Donnerstag, 28. März 2024

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Neuer Medienkompetenz-Beauftragter der Landesmedienanstalten
"Medienbildung ist wie Stricken lernen"

Jochen Fasco ist der erste Beauftragte für Medienkompetenz der Landesmedienanstalten. Mit dem neuen Posten wolle man sich vernetzen, aber auch andere überzeugen, mehr im Bereich Medienbildung tun, sagte Fasco im Dlf. Mit Angeboten richte man sich nicht nur an junge, sondern auch an ältere Menschen.

Jochen Fasco im Gespräch mit Brigitte Baetz | 09.02.2021
Jochen Fasco, Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt, spricht am 09.05.2016 auf dem Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig (Sachsen).
Der Beauftragte für Medienkompetenz der Landesmedienanstalten und Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt Jochen Fasco (dpa / picture alliance / ZB / Jan Woitas)
Wie kann die Medienbildung, die Medienkompetenz jedes einzelnen erhöht werden? Und was können die Landesmedienanstalten dabei tun? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Jochen Fasco, seit 2007 Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) und seit Januar 2021 Beauftragter für Medienkompetenz der Landesmedienanstalten.
Mit dem neuen Posten wollen die Anstalten eigenen Angaben nach der zunehmenden Bedeutung von Medienkompetenz in der digitalen Welt gerecht werden und "Kindern und Jugendlichen, aber auch Erwachsenen den Zugang zu positiven Nutzungspotenzialen der Medien eröffnen". Es gehe auch darum, sich noch stärker zu vernetzen, "mehr nach draußen zu gehen und vielleicht auch den einen oder anderen zu überzeugen, noch mehr im Bereich Medienbildung zu tun", sagte Fasco im Dlf.
Das Bild zeigt ein Themenfoto zu Neuen Medien: Ein Schüler verschiebt App-Icons auf einer digitalen Projektionsfläche.
Lernziel Medienkompetenz - Jugendliche und die digitale Welt
Ein Leben ohne Smartphone? Für die Generation der heute zwölf- bis 19-Jährigen kaum vorstellbar. Erfahrungswerte gibt es kaum, deshalb sind vor allem Lehrer und Eltern verunsichert.
Die Medienbildung geschehe bereits mit Projekten vor Ort, "vielfach mit externen Partnern oder selbst bis in die einzelnen Schulen". Aber auch ältere Menschen wolle man ansprechen, beispielsweise mit Workshops zu Social Media. Da kläre man gemeinsam offene Fragen: "Wie funktioniert das eigentlich? Das ist ja oft schon eine riesige Hürde. Aber dann auch: Wo kann ich mich gut informieren? Wie ist das eigentlich mit Social Media? Wie mache ich das bei WhatsApp? Wo muss ich aufpassen?"
Neben Medien- wolle man auch Nachrichtenkompetenz vermitteln: "Das heißt, nicht nur zu wissen, wo ich vielleicht gute, qualitätsvolle Nachrichten bekomme, sondern auch zu erkennen, wo ich vielleicht mit einer Art von Nachrichten konfrontiert werde und mehr oder weniger manipuliert werden soll, bestimmte Meinungen zu haben. Das ist eine Aufgabe, die gilt, von jung bis älter."

Brigitte Baetz: Warum gibt es jetzt einen Beauftragten für Medienkompetenz?
Jochen Fasco: Das Thema hat schon seit Jahrzehnten eine große Bedeutung bei den Landesmedienanstalten und wir haben vor einigen Jahren eine eigene Gruppe geschaffen, wo sehr viele Themen drin waren - Jugendschutz, Medienkompetenz, lokale Vielfalt - und wir haben uns entschieden, gerade vor einigen Monaten, zu sagen, dass es wichtig ist, sehr prominent auch ist, dieses Thema Medienkompetenz noch stärker herauszustellen.
Und deswegen haben wir die Funktion des Beauftragten für Medienkompetenz geschaffen und damit auch die Möglichkeit, noch mehr zu vernetzen, mehr nach draußen zu gehen und vielleicht auch den einen oder anderen zu überzeugen, noch mehr im Bereich Medienbildung zu tun.

"Wir sind als Landesmedienanstalten vor Ort"

Brigitte Baetz: Nun haben ja die einzelnen Landesmedienanstalten schon sehr viele Projekte auf der Agenda. Die meisten eher für junge Leute wie das Projekt Juuuport, über das wir ja gerade berichtet haben. Die sind ja auch aller Ehren wert. Die Frage, die ich mir manchmal schnell stelle: Wie erfahren die jungen Leute davon?
Jochen Fasco: Wir arbeiten ja jetzt nicht so, dass wir Plakate an die Wand machen oder ein Flugblatt verteilen, sondern benutzen genauso unsere Wege. Also wir sind ja als Landesmedienanstalten vor Ort, vielfach mit externen Partnern oder selbst bis in die einzelnen Schulen. Wir sind in Jugendzentren, in Generationenhäusern, wo Leute von uns, Experten, aber auch wie gesagt Dritte, mit denen wir eng zusammenarbeiten, Projekte machen, sodass es sehr oft Mundpropaganda ist. Und natürlich gehen wir auch die ganz normalen Wege wie Social Media, wir geben da auch sehr viel weiter, zum Beispiel an an Erzieherinnen und Erzieher.
Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitales, bei der Präsentation der offiziellen Corona-Warn-App.
Forderung nach "Bundeszentrale" für Digitales
Eine "Bundeszentrale für digitale Aufklärung"? Das ist die Idee von Dorothee Bär. Aktuell sei das Angebot von Ministerien "fragmentiert", sagte die Digitalstaatsministerin im Dlf. Das sehen die Landesmedienanstalten anders.
Die Schulen - das kann ich zum Beispiel für Thüringen ganz gut sagen, wo wir unsere Projekte machen - die rufen nicht selten schon, wenn unsere Leute auf dem Rückweg sind, an, und sagen: Könnten Sie in einem halben Jahr wiederkommen für eine andere Klasse oder so. Also Sie merken, da haben wir überhaupt keine Probleme - im Gegenteil. Und natürlich gibt es auch Plakate, Clips, Bücher, Hefte und anderes, die auch noch ergänzen.
Aber ich sage immer: Medienbildung, das ist wie Stricken lernen. Sie können das nicht alleine mit einem Faltblatt machen. Am Ende müssen Sie die Nadel in die Hand nehmen, die Stricknadeln, damit was Richtiges draus wird.

Das Unterscheiden zwischen Qualitätsnachrichten und Fake News

Brigitte Baetz: Medienkompetenz ist ja das eine. Bräuchte es aber nicht vielmehr auch eine Nachrichtenkompetenz jetzt in Zeiten von Fake News zum Beispiel.
Jochen Fasco: Ja, absolut. Sie haben gerade eben - und ich habe nicht widersprochen - gesagt: 'Meistens sind es ja die Jugendlichen, die Sie erreichen wollen.' Ich sag Ihnen ganz ehrlich, ich glaube sogar, es gibt eine ganze ganze Reihe von Projekten, wo es zum Beispiel um Eltern geht, aber auch immer mehr um ältere Menschen.
Wir in Thüringen, in Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in vielen anderen Medienanstalten haben hier Projekte laufen, weil es genau darum geht, die jungen Menschen sowieso, aber auch ältere, Eltern, dazu in die Lage zu versetzen, sich zu informieren, Nachrichten zu erkennen.
Das heißt nicht nur zu wissen, wo ich vielleicht gute, qualitätsvolle Nachrichten bekomme, sondern auch zu erkennen, wo ich vielleicht mit einer Art von Nachrichten konfrontiert werde und mehr oder weniger manipuliert werden soll, vielleicht bestimmte Meinungen zu haben. Das ist eine Aufgabe, die gilt, von jung bis älter.
01.05.2020, Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin: Ein Schild mit der Aufschrift «Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Freiheit." (l) und ein Banner "Coronapanik frisst Grundgesetz" (r) sind bei der Mahnwache zu sehen, zu der sich am Pfaffenteich mehrere hundert Bürger versammeln und gegen die Corona-Schutzmaßnahmen protestieren. Nach Aufforderungen der Polizei wurde das Treffen aufgelöst. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
Verschwörungstheorien - "Es betrifft eher Männer als Frauen"
Verschwörungstheorien seien ein altes Phänomen, sagte die Historikerin Hedwig Richter im Dlf. Besonders anfällig dafür seien Männer. Diese könnten schwerer akzeptieren, dass sie gewisse Dinge nicht verstehen können.
Brigitte Baetz: Welche Projekte haben Sie speziell für ältere?
Jochen Fasco: Nur ein Beispiel: Wir haben in Thüringen ein Medienbildungszentrum, das die Landesmedienanstalt selbst betreibt, sowohl mit dem Standort in Erfurt, in der Landeshauptstadt, als auch in Gera, in Ost-Thüringen, in einer demographisch etwas schwierige Regionen, da gibt es sehr viel ältere Menschen. Und dort bieten wir ganz viele Webinare an - auch in Zeiten vor der Pandemie schon - und Angebote, dass man sich treffen kann.
10, 15, 20 ältere Menschen sitzen zusammen, dann gibt es entweder ein großes iPad oder was an die Wand geworfen und ein Experte wird der zugeschaltet, der dann zum Beispiel aus Berlin, aus Hamburg, aus Köln, informiert. Die älteren Menschen kommen, bringen dann Kuchen mit, Kaffee stiften wir dann, und sprechen über Themen wie: Wie funktioniert das eigentlich? Das ist ja oft schon eine riesige Hürde. Aber dann auch: Wo kann ich mich gut informieren? Wie ist das eigentlich mit Social Media? Wie mache ich das bei WhatsApp? Wo muss ich aufpassen?
Anteil der Nutzer von Social-Media-Plattformen nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2020
Anteil der Nutzer von Social-Media-Plattformen nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2020
Ähnlich wie das, was Juuuport macht, ist das auch im Bereich der Seniorinnen und Senioren eine tolle Sache und da sind wir alle aktiv.

Regelmäßiges Passwörter-Ändern gegen Hackerangriffe

Brigitte Baetz: Heute ist Safer Internet. Haben Sie auch schon ein paar Ihrer Passwörter geändert?
Der "Safer Internet Day" ist ein internationaler Aktionstag. Er soll zu mehr Internetsicherheit beitragen und unter anderem das Bewusstsein dafür schärfen, dass Kinder und Jugendliche auch im Internet vor problematischen Inhalten oder gar Missbrauch geschützt werden.
Jochen Fasco: Ich mache das regelmäßig. Ich gebe Ihnen recht, dass ich es in den Großen und Wichtigen noch öfters machen müsste und ich jedes Mal, wenn ich so eine Info bekomme. Ihre Passwörter werden wieder gehackt und manchmal ist es ja auch dann eine Fake-Geschichte, dann Schweißausbrüche bekomme. Aber die wichtigen Sachen immer wieder.
Ich habe mir aber auch angewöhnt, unwichtige Geschichten mit einem ich sage mal 08/15 Passwort zu machen. Das war übrigens auch eine Fortbildung, die wir mal gemacht haben für Lehrerinnen und Lehrer. Da hat ein Experte uns erklärt, wie wir ein relativ sicheres Passwort machen und dies aber immer wieder mit einfachen Mitteln verändern können - und man erinnert sich immer gut daran.
ILLUSTRATION - Der belgische Sicherheitsforscher Mathy Vanhoef demonstriert in einem YouTube-Video die an der Katholischen Universität in Löwen (Belgien) entdeckte Sicherheitslücke KRACK im WLAN-Verschlüsselungsprotokoll WPA2. Das Bild zeigt, wie auf diesem Web übertragene Daten wie Usernamen und Passwörter ausspioniert werden können. 
Hackerangriffe - Unsichere Passwörter als größtes Einfalltor
Das Problem des Datendiebstahls könne jeden treffen, sagte Professor Christoph Meinel vom Potsdamer Hasso-Plattner-Institut im Dlf. Nutzer solten deshalb auf sichere Passwörter achten und am besten für jeden Dienst ein eigenes anlegen.
Übrigens hat er uns dann auch erklärt, wie man auch jedem irgendwelche Dinge aufs Handy spielen kann. Und glauben Sie mir, an diesem Nachmittag war bei uns in der TLM, in der Landesmedienanstalt, bei diesen fast 80 Lehrerinnen und Lehrern wirklich Stille. Man hat die Stecknadel fallen hören, als sie gemerkt haben, wie gefährlich das ist, aber auch wie wichtig es ist, da Bescheid zu wissen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.