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Katholikentag
Löhrmann begrüßt AfD-Ausschluss

AfD-Politiker sind bereits im Vorfeld von den Diskussionen des 100. Deutschen Katholikentages ausgeschlossen worden. Sylvia Löhrmann, Grünen-Politikerin und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, hält das für richtig. Die Katholische Kirche stehe für eine humane Flüchtlingspolitik, und die AfD bekämpfe diese in Teilen, sagte sie im DLF.

Sylvia Löhrmann im Gespräch mit Bettina Klein |
    Sylvia Löhrmann (Die Grünen), Bildungsministerin in Nordrhein-Westfalen.
    Sylvia Löhrmann (Die Grünen) kritisierte im DLF AfD als in Teilen islamophob und fremdenfeindlich. (imago / IPON)
    Löhrmann unterstützte die Position des Präsidenten vom Zentralkomitee der Katholiken, Thomas Sternbergs, der der AfD keine Bühne geben wollte. Die AfD sei islamophob, und es seien religionsfeindliche Züge erkennbar, sagte die NRW-Bildungsministerin. Das widerspreche dem Anspruch der Kirche auf Dialog und ein Miteinander. "Ich sehe hier keine Bewegung der AfD auf Religionsgemeinschaften insgesamt zu, sondern hier werden ja Grundsätze unserer Verfassung auch missachtet."
    Was die Gleichberechtigung in der katholischen Kirche angehe, sei sie noch nicht zufrieden, betonte Löhrmann. Dafür streite sie innerhalb der Kirche mit progressiven Kräften. "Das ist die mühsame Entwicklung, die mühsame Diskussion, die in einer Kirche stattfindet." Sie würde sich wünschen, dass sie Frauen im Priesteramt noch erleben werde.
    In Leipzig beginnt der 100. Deutsche Katholikentag. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto "Seht, da ist der Mensch". Im Vorfeld sorgte die Ausladung der rechtspopulistischen AfD vom Katholikentag für Diskussionen. Der Katholikentag wird vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) veranstaltet, dem höchsten Gremium der katholischen Laien in Deutschland.

    Das Interview in voller Länge:
    Bettina Klein: "Seht, da ist der Mensch" - ein Zitat aus der Bibel und Motto für den 100. Katholikentag, der heute in Leipzig beginnt, in einer ziemlich konfessionslosen Umgebung. Wie immer wird auch politische Prominenz mitdiskutieren, aber nicht die AfD. Die soll draußen bleiben, so wollen es die Organisatoren, und das hat vor Beginn des Katholikentages schon für Diskussionen und teils auch für Kritik gesorgt.
    Am Telefon ist jetzt Sylvia Löhrmann, Grünen-Politikerin aus Nordrhein-Westfalen. Sie ist hier Schulministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin. Sie ist aber auch aktives Mitglied im Zentralrat der deutschen Katholiken. Guten Morgen, Frau Löhrmann.
    Sylvia Löhrmann: Guten Morgen, Frau Klein.
    Klein: Ich würde gerne beginnen mit dem letzten Aspekt aus dem Bericht, den wir gerade gehört haben. Die Alternative für Deutschland wurde nicht eingeladen, sie darf nicht wie Politiker anderer Parteien auf den Podien mitdiskutieren. Das hat inzwischen schon für einige Kritik im Vorfeld gesorgt. Verteidigen Sie das?
    Löhrmann: Ja, ich halte das für richtig, weil bestimmte Dinge sehr, sehr diametral sich entgegenstehen an Haltungen. Die Kirche steht für eine humane Flüchtlingspolitik, im Moment ein ganz wichtiger Akteur auf der politischen Bühne, und die AfD bekämpft das und ist in Teilen fremdenfeindlich und ist islamophob in Teilen, und das widerspricht dem ursätzlichen und grundsätzlichen Anspruch der Kirche auf Dialog und auf Miteinander.
    "Wir haben im Moment daran zu arbeiten, die Gesellschaft zusammenzuhalten, statt weiter zu spalten"
    Klein: Aber ist nicht gerade bei grundsätzlich sich widersprechenden oder gegensätzlichen Anschauungen der Dialog und der Austausch von Argumenten notwendig?
    Löhrmann: Wir haben ja gerade am Montag erlebt, dass die AfD nicht bereit war, zum Beispiel ein Gespräch mit dem Zentralrat der Muslime zu führen. Und wir haben im Moment daran zu arbeiten, die Gesellschaft zusammenzuhalten, statt weiter zu spalten. Das muss im Vordergrund stehen. Und es sind ja zum Teil religionsfeindliche Züge auch erkennbar in der Programmatik und in der politischen Auseinandersetzung. Darauf hat Winfried Kretschmann hingewiesen. Und ich glaube, da ist es richtig, einen so relevanten Standpunkt auch als Kirche einzunehmen.
    Klein: Nun sprechen wir ja nicht über eine Veranstaltung der Islamverbände oder der muslimischen Religion, sondern über den Katholikentag. Da sagt die Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die diese Entscheidung, die AfD nicht einzuladen, kritisiert: "Wir müssen zeigen, dass eine Gesellschaft sich ihrer Identität, ihrer Wurzeln sicher ist, um dem Anderen und dem Fremden Raum zu geben, ohne sich bedroht zu fühlen" und begründet damit auch, dass man eben auch widersprechende Meinungen dort einladen solle. Das ist doch eigentlich ein schöner Gedanke, oder?
    Löhrmann: Es ist ja niemandem genommen, sich einzumischen in die Debatten und auch teilzunehmen. Es ist nur die Frage, wem gibt man welches Forum. Herr Sternberg hat das ja eben auch noch mal ausgedrückt in dem kurzen Zitat, was Sie gebracht haben. Ich habe auch gerade noch ein anderes Interview von ihm gehört, wo er deutlich macht, wir sind nicht die, die da diesen Positionen ausdrücklich noch Bühnen geben. Eingeladen zum Mitdiskutieren in den Veranstaltungen, da gibt es keine Begrenzung.
    "Das Verhältnis zwischen Grünen und Kirche hat sich in den letzten Jahren radikal verändert und entspannt"
    Klein: Aber grundsätzlich wird ja darüber diskutiert, wie umgehen mit einer solchen Partei, wie viel Bühne soll man ihr geben. Darüber sprechen wir schon seit Wochen und Monaten. Auf der anderen Seite hat ja auch die Grünen-Partei ihre Ausgrenzungserfahrungen, sage ich mal, gemacht. Ihre Partei war auch nicht besonders wohl gelitten in den Anfangsjahren bei Kirchentagen. Da müssten Sie doch eigentlich dafür plädieren, dass man allen eine Bühne gibt.
    Löhrmann: Das Verhältnis zwischen Grünen und Kirche hat sich in den letzten Jahren radikal verändert und entspannt und beide sind aufeinander zugegangen, ob in ökologischen Fragen und insbesondere in Fragen im Umgang mit Minderheiten. Ich sehe hier keine Bewegung der AfD auf Religionsgemeinschaften insgesamt zu, sondern hier werden ja Grundsätze unserer Verfassung auch missachtet. Und ich als Grüne bin natürlich froh, dass sich bei uns eine solche positive Entwicklung entwickelt hat, und das ist auch gut so.
    Klein: Bleiben wir mal bei Ihrer Partei und bei Haltungen, von denen man jetzt ja vielleicht annehmen könnte, dass sie noch nicht besonders gut zur Katholischen Kirche passen. Da geht es um die Zulassung von Frauen zu Diakonämtern oder gar zu Priesterämtern. Da ist ein bisschen Bewegung jetzt hineingekommen. Jetzt wird gefordert, das endlich mal umzusetzen und über die Bühne zu bringen. Wie können Sie das eigentlich als Grünen-Politikerin vertreten, der ja die Gleichberechtigung von Mann und Frau schon aus Parteiräson am Herzen liegt und die dafür eintritt? Wie leben Sie eigentlich mit den Entscheidungen der Katholischen Kirche bisher, da sich auch nicht offen zu zeigen?
    Löhrmann: Ja, das ist natürlich einer der Punkte, an denen ich mit meiner Kirche noch nicht zufrieden bin. Das ist ganz klar. Aber ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es sinnvoll ist, in der Kirche dafür zu streiten mit progressiven Kräften. Auch wenn die Bewegung zum Teil langsam ist, aber es gibt sie. Ich habe mit Interesse auch von Kardinal Lehmann die Äußerung gehört, sich weiter zu entwickeln. Ich finde das bei Herrn Geisler als Critical Friend, so will ich das mal sagen, immer wieder interessant. Das ist die mühsame Entwicklung, die mühsame Diskussion, die in einer Kirche stattfindet.
    Aber wenn ich heute Morgen bei uns in Nordrhein-Westfalen lese, dass Kardinal Woelki in Köln ein Flüchtlingsboot auf der Domplatte aufgestellt hat, um auf die Menschenrechtsverletzungen in dieser Hinsicht hinzuweisen, und dort morgen die Fronleichnamsmesse halten wird, dann ist das etwas, wo ich meiner Kirche sehr nahe bin. Das ist die Spannbreite, in der wir diskutieren und argumentieren. Auch die Aussagen des Papstes zur Schöpfung jetzt, das ist Balsam auf die grüne Seele, wirklich so radikal einzufordern, dass wir nur eine Welt haben und dass wir daran arbeiten müssen, diese eine Welt zu bewahren für unsere Kinder und Kindeskinder.
    "Ich sehe die Kirche da auf einem guten Weg"
    Klein: Manchen gehen die Reformen der Katholischen Kirche nicht weit genug. Anderen bewegt sich die Katholische Kirche sogar zu weit nach links. Wie sehen Sie das, auf welchem Weg sehen Sie Ihre Kirche da im Augenblick?
    Löhrmann: Ich sehe die Kirche da auf einem guten Weg. Wie gesagt, in manchen Bereichen bin ich sehr, sehr froh und sehr dankbar und kann das nur befürworten. In anderen Bereichen geht es mir ein bisschen zu langsam. Ich glaube, da findet ein Entwicklungsprozess statt, der gut ist, der ja auch von den Laien sehr stark gewollt ist. Es hat ja auch Untersuchungen der Kirche gegeben und die Kirche stellt sich auch der Diskussion, dass sie sich in Teilen weit entfernt hat von den Alltagspraktiken der Katholikinnen und Katholiken selber. Ich glaube, das ist ein der Gesellschaft angemessener Entwicklungsprozess und da muss der Spannungsbogen immer wieder entwickelt und ausgehalten werden und da muss diskutiert werden über den weiteren Weg der Kirche. Dazu dient natürlich der Katholikentag auch.
    Klein: Und Frauen?
    Löhrmann: Frauen natürlich auch.
    Klein: Eine Jahreszahl noch. Wann wird es Frauen in Priesterämtern geben?
    Löhrmann: Das ist ja jetzt müßig, ob ich eine Zahl sage. Ich würde mir wünschen, ich sage mal so, dass ich das noch erlebe, und ich bin jetzt 59 Jahre alt.
    Klein: Alles klar. Vielen Dank an Sylvia Löhrmann. Sie ist Grünen-Politikerin aus Nordrhein-Westfalen und wird auch am Katholikentag teilnehmen, der heute in Leipzig beginnt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.