2015 auf dem UN-Klimagipfel verpflichteten sich fast alle Staaten in dem sogenannten Pariser Abkommen, die Weltwirtschaft klimafreundlicher zu gestalten. Die Länder setzten sich zudem das Ziel die globale Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Welchen Anteil zu mehr Klimaschutz kann die Landwirtschaft und Ernährung beitragen?
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Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft
Rund ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen stammt aus der Nahrungsmittelproduktion auf dem Feld und im Stall. "Wenn wir Wälder abholzen, um Ackerland neu anzulegen, oder wenn wir Moore trockenlegen, oder wenn irgendwo Grünland umgebrochen wird. Dabei entweicht viel CO2 aus dem Boden, und das ist auch eine erhebliche Quelle insgesamt", so Dr. Matin Qaim, Professor für Agrarökonomie und Leiter des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn.
Einsparpotenzial von Treibhausgasen in der Landwirtschaft
Doch die Treibhausgas-Emissionen ließen sich verringern, meint Dr. Clemens Scheer, beim Karlsruher Institut für Technologie zuständig für Umweltgerechte Landwirtschaft: "Einmal müssen ganz klar die Stickstoffüberschüsse in der Nahrungsmittelproduktion abgebaut werden, hauptsächlich um die Emissionen von Lachgas aus den Böden zu vermeiden. Lachgas ist 300 Mal so klimaschädlich wie CO2 und entsteht hauptsächlich bei mikrobiellen Umsetzungen von Stickstoffdünger im Boden und wird dadurch in die Atmosphäre emittiert.
Außerdem müssten die Böden verbessert werden, auch damit sie mehr CO2 aus der Luft speichern können.
"Das kann erreicht werden durch bessere Fruchtfolgen, auch durch organische Düngung, dass man zum Beispiel wieder Festmist düngt oder auch Ernterückstände wieder in den Boden einbringt. Ein wichtiger Teil ist noch die Renaturierung von Moorböden. Gerade in Deutschland ist es wahrscheinlich das größte Einsparungspotenzial von Treibhausgasen in der Landwirtschaft im Moment."
Essgewohnheiten und CO2-Ausstoß
Sehr klimaintensiv ist auch die Tierhaltung. Zum einen wird immer mehr Fläche für den Futteranbau gebraucht. Zum anderen setzen Rinder als Wiederkäuer viel Methan frei. Können wir die Erderwärmung nur mit einer radikalen Änderung unserer Essgewohnheiten abbremsen?
Agrarökonom Matin Qaim: "Das heißt gar nicht, dass wir alle Veganer werden müssen. Aber wir müssen runter von dem hohen Konsum von Fleisch und tierischen Produkten."
Lebensmittelverschwendung
Um die Emissionen zu verringen, sollte auch die Lebensmittelverschwenung reduziert werden. Zwischen 25 und 30 Prozent der Ernte wird nicht gegessen. Je nach Weltregion sind die Ursachen unterschiedlich.
"Das sind Dinge, die man eigentlich konsumieren könnte, die aber entweder im Privathaushalt weggeworfen werden oder auch im Lebensmitteleinzelhandel weggeworfen werden, weil zum Beispiel im Bäckerladen Brot bis abends vorgehalten wurde, was dann doch nicht gekauft wird. Insgesamt beinhalten aber diese 25 bis 30 Prozent auch Verluste. Verluste sind Dinge, die irgendwo wegen schlechter Lagerung, schlechter Transportmöglichkeiten, mangelnde Kühlung verderben auf dem Weg der Wertschöpfungskette."
Potenzial von Wissenschaft und Technik
Grund zur Hoffnung gebe auch der Fortschritt von Wissenschaft und Technik, sagt Matin Qaim. "Da spielen auch neue Technologien eine Rolle, die ja sehr kritisch gesehen werden in Deutschland: Gentechnik beispielsweise, Genschere. Aber was verkannt wird ist, dass gerade diese Technologien ein großes Potenzial haben, produktiver, umweltfreundlicher und letztlich robuster gegen Klimastress zu sein. Die Herausforderungen sind so groß, dass wir die weltanschaulichen Grabenkämpfe überwinden müssen, um voranzukommen."