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Millionenbußgeld für Audi
Schlussstrich unter Dieselgate - oder gerade nicht?

Nach VW muss nun auch Audi ein Bußgeld im Dieselskandal zahlen. Die Staatsanwaltschaft München hat eine Strafe von 800 Millionen Euro verhängt. Grund seien "Abweichungen von den regulatorischen Vorgaben" bei bestimmten Motoren. Experten sind sich uneins: Ist das nun der Schlussstrich unter Dieselgate?

Von Mischa Ehrhardt | 16.10.2018
    Die Ringe vom Audi-Logo, aufgenommen am 28.06.2016 in Düsseldorf.
    Audi-Logo (picture alliance / dpa / Caroline Seidel)
    Die Rechnungen, die Volkswagen wegen des Dieselskandals zahlen muss, türmen sich langsam. Auch Audi hat illegale Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in seine Autos eingebaut – und muss deswegen nun die 800-Millionen Strafe zahlen. Das hat Audi und seine Konzernmutter Volkswagen dazu veranlasst, die Prognosen für das Jahresergebnis zu kassieren. Trotzdem steigen die Aktien des Volkswagen-Konzerns an der Börse heute deutlich – ein Widerspruch? Nein, sagt Aktienhändler Oliver Roth von der Wertpapierhandelsbank Oddo Seydler:
    "Unter dem Strich ist sicherlich damit auch zu erwarten, dass unter die finanziellen Forderungen ein Schlussstrich gezogen wird. Und ein Ende ist dann letztendlich auch ein Ende des Schreckens für die meisten Aktionäre. Und damit kann man das vielleicht ein Stück weit erklären, dass Erleichterung aufgekommen ist".
    Die nun ergangene Strafe setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Zum einen einer Strafe in Höhe von fünf Millionen Euro wegen des Ahndens einer Ordnungswidrigkeit. Den Löwenanteil von 795 Millionen Euro muss Audi dagegen bezahlen wegen der Vorteile, die sich der Konzern durch die Manipulationen ergaunert hat: Etwa durch ersparte Kosten beim Produzieren der Motoren und Fahrzeuge, Vorteile beim Verkauf der Autos, oder auch Vorteile gegenüber der Konkurrenz.
    Strafzahlung landet im bayerischen Haushalt
    Gemildert wurde die Strafe übrigens durch das Anrechnen bereits geleisteter Fahrzeug-Umrüstungen. Das Geld landet üblicherweise im Staatshaushalt Bayerns, weil die dortige Staatsanwaltschaft die Strafe verhängt hat. Deswegen haben sich schon Verbraucherschützer zu Wort genmeldet, die fordern, dass die Strafzahlungen aus dem Dieselskandal geschädigten Verbrauchern zu Gute kommen müssten. Denn die sitzen nach dem Dieselskandal auf einem Wertverlust ihrer Autos. Jedenfalls kommen die Strafzahlungen wegen des selbst produzierten Dieselskandals für Konzerne wie Audi und seine Konzernmutter Volkswagen zur Unzeit. Denn der Wandel hin zu neuen Antriebstechniken und die Konkurrenz sind stark.
    "Ich glaube schon, dass man feststellen muss, dass die Automobilbranche nicht gerade auf Rosen gebettet ist aktuell. Die Gewinnmargen werden deutlich geringer, man hat viele Klagen, man hat dementsprechend also auch viele Rückstellungen. Man verkauft so auch viele Autos aber man weiß sehr genau, dass die Zeiten sich ändern Elektroautos Wasserstoffautos, da muss man Geld in die Hand nehmen um zu investieren, um den Vorsprung der Konkurrenz aus Asien und der USA einzuholen. Also alles das zeigt doch dass die Automobilbranche doch deutlich umdenken muss."
    Dieselgate ist noch längst nicht abgehakt
    Den Löwenanteil an Strafzahlungen, der nicht in Innovationen fließen kann, musste Volkswagen übrigens in den USA zahlen. Auf insgesamt rund 27 Milliarden Euro belaufen sich die Kosten durch den Dieselskandal mittlerweile. Da sind die Strafen von zuletzt einer Milliarde Euro für Volkswagen hierzulande oder 800 Millionen Euro für Audi heute fast vernachlässigbar. Dennoch kommen immer wieder neue Hiobsbotschaften für deutsche Konzerne, die in den Abgasskandal verwickelt sind oder sein könnten. Ein Ende von Dieselgate ist auch nach der Millionenstrafe für Audi heute nicht in Sicht, meint Auto-Analyst Jürgen Pieper aus dem Bankhaus Metzler.
    "Volkswagen ist sowieso von vornherein dran, dann Daimler, dann einige nicht-deutsche wie beispielsweise Renault. Und man war immer geneigt das Thema abzuhaken, und zu sagen, jetzt ist das Meiste aber durch; und dann kommt immer wieder etwas Neues und jetzt ist es Opel, kommt nochmal überraschenderweise um die Ecke. Tatsächlich darf man, glaube ich, nicht den Fehler machen, zu denken, Dieselgate ist durch – es ist eben tatsächlich nicht durch".
    Auch für mutmaßlich Verantwortliche nicht: Seit Juni bereits sitzt der mittlerweile seines Postens enthobene frühere Audi-Chef Rupert Stadler in Untersuchungshaft. Der heute ergangene Bußgeldbescheid, so stellte die Staatsanwaltschaft klar, hätte keinerlei Auswirkungen auf die Ermittlungen gegen "natürliche" Personen im Dieselskandal – diese Ermittlungen laufen also in jedem Fall weiter.