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Sachsens Regierung und Pegida
Entschlossen sieht anders aus

Der Islam gehöre nicht zu Sachsen, erklärt CDU-Ministerpräsident Tillich. Sein Innenminister trifft sich ohne Kabinettsbeschluss mit der Pegida-Spitze. Und SPD-Chef Gabriel irritiert seine Landesgenossen mit einem Besuch. Im Umgang mit den Islamkritikern machen die sächsischen Regierungsparteien keine gute Figur.

Von Nadine Lindner | 28.01.2015
    Pegida-Anhänger während einer Demonstration in Dresden am 25. Januar 2015.
    Pegida-Anhänger während einer Demonstration in Dresden am 25. Januar 2015. (imago/Reiner Zensen)
    Manchmal sind es die kleinen kurzen Antworten, die tief in das Kommunikationsverhalten von Parteien blicken lassen. Ob denn irgendjemand in der sächsischen SPD von den Reiseplänen des Bundesvorsitzenden informiert gewesen sei, wird die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Neukirch am Montag gefragt. Die knappe Antwort: "Das weiß nicht."
    Am Freitag war Sigmar Gabriel überraschend nach Dresden gekommen, um dort in der Landeszentrale für politische Bildung mit Anhängern und Gegnern der islam- und asylkritischen Pegida-Bewegung zu sprechen.
    Gabriels Besuch in der Landeszentrale für politische Bildung
    Eine kleine ironische Wendung gibt es in diesem Zusammenhang: Gabriel war zu Gast in der gleichen Landeszentrale für politische Bildung, die der SPD-Landesvorsitzende Martin Dulig in der vergangenen Woche scharf kritisiert hatte.
    "Die Aufgabe der Landeszentrale ist die politische Bildung, ist die Kontroverse. Aber auch die politische Neutralität, die zu wahren ist", sagte Martin Dulig im Deutschlandfunk. SPD-Chef Gabriel nutzte nun die gleichen Räume.
    Nein, eine gute Figur im großen Rätselraten zur Frage, wie mit Pegida – Anhängern wie Initiatoren – umgegangen werden soll, macht derzeit keine der sächsischen Regierungsparteien. Wobei seit dem Wochenende die CDU die Schläge einstecken muss.
    Der erste Grund ist eine Äußerung von Ministerpräsident Stanislaw Tillich, wonach der Islam nicht nach Sachsen gehöre. Damit widersprach er deutlich dem Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    Der zweite Grund für Unmut ist das überraschende Treffen von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit der Pegida-Spitze. Während am späten Montag Nachmittag die ersten Töne des Konzerts für Weltoffenheit in Dresden erklangen, drangen Informationen über das geheim gehaltene Treffen zwischen Ulbig, Pegida-Initiatorin Kathrin Oertel und einer weiteren Person nach außen.
    Opposition kritisiert "öffentlich zelebrierten Schulterschluss"
    In der Opposition hat das heftige Kritik ausgelöst: Rico Gebhardt, Vorsitzender der Linken-Fraktion im sächsischen Landtag, erklärte: "Der öffentlich zelebrierte Schulterschluss ist ein Rechtsrutsch ohnegleichen." Ulbig sagte, dass es bei dem Treffen nicht um politische Inhalte gegangen sei. Man habe "allein über mögliche Sicherheitsentwicklungen und vor allem über die Informationsangebote für die Demonstrationsteilnehmer" gesprochen.
    Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Christian Hartmann verteidigte das Treffen zwischen Innenminister und Pegida-Initiatoren und sprach von einer mutigen Entscheidung. Allerdings musste er auf Nachfrage einräumen:
    "Es gab keine Kabinettsbeschlusslage in Sachsen dazu, dass Markus Ulbig mit den Pegida-Initiatoren redet, wenn sie das meinen."
    Fazit: Die Sozialdemokraten reden mehr über- als miteinander. Und auch in der Landesregierung scheinen zu selten die Telefone zu klingeln. Eine entschlossene Antwort auf Pegida sieht anders aus.