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Rüstungsgeschäfte
Keine Panzerlieferung an Litauen

Helfen oder nicht? Litauen fühlt sich von Russland bedroht und hätte gerne Transportpanzer vom Typ Boxer von der Bundesregierung. Doch das Verteidigungsministerium lehnt die Lieferung der Bundeswehrfahrzeuge an den NATO-Partner ab. Das sorgt für Diskussionen.

Von Falk Steiner | 22.02.2015
    Ein Radpanzer Boxer der Bundeswehr fährt in Masar-i-Scharif in Afghanistan durch das Gelände.
    Ein Radpanzer Boxer der Bundeswehr bei einem Einsatz in Afghanistan. (picture-alliance/ dpa / Maurizio Gambarini)
    Litauen hatte bei der Bundesregierung angefragt, deutsche Truppentransporter vom Typ Boxer direkt über diese zu bestellen. Durch eine solche direkte Anfrage bei der Bundesregierung könnte das Verfahren schneller abgewickelt werden, als wenn die gepanzerten Fahrzeuge auf normalem Weg beim Hersteller in Auftrag gegeben würden, so offenbar die Hoffnung der Litauer.
    Der Boxer, den das kleine baltische Land gerne hätte, ist ein Truppentransporter, der in niederländisch-deutscher Kooperation entwickelt wurde. Mehrere hundert dieser Fahrzeuge haben das niederländische und das deutsche Militär bestellt, ausgeliefert werden sie schrittweise seit 2011.
    Abgabe der Fahrzeuge sei nicht vorgesehen
    Doch die Anfrage des NATO-Partners, so berichtete zuerst die "Welt am Sonntag", wurde negativ beschieden: Eine Abgabe von gepanzerten Transportfahrzeugen der Bundeswehr oder der Weiterkauf von Fahrzeugen, die in den nächsten Jahren beschafft werden sollen, sei nicht vorgesehen, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Kritik an dieser Absage kommt von Verteidigungspolitikern im Bundestag:
    "Die drei baltischen Staaten sind Mitglieder in der NATO und wir haben eine kollektive Verantwortung das NATO-Gebiet zu schützen. Die Streitkräfte dort sind sehr, sehr klein und hätten alleine gegen Russland überhaupt keine Chance. Und sie erhalten ihre Sicherheit eben in diesem kollektiven Verteidigungsbündnis. Aber auch sie selbst müssen ja ihre Beiträge in das Bündnis einbringen und leistungsfähiger werden", sagt Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Er forderte die Bundesregierung auf:
    "Ich denke, sie sollte wirklich nochmals prüfen, ob es nicht noch eine Möglichkeit gibt, mit Litauen ins Gespräch zu kommen und Lösungen zu finden, die sowohl unseren Bedarf bei den Boxern auf der Zeitschiene vernünftig befriedigen als auch den Litauern signalisieren: Wir lassen euch in dieser Situation nicht einfach auf der Warteliste stehe und sorgt mal selbst dafür, wie ihr zu euren geschützten Systemen kommt, sondern Deutschland sieht sich hier in der NATO in der Verantwortung."
    Mehr Unterstützung für Partner gefordert
    Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn forderte mehr Unterstützung für die Verbündeten. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen Agnieszka Brugger geht mit ihrer Kritik noch weiter:
    "Einerseits winkt man ohne Skrupel Rüstungsexporte in Staaten wie Saudi-Arabien, Ägypten und Algerien durch, wo Menschenrechte systematisch verletzt werden. Andererseits sagt man kategorisch nein an einen Partner, der in der NATO ist und um Fahrzeuge bittet."
    Das ging nicht zusammen und sei symptomatisch für das Chaos in der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung, so Brugger.
    Das zeige sich auch daran, dass die Bundeswehr selbst nun mehr Fahrzeuge vom Typ Boxer bekommen solle. Man habe gesagt, so die Grünen-Verteidigungspolitikerin:
    "Wir in Deutschland bräuchten jetzt mehr Boxer, aufgrund der geänderten Sicherheitslage in Europa mit Blick auf Russland. Und gleichzeitig verwehrt man dann einem Partner wie Litauen dieses. Da wird nochmals deutlich, es gibt hier offensichtlich keine klare Linie in der Politik."
    Es bleibt also einiges zu erklären für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen.