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Panama Papers
Zwei ungarische Politiker auf der Liste

Zwei ungarische Politiker haben in Briefkasten-Firmen investiert. Dies zumindest legen Dateien der sogenannten Panama Papers nahe: Zsolt Horváth von der Regierungspartei Fidesz, früher Staatssekretär im Gesundheitsministerium und Lászlo Boldvai, einst einflussreicher Schatzmeister der ungarischen Sozialisten, werden genannt. (*)

Von Stefan Ozsváth | 06.04.2016
    Der Hashtag #panamapapers auf einem Bildschirm.
    Der Hashtag #panamapapers auf einem Bildschirm. (imago/STPP)
    Die weltweiten Enthüllungen von Briefkasten-Firmen betreffen in Ungarn bislang nur zwei Politiker. Zsolt Horváth von der Regierungspartei Fidesz, früher Staatssekretär im Gesundheitsministerium. Und Lászlo Boldvai, einst einflussreicher Schatzmeister der ungarischen Sozialisten, er war schon einmal mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.
    "Das heißt aber nicht, dass nur diese zwei Namen in den Dokumenten auftauchen", sagt András Pethö von der Investigativ-Plattform Direkt 36. "Wir sprechen auch von einigen Hundert Firmen, Einzelpersonen, die in Beziehung zu Ungarn stehen. "
    Der Regierungspolitiker Zsolt Horváth aus Kecskemét hatte in zwei Briefkasten-Firmen auf den Seychellen investiert, die angeblich Spiele vermarkten sollten. Es gab aber auch ein Konto bei einer großen britischen Bank, berichten die ungarischen Enthüller. Ein Schweizer Bankkonto und zwei nicht deklarierte Briefkastenfirmen auf Samoa liefen auf die Frau des Sozialisten Boldvai.
    "Dieser Gesellschaft in Samoa gehörte eine ungarische Firma", sagt Enthüller Pethö. "Auf deren Konto hat sie 150.000 Euro überwiesen. Andere Firmen in Ungarn haben dort nochmal fast eine halbe Million investiert – als Kredit. Dann wurde die ungarische Firma aufgelöst – und eine Viertelmillion Euro ging wieder nach Samoa."
    Ein verwirrendes Geflecht, das die eigentlichen Besitzer verschleiern sollte, meint Pethö. Mittlerweile hat Boldvai die Informationen bestätigt und sein Amt als Sozialisten-Chef im nordungarischen Bezirk Nograd niedergelegt, teilte die Partei mit. Der einstige sozialistische Kultusminister István Hiller hatte vorschnell geurteilt, als er sagte.
    "Ich hoffe und bin sicher: Keiner von uns ist dabei."
    Die Regierung geht mit ihrem Problemfall anders um. Der langjährige Fidesz-Abgeordnete Horváth – der bis vor zwei Jahren im Parlament saß - wird wegen seiner Offshore-Aktivitäten nicht aus der Partei ausgeschlossen, hieß es. Schließlich sei er weder Abgeordneter noch Kabinettsmitglied. Aber etwas Schelte von seinem Parteifreund Gergely Gulyás musste sich Horváth gefallen lassen.
    "Ich kann nur allgemein sagen: Wenn jemand in der Öffentlichkeit steht und Abgeordneter ist, mag er gesetzeskonform in solche Firmen investieren, moralisch ist es zu verurteilen. "
    Kurz vor seinem neuerlichen Wahlsieg 2010 hatte der damalige Oppositionsführer Viktor Orbán noch mit dem Finger auf die Sozialisten und die Aktivitäten und Skandale ihrer Offshore-Ritter, wie er sie nannte, gezeigt.
    "Den Kindern wird das Schulessen gestrichen und sie tragen das Geld in Schubkarren zu den Off-Shore-Firmen. Und sie schanzen es ihren Amigos, ihrer Klientel und Geschäftspartnern aus den Budapester Verkehrsbetrieben und anderen Unternehmen zu. Schubkarrenweise. "
    Doch auch der Zirkel um Viktor Orbán nutzt verschachtelte Briefkasten-Firmen. Etwa der halbseidene Medien- und Filmmogul Andi Vajna. Er hat Medienberichten zufolge Geld in Zypern geparkt. Und Spuren führen auch in die Nähe des ungarischen Premiers: Zu István Garancsi, einem engen Freund Orbáns. Er ist laut einem Papier der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik an dem Erdgas-Verteiler MET beteiligt, der seinen Sitz in der Schweiz hat. Dass Orbán mehrfach inkognito in Zürich war – ungarische Medien sehen hier einen Zusammenhang. Eine Anfrage der rechtsextremen Partei Jobbik zur Korruption in Ungarn schwänzte der Premier. Laut Korruptionsindex von Transparency International liegt Ungarn in Sachen Korruption im Mittelfeld, auf Platz 50.
    (*) Der ursprüngliche Teaser enthielt eine inhaltlichen Fehler. Dieser wurde von der Redaktion korrigiert.