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Polen
Geschlossen gegen Russland

Unter den polnischen Parteien herrscht seltene Einigkeit: Gegen Russlands Bestrebungen auf der Krim helfen nur Sanktionen. Die Ukraine müsse vor Aggressionen, der russischen Invasion und einem Zerfall bewahrt werden, so Regierungschef Donald Tusk.

Von Henryk Jarczyk | 05.03.2014
    Menschen demonstrieren mit gelb-blauen Plakaten für einen EU-Beitritt der Ukraine
    Demonstration in Warschau: Die Polen zeigen sich mit der Ukraine solidarisch. (dpa/picture alliance/Pawel Supernak)
    Die Lage auf der ukrainischen Halbinsel Krim wird in Polen mit ganz besonderem Augenmerk verfolgt. Schließlich - so der Tenor in Warschau - handele es sich hier um einen direkten Nachbarn, den Polen jetzt keinesfalls im Stich lassen dürfe. Zumal es nicht das erste Mal wäre, dass sich Moskau eines fremden Territoriums bemächtige, mit der Behauptung auf diese Weise die Interessen russisch stämmiger Bürger verteidigen zu müssen. Eine Politik, sagen Regierung und Opposition in Polen, der unbedingt Einhalt geboten werden müsste. Nicht zuletzt auch im eigenen Interesse. Vor allem weil niemand vorhersagen könnte, meint der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski, was Moskau als Nächstes planen dürfte. Dementsprechend wird auch die Rhetorik des Kremls peinlichst genau analysiert. Die jüngste Pressekonferenz des russischen Präsidenten wurde in Polen live übertragen und simultan übersetzt. Ganz so, als würde der Konflikt Polen direkt betreffen. Was sich in gewisser Weise auch bestätigte:
    "Diejenigen, die in Kiew die Polizei auf dem Maidan attackiert haben, waren sehr gut vorbereitet. Es ist allgemein bekannt, dass sie in entsprechenden ausländischen Stützpunkten, in Litauen, Polen und der Ukraine geschult worden sind. Sie wurden auf ihre Aufgabe sehr gut vorbereitet. Da funktionierte alles mit der Präzision eines Uhrwerks. Das waren Profis."
    Tusk: "Druck auf Moskau ausüben"
    Profis, behauptet Wladimir Putin, die auch auf der Krim eingesetzt werden sollten. Und genau das hätten pro-russische Selbstverteidigungseinheiten rechtzeitig verhindert. Dank ihrer Präsenz, so Putin, wären die faschistoiden Kräfte, die sich im Ausland haben ausbilden lassen, auf der Krim nicht zum Zuge gekommen. Kurzum: Polen und Litauen hätten die Situation auf der ukrainischen Halbinsel mitverschuldet.
    Behauptungen, sagt der polnische Premier Donald Tusk - sichtlich bemüht Contenance zu bewahren - , die eigentlich keines Kommentars wert wären. Es sei zu erwarten gewesen, dass Präsident Putin jetzt versuchen werde, andere für die Krise in der Ukraine als Schuldige auszumachen:
    "Es fällt mir schwer, zu den Formulierungen, die auf dieser Pressekonferenz gefallen sind, Stellung zu beziehen. Sie sind von der Realität so weit entfernt. Eigentlich zeugen sie nur davon, dass unsere Strategie, auf Moskau gemeinsam Druck auszuüben, mittlerweile Ergebnisse zeigt. Alles in allem betrachte ich die Worte des russischen Präsidenten als einen Versuch, Polen und Litauen aus der solidarisch handelnden Gemeinschaft des Westens hinauskatapultieren zu wollen."
    Ein Versuch, so der polnische Regierungschef, der allerdings von vorne herein zum Scheitern verurteilt wäre. Zu eindeutig sei da die Position der EU und der NATO. Und zwar nicht nur was die Haltung gegenüber Moskau betreffe, sondern auch, wie der Westen nunmehr der Ukraine helfen könnte:
    "Bundeskanzlerin Merkel hat recht, wenn sie sagt, dass die größte Niederlage der aggressiven Russlandpolitik eine Zusammenarbeit des Westens mit der Ukraine und ihrer Regierung sein wird. Eine Kooperation, die dazu führen wird, dass sich die Situation in der Ukraine Monat für Monat, Jahr für Jahr stabilisieren dürfte, und die Ukraine zu einem immer moderneren Staat werden lässt. Heute ist die Ukraine in einer totalen Krise, das wissen wir. Aber am wichtigsten ist es, die Ukraine vor einem Zerfall, vor der russischen Invasion und vor der Aggression zu bewahren."
    Einigkeit zwischen den Parteien
    Eine Haltung, die auch von der Opposition in Polen mitgetragen wird. Überhaupt: So einig wie diesmal waren sich die einzelnen Parteien schon lange nicht mehr. Gleichgültig ob rechts-konservativ oder links-liberal - in Sachen Ukraine ziehen bislang alle Politiker an einem Strang. Ähnlich wie die Regierung fordern auch sie ein dezidiertes Vorgehen gegenüber Russland. Womit indirekt Kritik an jenen Staaten innerhalb der EU geübt wird, die sich bislang auf Sanktionen trotz einhelliger Verurteilung der russischen Aggression eben nicht haben einigen können. Mariusz Kaminski von der erzkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit, fordert in diesem Zusammenhang, Moskau gegenüber mehr Härte zu zeigen:
    "Nur eine eindeutige starke Reaktion des Westens, politische Sanktionen und eine Isolierung Russlands auf der internationalen Bühne, vielleicht sogar der Rausschmiss Russlands aus der G-8-Gruppe, werden dazu führen, dass Wladimir Putin nachgeben wird."
    Ähnlich wie der Vertreter der Kaczynski-Partei argumentiert auch der polnische Premier Donald Tusk. Was ziemlich selten vorkommt, und deshalb auch umso mehr beweist, wie geschlossen Polen in Sachen Ukraine nunmehr handeln will.