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Lächeln für Olympia

Lächeln für Olympia, die Münchner "Abendzeitung" mahnt zum freundlichen Umgang mit den IOC-Gesandten, die Münchens Olympia-Bewerbung 2018 in diesen Tagen unter die Lupe nehmen. Zum Lachen zumute ist den Olympia-Gegnern nicht. Sie wollen ihre Proteste fortsetzen.

Von Herbert Fischer-Solms | 27.02.2011
    Was sich in diesen Tagen in München und Garmisch-Partenkirchen abspielt, ist eine ganz normale Etappe auf dem Weg zur Vergabe Olympischer Spiele. Die Evaluierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees, eine speziell für die Begutachtung von Bewerberstädten zusammengestellte Arbeitsgruppe von IOC-Mitgliedern und Experten, ist im Lande, schaut sich die vorhandenen Wettkampfstätten ebenso an wie die noch auf dem Papier stehenden Vorhaben. Sie konferiert und diskutiert, vornehmlich mit den Vertretern der "Bewerbungsgesellschaft München 2018", und wird dann ihren Abschlussbericht zu den drei Kandidaten – neben München noch Annecy in Frankreich und Pyeongchang in Südkorea – den Mitgliedern vor der IOC-Vollversammlung vorlegen. Die entscheidet am 6. Juli in Südafrika über den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2018.

    So weit, so gut. In Teilen Süddeutschlands spielen sie jetzt aber ein bisschen verrückt. Die IOC-Gutachter sind seit heute in München, am Dienstag beginnt ihre offizielle Mission. Die "Abendzeitung" zum Beispiel fordert in ihrer Wochenend-Ausgabe nun die Münchner zum "Lächeln für Olympia" auf, man solle in den nächsten Tagen den – Zitat - "üblichen Münchner Grant mal ein bisserl bremsen", und den 14 Damen und Herren vom IOC begegnen wie bei den fröhlichen Sommerspielen in München 1972. Denn, so macht die Boulevardpresse ihren Lesern weiß: "Ihr Lächeln entscheidet mit".

    Nun wissen aber selbst wohlmeinende Olympiafreunde, dass beim IOC, dem Besitzer der Olympischen Spiele, ganz andere Kriterien ausschlaggebend sind für die Vergabe von Großereignissen, bei denen Milliarden-Beträge in Umlauf gesetzt werden. Man muss nicht an den Bestechungsskandal erinnern, als der fein dokumentierte Stimmenkauf bei der Wahl von Salt Lake City zum Olympiaort 2002 das IOC in die tiefste Krise seiner Geschichte stieß. So viel geändert hat sich seither nicht, wie noch die obskure Kür des russischen Sotschi zum Gastgeber der Winterspiele 2014 bewiesen hat.

    Auch diese Faktenlage hat den Widerstand genährt namentlich in Garmisch-Partenkirchen gegen die Olympiabewerbung 2018, deren alpiner und nordischer Bestandteil im Alpenort knapp eine Autostunde von München entfernt sein soll. Das Garmischer Bürgerbegehren, das eine Befragung der gesamten Bevölkerung in der Gemeinde zum Ziel hat, wurde Anfang der Woche mitgeteilt und ist somit gut getimt, das zeigen auch die beleidigten Reaktionen von Münchens Oberbürgermeister Ude und aus der Olympia-Bewerbungsgesellschaft. Dabei greifen die Garmischer lediglich auf ein Grundrecht aus der bayrischen Gemeindeordnung zurück, das Ude übrigens selbst genutzt hatte, als es seinerzeit Proteste gegen den Neubau der Münchner Fußball-Arena gegeben hatte. "Keine Olympischen Spiele in Garmisch-Partenkirchen! Gegen den Ausverkauf unserer Heimat!", so lautet die Kampagne der Olympia-Gegner.

    In den beiden Fragen, um deren Zustimmung geworben wird, geht es darum, durch einen Rechtsexperten die vorliegenden Olympiaverträge auf ihre Rechtswirksamkeit und Sittenwidrigkeit zu untersuchen. Es handele sich nämlich um Knebelverträge, die mit dem IOC bereits im Vorfeld abgesegnet worden seien und das finanzielle Risiko einseitig bei Bund, Land und Kommunen beließen. Vier Dutzend Bürgschaften seien dem IOC bereits gegeben worden, ohne der Bevölkerung alle Fakten dazu vorgelegt zu haben. Acht Prozent der Bevölkerung, das sind etwa 1700 Unterschriften, müssen erreicht werden, um eine Bürgerbefragung zu ermöglichen – die Betreiber hatten aber bei einer Testabstimmung schon mal 3000 Befürworter gezählt.

    Die IOC-Evaluierungskommission unter Leitung der Schwedin Gunilla Lundberg wird während ihrer Visite auch mit Vertretern der NOlympia-Protestbewegung zusammentreffen, die für Dienstag auf dem Marienplatz im Münchner Zentrum vor dem Rathaus zu einer Willkommens-Veranstaltung eigener Art lädt. Das Motto heißt "IOC – Go home". Da das IOC-Hauptquartier in der Schweiz sehr aufmerksam die seit Monaten andauernde Auseinandersetzungen mit Grundstücksbesitzern in Garmisch verfolgt, die sich weigern, ihr wertvolles Land für die olympische Gaudi-Veranstaltung, wie sie es nennen, zeitweise abzutreten, ergibt sich für die Münchner Olympia-Betreiber eine erhebliche Risiko-Lage. IOC-Vertreter sind es gewohnt, dass für sie der rote Teppich ausgerollt wird, das Produkt, das die Herren der Ringe anzubieten haben, ist fast überall hochbegehrt. Hohe, sehr hohe Zustimmungsraten in der Bevölkerung sind ein wichtiges Kriterium. Der südkoreanische Bewerber Pyeonchang wird nicht müde, auf diesen seinen Pluspunkt hinzuweisen.

    Der Protest, der sich gegen Olympia 2018 in München und Garmisch–Partenkirchen in unterschiedlicher Form manifestiert, wird Folgen haben. "IOC-Go Home", das geht zwar nicht ganz soweit wie die Parole der Gegner der Olympiapläne von Berlin 2000, die auf einem Transparent genau gegenüber dem Hotel der IOC-Delegierten prangte mit der Aufforderung: "IOC, in die Spree". In der entscheidenden Abstimmung war der Kandidat Berlin, man erinnert sich, in der zweiten Runde ausgeschieden.

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