Donnerstag, 25. April 2024

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Vor 370 Jahren in Südafrika
Als Jan van Riebeeck die Kapkolonie gründete

Mit der Landung Jan van Riebeecks am Kap der Guten Hoffnung begann am 6. April 1652 die europäische Besiedelung Südafrikas. Rund 150 Jahre dauerte die Herrschaft der Niederländer an der Tafelbucht.

Von Irene Meichsner | 06.04.2022
Landung Jan van Riebeecks am Kap, historisierende Darstellung von Charles Davidson Bell um 1850
Landung Jan van Riebeecks am Kap, historisierende Darstellung um 1850 (picture-alliance / Mary Evans Picture Library )
Als der Holländer Jan van Riebeeck am 6. April 1652 mit dem Dreimaster Dromedaris am Kap der Guten Hoffnung vor Anker ging, hatte er eine klare Mission: als Angestellter der Niederländischen Ostindien-Kompanie sollte er an der Südspitze Afrikas einen Außenposten einrichten, an dem man die holländischen Seefahrer mit frischen Lebensmitteln und Trinkwasser würde versorgen können. Mit diesem Datum beginnt offiziell die Geschichte der Kapkolonie – und damit die Geschichte des modernen Südafrika.

Eigentlich hatte diese Geschichte aber schon fünf Jahre vorher begonnen, am 25. März 1647, als ein anderes holländisches Schiff, die Nieuwe Haarlem, am Kap der Guten Hoffnung in einen Sturm geraten und auf einer Sandbank gestrandet war.

Ideale Lage - auf halber Strecke zwischen Amsterdam und Batavia

Das Schiff kam aus Batavia, dem Hauptquartier der Niederländischen Ostindien-Kompanie, die damals den europäischen Handel mit Asien dominierte. Ein Teil der Ladung wurde in den Begleitschiffen verstaut und der Rest an Land gebracht, wo 62 Männer mehrere Monate auf ihre Rettung warten sollten. Einer von ihnen, der Kaufmann Leendert Jansz, setzte sich nach seiner Heimkehr vehement dafür ein, an der Tafelbucht eine Verpflegungsstation für die holländischen Seefahrer einzurichten. Schon aufgrund seiner geografischen Lage, etwa auf halber Strecke zwischen Amsterdam und Batavia, sei der Ort für diesen Zweck ideal, wie  Jansz in einem Memorandum schrieb - in dem er auch auf die einheimische Bevölkerung zu sprechen kam.
„Man kann dort alles anbauen – Kürbis, Wassermelonen, Kohl, Karotten, Rettich, Rüben, Zwiebeln und anderes Gemüse. Es gibt Fische im Überfluss, Antilopen, Vögel, in manchen Jahreszeiten ist die Tafelbucht voller Wale“,
„Manche halten die Eingeborenen für brutale Menschenfresser, aber das ist ein ordinärer Irrtum. Es stimmt, dass einige von unseren Seeleuten und Soldaten von ihnen getötet wurden, aber das lag daran, dass sie ihnen ihr Vieh weggenommen hatten, ohne dafür zu bezahlen. Die Schuld lag also auf unserer Seite. Würde die Station von einem Kommandanten befehligt, der die Eingeborenen freundlich behandelt, für alles bezahlt, was er von ihnen bekommt, und ihre Mägen hin und wieder mit Erbsen oder Bohnen füllt, für die sie eine besondere Vorliebe haben, dann stünde von ihnen nichts zu befürchten.“
Zwei Indonesier tragen ein Ölgemälde eines niederländischen Gouverneurs aus einem Palast.
Ein Porträt eines niederländischen Gouverneurs wird am Tag vor der Unabhängigkeit 1949 aus dem Palast in Batavia getragen. Foto von Henri Cartier-Bresson. (Fondation Henri Cartier-Bresson/Magnum Photos/ANP)

Die steile Karriere des Jan van Riebeeck

Jan van Riebeeck, der künftige Kommandant, war da allerdings ganz anderer Meinung - „für ihn war es,  "eine gewissenlose Verbrecherbande, vor der man sich in Acht nehmen muss.“Van Riebeeck eröffnete sich mit dem neuen Posten eine einmalige Chance. Er war 1619 in Culemborg als Sohn eines Kapitäns zur Welt gekommen und hatte schon öfter für die Ostindien-Kompanie gearbeitet – erst als Schiffsarzt und dann in diplomatischer Mission, bei der er bis nach Sumatra, Japan und China gelangte. Er wurde wegen unerlaubter privater Handelsgeschäfte entlassen - und trat dann seine Heimfahrt ausgerechnet auf einem jener Schiffe an, die den Schiffbrüchigen an der Tafelbucht zu Hilfe kommen sollten. Van Riebeeck blieb mehrere Wochen in der Gegend, er machte sich dort nützlich, und so wurde ihm das Kommando über den neuen Stützpunkt schließlich anvertraut. Im Dezember 1651 stach er mit der Dromedaris von der Insel Texel aus in See, begleitet von zwei weiteren Schiffen. Im Februar 1652 überquerte die kleine Flotte den Äquator, zwei Monate später kam der Tafelberg in Sicht, das Wahrzeichen des heutigen Kapstadt.

Hirtenvolk der Khoikhoi, von den Niederländern „Hottentotten“ genannt

„Eine Schaluppe wurde ausgesandt, um zu gucken, ob sich in der Bucht feindliche Schiffe befanden. Doch da war niemand, und so machten wir dort fest", schrieb van Riebeeck in sein Tagebuch. Zehn Jahre lang verwaltete er die Kapkolonie, und in dieser Zeit wurden viele Weichen für die Zukunft gestellt. Bald drangen die ersten Siedler ins Landesinnere vor. Dort lebten die Khoikhoi, ein nomadisches Hirtenvolk - von den Holländern „Hottentotten“ genannt. Ihre Weidegründe wurden okkupiert, 1659 kam es zu einer ersten kriegerischen Auseinandersetzung – der Anfang vom Ende der Khoikhoi in Südafrika. Bereits ein Jahr zuvor waren die ersten Sklaven, die aus dem heutigen Ghana und Angola stammten, in die Kolonie gebracht worden, um den Bedarf an Landarbeitern zu decken. Rund 150 Jahre dauerte die Herrschaft der Niederländer an der Tafelbucht, dann wurde die Kapkolonie von den Engländern erobert – ein neues Kapitel in der Kolonialgeschichte Südafrikas begann.