Newsblog zur Eskalation in Nahost
Peseschkian: "Werden Atomprogramm unter keinen Umständen einstellen"

+++ Irans Staatschef Peseschkian lehnt eine Einstellung des umstrittenen Atomprogramms strikt ab. +++ Eine Wiederaufnahme der Gespräche zwischen Teheran und Washington ist nach Ansicht des türkischen Präsidenten Erdogan der einzige Ausweg aus der Krise. +++ Die USA verlegen nach übereinstimmenden Medienberichten B-2-Bomber Richtung Pazifik.+++ Weitere Entwicklungen im Newsblog.

    Massud Peseschkian steht an einem Redepult vor einer Reihe iranischer Staatsflaggen.
    Irans Präsident Massud Peseschkian (AFP / -)

    Samstag, 21. Juni

    +++ Bei einem israelischen Luftangriff in der iranischen Hauptstadt Teheran ist auch ein Mitglied der militanten Hisbollah aus dem Libanon ums Leben gekommen.

    Dabei handele es sich um Abu Ali Chalil, der Leibwächter des damaligen Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah gewesen sei, verlautete aus libanesischen Sicherheitskreisen. Nasrallah war bei einem israelischen Luftangriff in einem Vorort von Beirut im vergangenen Jahr getötet worden.

    +++ Der Iran wird nach den Worten seines Präsidenten Peseschkian sein Atomprogramm nicht einstellen.

    Peseschkian sagte laut amtlicher Nachrichtenagentur Irna bei einem Telefonat mit Frankreichs Präsident Macron, der Iran sei zwar bereit, zu kooperieren, um Vertrauen hinsichtlich seiner friedlichen nuklearen Aktivitäten aufzubauen. Doch sei man "unter keinen Umständen" dazu bereit, das Atomprogramm vollständig einzustellen.

    +++ Im Zentrum von Berlin haben tausende Menschen gegen Israel und das Vorgehen der Armee im Gazastreifen protestiert.

    Sie versammelten sich vor dem Reichstag; später wollten die Demonstranten durch das Regierungsviertel zum Potsdamer Platz ziehen. Die Polizei sprach von mindestens 10.000 Teilnehmenden. Viele Demonstranten schwenkten palästinensische Fahnen.
    Außerdem haben hunderte Menschen vor dem Roten Rathaus für einen Sturz der Führung im Iran demonstriert. Die Polizei gab die Zahl von 1.300 Teilnehmern an. Zur Kundgebung aufgerufen hatte die Exilgruppe Nationaler Widerstandsrat Iran. Sie sprach von mehreren Tausend Demonstrierenden. Der Westen solle seine Beziehungen zu Teheran abbrechen, sagte ihr Sprecher. Die Gruppe ist umstritten und wird innerhalb und außerhalb des Iran auch von Oppositionellen größtenteils abgelehnt.

    +++ Die israelische Luftwaffe bombardiert erneut Ziele in der iranischen Hauptstadt Teheran.

    Bewohner der Millionenmetropole meldeten nach Einbruch der Dunkelheit eine neue Angriffswelle. Informationen zu möglichen Zielen lagen zunächst nicht vor.

    +++ Die USA verlegen nach übereinstimmenden Medienberichten B-2-Bomber-Flugzeuge Richtung Pazifik.

    Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider. Ziel sei die Insel Guam. Ob die Verlegung mit den Spannungen im Nahen Osten zusammenhängt, ist unklar. Das "Wall Street Journal" wertete das als Zeichen dafür, dass die US-Regierung die Tarnkappenbomber für den Fall eines möglichen Angriffs auf den Iran in Stellung bringt. Regierungsbeamte hätten allerdings auch gesagt, dass es keine Anordnung zur Vorbereitung eines Angriffs gegeben habe.
    Die B-2 kann mit Bomben vom Typ GBU-57 ausgerüstet werden, die jeweils knapp 15.000 Kilogramm schwer und für die Zerstörung von Zielen tief unter der Erde konzipiert sind. Experten zufolge könnte die Bombe für Angriffe gegen unterirdische iranische Atomanlagen eingesetzt werden.

    +++ Die Internationale Atomenergiebehörde hat bestätigt, dass bei dem jüngsten Angriff Israels auf den Iran eine Produktionsstätte für Zentrifugen der Atomanlage Isfahan getroffen wurde.

    An diesem Standort habe sich kein nukleares Material befunden, daher werde der Angriff keine Folgen für die Strahlenbelastung der Umwelt haben, teilte IAEA-Chef Grossi laut einer Erklärung mit. Auch in anderen Gebieten gab es israelische Angriffe. Explosionen waren etwa nahe der Stadt Ahvaz in der Provinz Chuzestan zu hören.

    +++ Die militanten Huthis im Jemen erklären, sie würden US-Schiffe im Roten Meer angreifen, wenn die USA in israelische Angriffe auf den Iran verwickelt würden.

    Im Mai hatten sich die USA und die Huthis darauf verständigt, dass keine Seite die andere angreifen wird.

    +++ Das Büro des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan teilt mit, Erdogan habe dem iranischen Außenminister Araghtschi gesagt, eine Wiederaufnahme der Gespräche zwischen dem Iran und den USA über Irans Atomprogramm sei der einzige Weg, um eine Lösung in dem Streit zwischen den beiden Ländern und den Konflikt mit Israel zu finden.

    Erdogan habe Araghtschi am Rande eines Treffens der Organisation für Islamische Zusammenarbeit in Istanbul gesprochen, so das Büro. Erdogan habe dabei auch gesagt, Israel müsse sofort gestoppt werden. Die Türkei sei bereit, eine Vermittlerrolle bei der Wiederaufnahme der Atomgespräche zu übernehmen.

    +++ Ein iranischer Regierungsvertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Vorschläge, die die drei europäischen Staaten dem Iran im Zusammenhang mit seinem Atomprogramm am Freitag in Genf unterbreitet hätten, seien unrealistisch.

    Ein Beharren darauf werde beide Seiten einer Einigung nicht näher bringen, so der Insider. Der Iran werde aber die europäischen Vorschläge prüfen und seine Antworten bei der nächsten Sitzung vorlegen. Eine "Null-Anreicherung" von Uran sei aber eine Sackgasse. Der Iran werde auch nicht über seine Verteidigungsfähigkeiten einschließlich seines Raketenprogramms verhandeln.

    +++ Der iranische Außenminister Araghtschi hat die USA davor gewarnt, Israel bei den Angriffen auf den Iran zu unterstützen.

    Es wäre für alle sehr gefährlich, sollten sich die USA dazu entschließen, sagte Araghtschi am Rande des Treffens der Organisation für Islamische Zusammenarbeit in Istanbul. Gestern war Araghtschi in Genf mit mehreren europäischen Außenministern zusammengekommen, darunter der deutsche Ressortchef Wadephul.

    +++ Deutsche Staatsbürger und enge Familienangehörige, die wegen des Krieges mit dem Iran in Israel festsaßen, sollen mit einem weiteren Sonderflug aus der jordanischen Hauptstadt Amman nach Deutschland gebracht werden.

    Der Sonderflug soll aus Jordanien starten, weil der Luftraum über Israel weiterhin gesperrt ist, wie es aus dem Auswärtigen Amt heißt. Das Auswärtige Amt hatte in den vergangenen Tagen bereits zwei Charterflüge mit 345 Personen an Bord über den Flughafen Amman nach Deutschland organisiert. In der Nacht zum Samstag landeten dann auch zwei Maschinen der Bundeswehr mit 64 deutschen Israel-Rückkehrern am Flughafen Köln/Bonn in Nordrhein-Westfalen. Die Luftwaffe hat damit erstmals seit Beginn des Krieges zwischen Israel und dem Iran vor rund einer Woche deutsche Staatsbürger direkt aus Israel ausgeflogen. Nach Angaben des Magazins "Der Spiegel" sollen die Maschinen eine Sondergenehmigung zur Landung in Tel Aviv erhalten haben.

    +++ Macron: Europa und Iran beschleunigen Verhandlungen.

    Im Krieg zwischen Israel und Iran hat der französische Präsident Macron den Iran dazu aufgefordert, den zivilen Charakter des iranischen Atomprogramms zu garantieren. Macron habe mit seinem iranischen Amtskollegen Peseschkian telefoniert, hieß es aus dem Elysee-Palast. Sie hätten vereinbart, die Verhandlungen zwischen dem Iran und europäischen Ländern über das iranische Atomprogramm zu beschleunigen. Zuvor hatte der iranische Außenminister Araghtschi die USA davor gewarnt, Israel bei den Angriffen auf den Iran zu unterstützen.

    +++ Der türkische Präsident Erdogan hat schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben.

    Die Angriffe des Landes gegen den Iran unmittelbar vor einer neuen Runde der Atomgespräche mit den Vereinigten Staaten hätten darauf gezielt, die Verhandlungen zu sabotieren, sagt Erdogan bei einem Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit in Istanbul. Sie zeigten, dass Israel die Probleme nicht auf diplomatischem Wege lösen wolle. Er forderte die Länder mit Einfluss auf Israel auf, im Dialog nach einer Lösung des Konflikts zu suchen und eine weitere Eskalation zu verhindern.

    +++ Der iranische Außenminister Araghtschi nimmt an einem Gipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) teil.

    In Istanbul soll bei dem zweitägigen Treffen die Lage im Nahen Osten im Mittelpunkt stehen. Araghtschi will nach eigenen Angaben Gespräche mit mehreren offiziellen Repräsentanten führen. Zu dem Gipfel werden Vertreter von islamischen Nationen und internationaler Organisationen wie der UNO erwartet. Gestern hatte Araghtschi in Genf mit den Außenministern Deutschlands, Großbritanniens und Frankreichs sowie der EU-Außenbeauftragten Kallas gesprochen.

    +++ Altkanzlerin Merkel hat die Angriffe Israels auf den Iran verteidigt.

    Wenn die Existenz eines Landes von der radikalislamischen Hamas oder vom Iran in Frage gestellt werde, sei das völkerrechtlich "nicht so ganz einfach zu beantworten", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wenn die einen erklären dürften, sie wollten den Staat Israel auslöschen, müsse der Staat Israel sich dagegen wehren können. Im Gegensatz dazu sei der Angriff Russlands auf die Ukraine "evident völkerrechtswidrig". Die Ukraine habe Russland nie bedroht und sei trotzdem angegriffen worden.

    +++ Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Grandi, hat eine Deeskalation zwischen Israel und dem Iran verlangt.

    Die Region habe bereits mehr als genug Krieg, Verlust und Vertreibung erlebt - man könne nicht zulassen, dass sich eine weitere Flüchtlingskrise entwickele, teilte Grandi mit. Wenn Menschen einmal zur Flucht gezwungen seien, gebe es keinen schnellen Weg zurück. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR gibt es sowohl im Iran als auch in Israel Fluchtbewegungen durch den Konflikt. Das UNHCR rief Länder im Nahen Osten auf, Menschen Zuflucht zu gewähren. Zudem forderte die Organisation, den Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen.

    +++ Das renommierte Weizmann-Institut ist bei einem iranischen Raketenangriff beschädigt worden.

    Verletzt wurde niemand, es seien aber Labore, wichtige Geräte und Unterlagen zerstört worden, hieß es. Die renommierte Einrichtung in der Stadt Rechovot südlich von Tel Aviv ist unter anderem für ihre Arbeit in Biowissenschaften und Physik bekannt. Dem israelischen Außenministerium zufolge schlug die Rakete vor knapp einer Woche auf dem Gelände ein. Die Schäden wurden nun begutachtet.

    +++ In Teilen Israels wurde Luftalarm ausgelöst.

    In Tel Aviv wurde der Einsatz von Flugabwehrsystem gemeldet. In Zentral-Israel seien Trümmer einer abgefangenen Rakete eingeschlagen und hätten Brände ausgelöst. Auch im von Israel besetzten Westjordanland herrschte am frühen Morgen Luftalarm.

    +++ Das israelische Militär meldet gezielte Angriffe auf zwei Produktionsstellen von Zentrifugen in der Atomanlage Isfahan.

    Zuvor hatten iranische Medien über die Luftschläge berichtet. Die Zentrifugen dienen der Anreicherung von Uran und stehen somit im Mittelpunkt des Atomprogramms.

    +++ Der russische Präsident Putin hat gegenüber Israel betont, dass der Iran keine Herstellung von Atomwaffen beabsichtige.

    Das habe Putin der israelischen Führung mehrfach mitgeteilt, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti. Putin steht nach eigenen Angaben regelmäßig im Kontakt mit dem Iran und Israel.

    +++ Israel meldet Tod eines hochrangigen Kommandeurs der Auslandseinheit der iranischen Revolutionsgarden.

    Verteidigungsminister Katz erklärte, bei einem Angriff in der Stadt Ghom südlich von Teheran sei der Leiter des Palästina-Corps der Al-Kuds-Brigaden, Isadi, getötet worden. Isadi sei etwa für Finanzierung und Bewaffnung der Hamas vor den Angriffen am 7. Oktober 2023 verantwortlich gewesen. Die Revolutionsgarden bestätigten den Tod Isadis bislang nicht. Bei den Al-Kuds-Brigaden handelt es sich um eine Sondereinheit der Revolutionsgarden für Auslandseinsätze.

    +++ Im Iran sind 22 Menschen wegen des Vorwurfs der Spionage festgenommen worden.

    Die Festnahmen seien in der Provinz Ghom südlich von Teheran erfolgt, teilte die Nachrichtenagentur Fars unter Berufung auf die Polizei mit. Den 22 Personen wird vorgeworfen, sich an geheimdienstlichen Aktivitäten Israels beteiligt zu haben.

    +++ Laut einem iranischen Medienbericht hat Israel die Atomanlage in Isfahan angegriffen.

    Details über Schäden wurden nicht mitgeteilt. Einzig hieß es, dass keine gefährlichen Materialien ausgetreten seien. Die Atomanlage im Zentrum des Landes war bereits mehrfach das Ziel israelischer Angriffe.
    Einen Bericht zur aktuellen Lage im Iran hören Sie hier.

    +++ Tausende Menschen mit US-Staatsbürgerschaft in Israel haben sich über Ausreisen informiert.

    Das teilte eine Sprecherin der Regierung in Washington mit. Der US-Botschafter in Israel, Huckabee, erklärte, es gebe Überlegungen, Staatsbürger mit Schiffen oder Flügen ausreisen zu lassen. Wie die Nachrichtenagentur Associated Press berichtet, haben sich etwa 10.000 Menschen um Informationen über Evakuierungsflüge und weitere Unterstützung gebeten. In Israel sollen etwa 700.000 Menschen eine US-Staatsbürgerschaft besitzen, die meisten haben auch einen israelischen Pass.
    Archiv: Newsblog von Freitag, 20. Juni 2025
    Diese Nachricht wurde am 21.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.