medaillen gewinnen. Und das haben wir erreicht. … We did it.“
Nach zwei weiteren Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen 1928 beendete Johnny Weissmüller seine zehnjährige Schwimmkarriere. Er blieb auf allen Freistil-Strecken zwischen 50 Yards und einer halben Meile ungeschlagen und stellte 67 Weltrekorde auf.
Szene aus dem Film "Tarzan – Herr des Urwalds" (Tarzan, the Ape Man) 1932. Jane Parker (Maureen O'Sullivan), der Schimpanse Cheetah und Tarzan (Johnny Weissmüller) Regie: W.S. Van Dyke
Szene aus dem Film "Tarzan – Herr des Urwalds" (Tarzan, the Ape Man) 1932. Jane Parker (Maureen O'Sullivan), der Schimpanse Cheetah und Tarzan (Johnny Weissmüller) Regie: W.S. Van Dyke (imago images / United Archives)
In Hollywood begann dann seine zweite Erfolgsgeschichte als Schauspieler, in der Rolle des „Tarzan“ und später als Film- und Fernseh-Held in der Serie „Jungle Jim“.
Johnny Weissmüller war der erste Athlet, der aufgrund seines sportlichen Erfolgs in den Filmstudios Karriere machen konnte. Er wurde zu einem weltberühmten Star und zum Dollarmillionär. Privat und geschäftlich oftmals zu naiv und unbekümmert, starb er 1984 verarmt in Acapulco.