
Ann-Kathrin Büüsker: In Mainz hat die Regierungskoalition heute einen Misstrauensantrag der Opposition abgelehnt, mit allen Stimmen, die sie hat. Gibt es trotzdem Skepsis in den Fraktionen der Regierungsparteien? Darüber möchte ich jetzt mit Alexander Schweitzer sprechen, Fraktionschef der SPD im Landtag in Mainz. Guten Tag, Herr Schweitzer.
Alexander Schweitzer: Guten Tag, Frau Büüsker!
Büüsker: Herr Schweitzer, wie viel Überzeugungsarbeit mussten Sie denn in Ihrer Fraktion leisten, damit sich alle hinter Dreyer stellen?
Schweitzer: Gar keine. Das war selbstverständlich und klar, dass wir Malu Dreyer vertrauen, und es war gar keine Minute lang auch nur ein Diskussionsthema, weder in den Fraktionssitzungen noch am Rande von Fraktionssitzungen, dass wir selbstverständlich dieses Manöver der Opposition, der CDU unter Zuhilfenahme der AfD ablehnen werden.
Büüsker: Das heißt, in Ihrer Fraktion sieht da auch keiner Fehler in der Causa Hahn?
"Das Motiv von Frau Klöckner ist wohl die Wahlniederlage gegen die SPD"
Schweitzer: Das ist ja nicht der Punkt, um den es da heute ging. Frau Klöckner hat ja versucht, mit aller ihr eigenen Wucht das schärfste Schwert in die Hand zu nehmen, um heute schon Verantwortungen an die Ministerpräsidentin zu geben, noch bevor alle Dinge dargelegt sind. Es gibt auch kritische Fragen in meiner Fraktion, die gibt es auch in der Ampel insgesamt, also auch bei den Kollegen der FDP und der Grünen, aber heute ging es ja um einen Frontalangriff von Frau Klöckner gegenüber Malu Dreyer, und das war so durchschaubar, dass das überhaupt kein Thema war. Deshalb war völlig klar, wir haben heute mit eindeutigem Votum Malu Dreyer das Vertrauen ausgesprochen.
Büüsker: Das heißt, aus Ihrer Sicht hat die CDU das Ganze genutzt, um sich zu profilieren?
Schweitzer: Ich weiß nicht, ob das wirklich zur Profilierung dient, weil das ist ja jetzt ziemlich schiefgegangen auch in der Wahrnehmung. Sie haben ja auch in dem Einspielbeitrag selbst gemeldet, dass es heute eine Umfrage geben wird, wo die Menschen sagen, na ja, ob da jetzt wirklich die Hauptverantwortung vor allem bei einer und bei dieser Landesregierung liegt. Die Menschen machen sich da ein eigenes Bild.
Wir alle wissen, dass das innere Motiv von Frau Klöckner eher was damit zu tun hat, dass sie jetzt am 13. März erneut eine Wahlniederlage gegen die SPD und gegen Malu Dreyer erfahren hat, das historisch schlechteste Ergebnis in der Geschichte der rheinland-pfälzischen CDU. Was heute passiert ist, das hat ein bisschen was mit der Aufarbeitung der CDU dieses Wahlergebnisses zu tun.
Büüsker: Aber Moment, Herr Schweitzer! Jetzt haben Sie die Umfragen angesprochen und unsere Korrespondentin hat auch berichtet, dass die Rheinland-Pfälzer mehrheitlich unzufrieden mit der Arbeit Ihrer Koalition sind.
"Die Ampel ist auch in den Umfragewerten stabil"
Schweitzer: Ich muss Ihnen sagen, wenn Sie in dieser Woche die Menschen fragen, jeden Tag steht da was darüber, dass es am Hahn nicht gut gelaufen ist, wie denkt ihr denn darüber, es wäre doch eigentlich verwunderlich, wenn es da eine Hurra-Stimmung gäbe. Die gibt es ja auch in den eigenen Parteien nicht. Da will ich ja ganz offen dazu stehen. Aber dieselbe Umfrage hat bei der Sonntagsfrage, bei den Parteipräferenzen die Ampel klar bestätigt. Es gibt eine leichte Einschränkung bei der SPD, aber immer noch ein ordentliches Ergebnis. Es gibt ein Plus bei den Grünen, ein Plus bei der FDP. Die CDU profitiert nicht wirklich davon. Die Ampel ist auch in den Umfragewerten stabil. Die Menschen wenden sich nicht von der Ampelregierung unter Malu Dreyer ab.
Büüsker: Das heißt, Sie machen sich auch gar keine Sorgen, dass das Ganze jetzt zur Politikverdrossenheit beiträgt? Ich meine, es ist ja schön und gut, dass Ihre Fraktion jetzt geschlossen in dieser Sache ist, aber irgendwie ein Geschmäckle hat die ganze Geschichte doch schon.
Schweitzer: Natürlich ist das unerfreulich. Das hat ja auch die Debatte im Landtag deutlich gemacht und auch die Redner und Rednerinnen der Koalition haben das ja auch deutlich gemacht. Nein, ich glaube, das muss jetzt auch aufgeklärt werden. Vor allem geht es darum, dass in der Sache am Flughafen Hahn die Dinge jetzt gefügt werden, dass da eine Perspektive entwickelt wird. Für die Politikverdrossenheit würde ich jetzt dieses Thema nicht zum Anlass nehmen oder zur Begründung nehmen. Da mache ich mir manchmal eher die Sorge, ob nicht auch die CDU, wenn sie so überzieht, auch zu einer Verdrossenheit beiträgt.
Ich habe heute Morgen das Interview von Frau Klöckner bei Ihnen im Deutschlandfunk gehört. Da hat Frau Klöckner die Landesregierung als Täter bezeichnet. Das übersetzen sich die Menschen mit dem Begriff Straftäter, und ich finde, das ist nicht sauber und das gehört nicht zu einer offenen demokratischen Debatte, dass man eine ordentlich gewählte Landesregierung mit Tätern gleichsetzt. Das schafft eher Politikverdrossenheit.
Büüsker: Jetzt keilen Sie ordentlich in Richtung der CDU. Aber was hilft das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Flughafen Hahn?
"Es gibt zwei weitere Bieter, die weiter interessiert sind"
Schweitzer: Nun gut. Zunächst mal habe ich mich heute mit einer Auseinandersetzung zu beschäftigen, die uns die CDU aufgezwungen hat. Ich hätte heute Morgen auch lieber über die Perspektiven des Flughafens Hahn gesprochen. Dass die CDU diesen Misstrauensantrag eingebracht hat, dafür kann nun wirklich die SPD-Fraktion nicht auch noch den Kopf hinhalten. Nein, wir haben gestern ausführlich, nein, am Dienstag ausführlich auch die Gelegenheit gehabt, über die Perspektiven zu sprechen.
Es geht jetzt darum, dass in der verbleibenden Zeit, die man hat, mit Blick auf einen in schwerem wirtschaftlichem Fahrwasser stehenden Flughafen Hahn alle Möglichkeiten nutzt in dem Verfahren der Privatisierung, das uns die EU-Kommission auch so anempfohlen hat, mit den weiteren Bietern zu Angeboten zu kommen, die tatsächlich auch beurteilungsfähig sind und mit denen man dann auch am Ende sagen kann, hier ist eine verlässliche, verantwortbare und seriöse Perspektive. Daran muss die Landesregierung mit Hochdruck arbeiten und die Ampelkoalition unterstützt sie dabei.
Büüsker: Das heißt, es gibt derzeit potenzielle Käufer?
Schweitzer: Ja, es gibt zwei weitere Bieter, die sich in diesem Bieterverfahren identifiziert haben. Der Innenminister als zuständiger Ressortminister hat diese beiden Bieter unmittelbar nach dem Scheitern des ersten Verkaufsprozesses angeschrieben. Sie haben unmittelbar geantwortet und gesagt, wir sind weiter interessiert. Und jetzt werden die Gespräche zu führen sein und man muss hoffen, dass am Ende belastbare Ergebnisse dann auf dem Tisch des Hauses liegen, und über die wird dann politisch zu entscheiden sein.
Büüsker: Wer sind denn diese potenziellen Käufer, damit wir sicher sein können, dass die auch existieren?
"Da wird jetzt genau hingeschaut"
Schweitzer: Das sind zwei auch durchaus mit chinesischen Konsortien in Verbindung stehende Unternehmen. Das ist ein amerikanisch-chinesisches Konsortium und das ist eine Firma, die mit deutschen Anbietern im Geschäft ist und auch chinesisches Kapital hält. Die scheinen offensichtlich wirklich zu existieren. Ich kann aber heute von hier aus noch nicht sagen, ob ihre Angebote belastbar sind. Wir wollen uns da alle nicht in ein Abenteuer begeben. Darum muss das erst belastbar gemacht werden.
Büüsker: Das heißt, die Landesregierung wird ihren Staatssekretär dann vielleicht auch eher losschicken, um zu überprüfen, ob die Firmen existieren?
Schweitzer: Alle, die an diesem Verfahren mitwirken, auch die Beratungsunternehmen, natürlich aber auch die Landesregierung, müssen ihren Job richtig machen und dafür sorgen, dass die Dinge zwei- und dreimal überprüft werden, bevor der Landtag erneut damit befasst wird. Das ist auch übrigens der Anspruch, den die Koalitionsfraktionen an alle Beteiligten haben, und da wird jetzt genau hingeschaut. Das ist eigentlich auch das, was jetzt die Region und die Mitarbeiter am Flughafen von uns erwarten.
Büüsker: Das würde aber heißen, bisher hat irgendwer seinen Job nicht richtig gemacht?
Schweitzer: Wir haben ja von der Umfrage gesprochen. Da ist offensichtlich bei den Menschen in Rheinland-Pfalz aufgefallen, dass ein Beratungsunternehmen, ein internationaler Konzern mit gutem Ruf, wahrscheinlich auch nicht für kleines Geld seine Arbeit gemacht hat, und an einer Stelle muss ja irgendwo ein Fehler passiert sein, wenn man sich eine wohl gefälschte Bankauskunft unterjubeln lässt. So was darf nicht passieren und wenn es passiert ist, muss es aufgearbeitet werden, und es darf sich auf keinen Fall auch nur annähernd wiederholen, wenn es jetzt in diesem Privatisierungsprozess weitergeht.
Büüsker: Braucht es dann einen Untersuchungsausschuss?
"Wir sind an Aufklärung sehr interessiert"
Schweitzer: Das ist nicht die Aufgabe des Fraktionsvorsitzenden der SPD, das zu beurteilen. Aber ich will Ihnen offen sagen: Ich bin da ganz ohne Reserve. Ich habe auch im Landtag deutlich gemacht, dass ich es fast skurril finde von der Opposition, von Frau Klöckner, erst ein Misstrauensvotum zu stellen und dann einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Man spricht schon ein Urteil, noch bevor man überhaupt überlegt hat, was wirft man denn der Landesregierung vor. Darum fand ich das damals skurril und habe auch deutlich gesagt, wenn es einen Untersuchungsausschuss geben soll, dann wird er an der SPD nicht mangeln.
Und ich habe auch in dem Einspieler gehört, dass Frau Klöckner sich so damit gebrüstet hat, dass sie heute den Rechnungshof damit beauftragen wird, die Dinge zu prüfen. Sie hat wohl nur vergessen zu erwähnen, dass dieser Antrag auch von der SPD unterstützt wird.
Büüsker: … sagt Alexander Schweitzer, SPD-Fraktionschef im Mainzer Landtag. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schweitzer.
Schweitzer: Ich danke Ihnen, Frau Büüsker.
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