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Geldwäsche und Oligarchen
Was das neue Sanktionsdurchsetzungsgesetz bewirken soll

Sanktionen sind schnell verhängt, für deutsche Behörden aber schwierig umzusetzen. Ein zweites Sanktionsdurchsetzungsgesetz soll ihnen die Befugnisse geben, weitverzweigte Vermögensstrukturen zu durchleuchten. Das könnte auch gegen Geldwäsche helfen.

Von Katja Scherer | 18.10.2022
Die dem russischen Oligarchen Alisher Usmanov zugeschriebene Yacht Dilbar 2018 in Sotschi
Für Ermittlungsbehörden ist es oft schwierig, Vermögen klar einer Person zuzuordnen - das neue Gesetz soll ihnen mehr Mittel an die Hand geben (picture alliance / dpa / Vyacheslav Prokofyev)
Schon mehr als ein halbes Jahr dauert der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen des Westens gegen Russland werden immer umfassender. Jüngst beschlossen wurde ein Preisdeckel für russisches Gas, ein Importverbot für russisches Erdöl gilt ab Dezember. Das Regime in Moskau muss für seine Taten bestraft werden, so der einhellige Tenor. Und so auch Bundeskanzler Olaf Scholz kurz nach Kriegsbeginn: „Präsident Putin und seine Unterstützer werden die Folgen spüren.“
Sanktionen verhängen ist das eine, Sanktionen durchsetzen das andere. Mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I hat die Bundesregierung versucht, ihr Instrumentarium zu schärfen. Nun läuft die Arbeit am Sanktionsdurchsetzungsgesetz II, das deutlich umfassender werden soll. Ein erster Entwurf liegt vor, noch ist er in der Ressortabstimmung, in Kürze soll das Kabinett entscheiden. Der Deutschlandfunk konnte einen Blick auf zentrale Punkte werfen und Experten und Politiker fragen, ob das nun Geplante helfen kann, Sanktionen durchzusetzen – so, wie der Name des Gesetzes es verspricht.

Sanktionen, um das System Putin zu schwächen

Die Sanktionen gegen Russland betreffen mehrere Ebenen. Seit Kriegsbeginn gelten weitreichende Handelsverbote, zum Beispiel beim Öl. Darüber hinaus hat der Westen jenen Teil des russischen Devisenvermögens eingefroren, auf den er Zugriff hat. Und die Europäische Union geht gezielt gegen russische Oligarchen, Militärs und Propagandisten vor. Mehr als 1.300 Personen und Organisationen stehen inzwischen auf der Sanktionsliste:
Yachten, Autos, Villen, Konten – das gesamte im Westen vorhandene Vermögen der Oligarchen soll eingefroren, die Wirtschaftsbosse unter Druck gesetzt und so das politische System Putin geschwächt werden.
„Im Hamburger Hafen wurde nach Angaben deutscher Behörde eine fast 600-Millionen-Dollar teure Luxusyacht beschlagnahmt."
„Deutsche Strafverfolgungsbehörden haben einen russischen Oligarchen am bayerischen Tegernsee ins Visier genommen. Mehr als 200 Beamte vom Bundeskriminalamt und anderen Behörden durchsuchten am Mittwoch eine offenbar verwaiste Villa im Nobelferienort Rottach-Egern."
Soweit, so schlüssig. Die Crux bei Sanktionsbeschlüssen ist aber deren Durchsetzung: Bisher gelingt das gegen das Vermögen russischer Oligarchen in Deutschland nur punktuell. Die früheren Bundesregierungen seien bei der Suche nach verstecktem Vermögen zu nachlässig gewesen, heißt es allenthalben. Auch deshalb gilt Deutschland international als Geldwäscheparadies – eine Tatsache, die lange einfach ignoriert wurde und sich jetzt bei der Suche nach Oligarchenvermögen räche, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler. Der frühere Kriminalbeamte war nicht überrascht, dass Behörden anfangs mit der Suche nach Oligarchen-Vermögen überfordert waren.
„Jetzt hatten wir aber das Problem, das höchste Unsicherheit bestand, wer überhaupt dafür zuständig ist. Und wenn jemand dafür zuständig ist, wer was machen darf. Welche Befugnisse hat man? Darf man irgendwo durchsuchen zum Beispiel?“, sagte Fiedler schon im August gegenüber dem Deutschlandfunk.

Sanktionsdurchsetzungsgesetz I: Mehr Kompetenzen für Länder

Dass der Gesetzgeber nachbessern musste, war da längst klar. Im Mai hatte der Bund das sogenannte Sanktionsdurchsetzungsgesetz I auf den Weg gebracht. Seither haben Ermittler mehr Befugnisse bei der Suche nach sanktioniertem Vermögen. Sie können zum Beispiel Wohnungen und Büros durchsuchen, wenn sie davon ausgehen, dass dort sanktioniertes Vermögen versteckt ist. Nur: In der Praxis half das wenig. Unter anderem, weil der Bund die neuen Befugnisse den Ländern zuteilte, und das machte die Sache komplizierter. Andrea Lindholz, die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion:
„Wir haben das moniert, weil es sich hier um außenwirtschaftsrechtliche Bestimmungen handelt. Dafür können nicht 16 Landesbehörden bis hin zu einzelnen Gemeinden oder Kreisverwaltungsbehörden zuständig sein. Da sind die Kommunen vor Ort einfach überfordert.“
Es brauche eine einheitliche Regelung über den Bund, so die Forderung der CDU damals. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler dagegen rechtfertigte im Sommer die Entscheidung, mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I die Länder einzubinden.

Man brauche für die Ermittlungen deren Knowhow in Form von Finanzbehörden, Steuerfahndern, Kriminalämtern und Staatsanwaltschaften, sagte er. Doch auch Fiedler räumte ein, in der Praxis gebe es Nachbesserungsbedarf:
„Ich würde derzeit offen und ehrlich formulieren, dass wir die größten Schritte noch nicht angegangen haben.“
Das will die Bundesregierung nun also nachholen.

Durch neues Gesetz: Geldwäsche besser bekämpfen

Der Referentenentwurf zum Sanktionsdurchsetzungsgesetz II befindet sich, nach Informationen des Deutschlandfunks, in der finalen Abstimmung mit den Ressorts, der Regierung und den Ländern. Das federführende Bundesfinanzministerium will sich im laufenden Prozess zwar nicht äußern. Aber klar ist: Die Erwartungen an die Regierung sind hoch. Das neue Gesetz könne ein Meilenstein für die Durchsetzung von Sanktionen und für die Bekämpfung der Geldwäsche in Deutschland werden, sagte im Sommer Sebastian Fiedler.
Eine Aktivistin der Bürgerbewegung Finanzwende protestiert vor dem Finanzministeriums mit einem Schild für stärkeres Vorgehen gegen schmutzige Gelder und Finanzkriminalität.
Die Bürgerbewegung Finanzwende protestiert immer wieder für stärkeres Vorgehen gegen schmutzige Gelder und Finanzkriminalität (picture alliance / dpa / Fabian Sommer)
Aus Sicht von Ermittlern hängt nämlich beides eng zusammen: der Umgang mit Geldwäsche in Deutschland und das Vorgehen gegen russische Oligarchen. Sebastian Fiedler:
„Ich kann Ihnen mal eine Zahl dazu sagen. Es hat einen Experten gegeben, der hat in so internationale Datenbanken beispielhafte 13 Oligarchen eingegeben in das System und hat recherchiert, an wie vielen Unternehmen die denn so beteiligt sind. Und er kam auf eine Zahl, die jenseits von 12.000 gelegen hat.“
Es geht also jeweils um Vermögen, das international verzweigt und stark verschleiert ist. In diesen Fällen braucht es mehr Transparenz, erweiterte Ermittlungsbefugnisse und besser ausgestattete Behörden, um den Verdächtigen beizukommen.
Mehr als 100 Milliarden Euro aus kriminellen Geschäften werden jährlich in Deutschland im Umlauf gebracht, zeigen Studien. Deutsche Behörden fänden bisher nur circa ein Prozent davon, sagt Fiedler:
„Das oberste Ziel muss sein, dass wir von dem weniger als ei Prozent des schmutzigen Geldes, was wir zu Gesicht bekommen, zu einer erheblichen Steigerung kommen. Das bedeutet, dass wir ohne jeden Zweifel neue Instrumente benötigen, die wir jetzt nicht haben.“

Ist der Entwurf ein großer Wurf?

Nun also stellt sich die Frage: Gelingt der Regierung mit dem jetzt geplanten Sanktionsdurchsetzungsgesetz II ein entscheidender Doppelschlag gegen Geldwäsche und gegen die Verschleierungstaktiken der Oligarchen? Die Urteile der Sachverständigen, die sich bereits auf die anstehende öffentliche und parlamentarische Debatte zum Gesetz vorbereiten, fallen unterschiedlich aus:
„Also eines kann man sicher sagen: Es ist ein großer Schritt nach vorne“, findet Heribert Hirte. Der Juraprofessor war bis 2021 CDU-Bundestagsabgeordneter. Seit September ist er Vorstandsmitglied bei Transparency International.
Anders sieht es Frank Buckenhofer: „Also nach allem, was ich mittlerweile an Informationen über das Sanktionsdurchsetzunggesetz II habe, ist das nicht der große Wurf.“ Er ist früherer Zollfahnder und heute der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei im Bereich Zoll.
Was für den einen ein Schritt nach vorne ist, ist für den anderen kein großer Wurf.

Künftig soll der Bund für die Durchsetzung der Sanktionen zuständig sein

Was steht im Referentenentwurf aus dem Finanzministerium? Vorgesehen ist, dass künftig der Bund für die Durchsetzung der Sanktionen zuständig sein soll und nicht mehr, wie im Sanktionsdurchsetzungsgesetz I beschlossen, die Länder. Die Zuständigkeiten für die Sanktionsdurchsetzung sollen in einer neuen „Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung“ gebündelt werden. Außerdem soll es auf Bundesebene eine Hinweisgeberstelle geben für Tipps zu sanktioniertem Vermögen.
Grundsätzlich sieht der Referentenentwurf zudem strengere Regeln für den Immobilienbereich vor. Grundbuchdaten über den Immobilienbesitz sollen mit dem Transparenzregister für Unternehmensdaten verknüpft werden. Der Kauf von Immobilien mit Bargeld soll verboten werden – wie die Regierung bereits in ihrem Koalitionsvertrag versprochen hatte.

"Eine Zentrale für Sanktionsdurchsetzung schaffen"

Viele dieser Maßnahmen seien sinnvoll, sagt der Jurist und Christdemokrat Heribert Hirte von Transparency International. 
„Ein ganz wichtiger Punkt ist zunächst, dass wir jetzt eine Zentrale für Sanktionsdurchsetzung schaffen, und damit eine einheitliche Ansprechstelle haben. Denn bislang war es bei manchen der Sanktionsdurchsetzungsmaßnahmen so, dass sich Bund und Länder in Deutschland gestritten haben, verschiedene Behörden gestritten haben. Und dass jetzt in einer Hand zusammenzufassen und das unter der – so ist es geplant – Aufsicht des Bundesministeriums der Finanzen ist ein wichtiger Schritt.“
Die Verknüpfung von Unternehmens- und Immobiliendaten in Deutschland werde die Transparenz über versteckte Vermögen deutlich verbessern, sagt Hirte. Und wichtig sei auch das Bargeldverbot beim Immobilienkauf. Schätzungen von Transparency International zufolge werden in Deutschland 15 bis 30 Prozent aller kriminellen Vermögenswerte in Immobilien investiert. Barzahlungen spielen dabei eine zentrale Rolle.
„Und bemerkenswert ist auch, dass dieses Barzahlungsverbot gleich – und das ist ein Blick in die Zukunft – gleich auch auf Kryptowerte erstreckt wird. Das ist nämlich einer der Punkte, wie diese Barzahlungen auch sonst hätten umgangen werden können.“
Das sieht auch die Opposition im Bundestag so: Das Barzahlungsverbot sei auch von ihrer Partei gefordert worden, sagt die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz.

Deutschland mehrfach unter Druck zu handeln

Auf Seiten der Regierungsparteien ist Sebastian Fiedler von der SPD gefragt, wenn es im parlamentarischen Prozess dann um Nachbesserungen am Gesetzentwurf geht. Sein Feedback zum jetzigen Referentenentwurf ist positiv.
Dass der Bund nach Jahrzehnten des Zögerns nun endlich handelt, hat aus Sicht Fiedlers mehrere Gründe: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Sanktionen gegen Russland machten deutlich, dass Deutschland vieles verändern muss, um nicht zuletzt Sanktionen gegen Oligarchen besser durchsetzen zu können.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Rahmen des German Staff Meetings. Washington, 12.10.2022.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) müsse "immense Staatsausgaben organisieren", sagte Sebastian Fiedler (SPD) (picture alliance / photothek / Xander Heinl)
Hinzu kommt Druck von außen. Im August erschien ein neuer Bericht der Financial Action Task Force, einer internationalen Organisation, die Standards gegen Geldwäsche definiert und kontrolliert. Der Bericht sei zwar mit Blick auf die Lage in Deutschland besser ausgefallen als der letzte vor zehn Jahren, sagt Fiedler. Aber trotzdem nicht gut. Und es gebe einen weiteren Grund:
„Dritter Punkt ist, der Finanzminister steckt in der wirklich schwierigen Situation, dass er unfassbare, immense Staatsausgaben zu organisieren hat.“
Und da seien zusätzliche Einnahmen aus beschlagnahmtem, illegalem Vermögen durchaus willkommen, meint Fiedler.

Manchen geht der jetzige Entwurf nicht weit genug

Aber es gibt auch Kritik am Entwurf für das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II. Zu den Kritikern zählt Frank Buckenhofer, der Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei im Bereich Zoll. Er kritisiert, dass die Ermittlungsbefugnisse, die den Beamten im Sanktionsdurchsetzungsgesetz I zugesprochen wurden, nun auch im Sanktionsdurchsetzungsgesetz II nur eingeschränkt gelten. Denn sie sollen weiterhin nur bei der Suche nach sanktioniertem Vermögen gelten.
Seine Hoffnung war, dass die Befugnisse allgemein auf verstecktes Vermögen ausgeweitet werden. Dann hätten die Ermittler diesen Instrumentenkasten auch nutzen können, um Vermögen zu suchen, mit dem Geldwäsche betrieben wird. Das aber sei nun nicht der Fall, sagt Buckenhofer. So wie der Referentenentwurf jetzt formuliert sei, dürften die Ermittler die neuen Befugnisse nur bei sanktioniertem Vermögen anwenden und damit auch nur solange Sanktionen gelten:
„Wenn also morgen auf den Tag das Sanktionsregime wegfällt, weil es mittlerweile Frieden gibt, dann wäre sozusagen die Befugnis zum Aufspüren der Sanktionen obsolet.“
Für die Arbeit der Beamten im Bereich Geldwäsche ändere sich also wenig. Beamte dürfen nämlich nach geltendem Recht nur dann gezielt nach dem Vermögen einer Person suchen, wenn gegen diese ein Strafverfahren läuft – also schon ein recht konkreter Zusammenhang mit kriminellen Taten vorliegt. Behörden sollten aber präventiv ermitteln können, fordert Buckenhofer – also schon dann, wenn ein verdächtiges Vermögen auffalle.

Ab wann soll ein Vermögen als verdächtig gelten?

Die Sorge, dass reiche Bürger dadurch automatisch ins Visier des Staates gerieten, nimmt er ernst und sagt, was es im Gesetz brauche, um diese Bedenken auszuräumen:
„Also was wir nicht wollen ist, dass eine Finanzpolizei, wie wir sie fordern, quasi sich um jedes Vermögen kümmern kann. Wir möchten vermeiden, dass es nachher so eine Vermögensschnüffelpolizei gibt. Das wäre überhaupt nicht im Sinne unserer Forderung und schon gar nicht mit dem Rechtsstaat, wie wir ihn wollen und wie wir ihn haben, vereinbar.
Daher braucht es aus Sicht von Buckenhofer im Gesetz eine klare Definition, ab wann Vermögen „verdächtig“ sei – nur dann könnten die Befugnisse für die Ermittler aus dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz I auf verdächtiges Vermögen allgemein ausgeweitet werden.
„Also jemand der seit zehn Jahren nicht einen einzigen Euro verdient hat, der auch nichts geschenkt bekommen hat und schon früher arm wie eine Kirchenmaus war, wenn der plötzlich über 2, 3, 4, 5 Millionen Euro verfügt, dann muss die Frage erlaubt sein: Wo kommt das Geld her?“
Das sieht auch der frühere Kriminalbeamte und SPD-Abgeordnete Sebastian Fiedler so. Auch er räumt ein, dass es eine solche Definition bräuchte, um die Geldwäsche in Deutschland wirksam zu bekämpfen, auch jenseits geltender Sanktionen:
„Wenn ich sage, es gibt ein übergeordnetes Ziel, schmutziges Geld in die Finger zu kriegen und einzuziehen, dann brauche ich ein neues Instrument, was daran ansetzt, um erst mal in einem Gesetz aufzuschreiben, welche Kriterien machen denn eigentlich einen Vermögensgegenstand zu einem verdächtigen, also aus krimineller Herkunft stammenden, Vermögensgegenstand. Und das ist unser Ziel.“
Er wolle sich im parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen, dass zumindest klar gestellt werde, bis wann eine solche Definition kommen solle, sagt Fiedler.

Gewerkschaft der Polizei hält neue Streukturen für unnötig

Abgesehen davon kritisiert Frank Buckenhofer einen weiteren Aspekt. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei im Bereich Zoll hält es für unnötig, dass die Regierung für die Suche nach sanktioniertem Vermögen neue Strukturen aufbauen will. Das gilt aus seiner Sicht für die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung ebenso wie für die neue Bundesbehörde, die Bundesfinanzminister Christian Lindner vor wenigen Wochen angekündigt hat. Aus Sicht des Zollexperten geht es einfacher.
„Wir fordern stattdessen für die Sanktionsdurchsetzung den Zollfahndungsdienst mit seinem Zollkriminalamt und den örtlichen Zollfahndungsämtern zuständig zu machen, die könnten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen sind, auch sofort loslegen, und man könnte dann dort, das zusätzlich erforderliche Personal in bestehende und erfahrene Strukturen integrieren, statt eine neue Behörde aufzubauen, die wahrscheinlich frühestens in zwei, drei Jahren überhaupt arbeitsfähig wird.“
Der Kriminalbeamte und SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler hält diese Kritik dagegen für verfrüht. Noch sei vieles in Diskussion. Wo soll die neue Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung angesiedelt werden? Wie soll die neue Stelle ausgestattet werden? All das müsse nun im anstehenden parlamentarischen Verfahren diskutiert werden. Denn ist der Entwurf, der nun vorliegt, erst einmal vom Kabinett verabschiedet, geht er zur Beratung an Bundesrat und Bundestag und dort nicht zuletzt in die Fachausschüsse. Sebastian Fiedler:
„Da ist für mich jetzt erst mal weder der Name der Behörde entscheidend noch ist sozusagen das letzte Organigrammteil entscheidend. Entscheidend ist die Frage, welche Organisationen haben wir denn eigentlich schon, die das könnten, die wir ausbauen und weiterentwickeln können. Und der zweite Punkt ist, wie erzeugen wir so wenig wie möglich Schnittstellen zu vorhandenen Sicherheitsbehörden, die es ja jetzt schon gibt.“
Denn die Behördenstruktur in Deutschland im Bereich Sicherheit ist komplex und fein austariert – oder mit den Worten mancher Kritiker: dringend reformbedürftig.

Schleppende Digitalisierung könnte Umsetzung erschweren

Überhaupt gilt: Wie gut die Umsetzung des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes II in der Praxis gelingt, bleibt abzuwarten. Dabei sind die Ermittlungs- und Strafverfolgungsstrukturen das eine. Das andere ist die Datenlage. So sieht der Referentenentwurf zum Beispiel mehr Transparenz bei Immobiliendaten vor. Das aber würde voraussetzen, dass Grundbuchdaten digital vorliegen. Und das sei noch längst nicht überall der Fall, räumt der SPD-Politiker Sebastian Fiedler ein.
„Das kann man vom Bund aus nur eingeschränkt beeinflussen, weil die Länder da Gas geben müssen. Wenn etwas noch nicht digitalisiert ist, dann können wir es auch mit nichts verknüpfen.“
Auch Andrea Lindholz, die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sieht hier vor allem die Länder in der Pflicht.
„Hier gibt es offensichtlich Schwierigkeiten mit der technischen Umsetzung und dem beauftragten Anbieter. Der Bundesjustizminister sollte daher mit den Ländern umgehend Lösungskonzepte erarbeiten, damit die Grundbuchdatenbank auch zügig auf den Weg gebracht wird.“

Sollen auch Anwälte und Steuerberater auskunftspflichtig sein?

Der Jurist und ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte von Transparency International nennt ein weiteres potentielles Schlupfloch. So stehe im Referentenentwurf zwar, dass bei der Suche nach sanktioniertem Vermögen im Zweifelsfall auch die Finanzämter Daten weitergeben müssen. Nicht thematisiert werde aber, wie das bei Anwälten und Steuerberatern sei:
„Da erinnere ich daran, dass ich eine Zeit lang in Italien gearbeitet habe. Da hieß es so schön, alles Mafiageld wird immer mithilfe von Anwälten verschleiert und deshalb immer mit Hilfe von Berufsgeheimnisträgern verschleiert. Hier hätte ich mir eine Diskussion über die Frage gewünscht, ob die Vermögensverwaltung tatsächlich auch vom Anwaltsgeheimnis gedeckt ist.“
Das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II sei ein wichtiger Schritt bei der Suche nach verdecktem Vermögen, sagt Hirte – aber es bleibe ein Zwischenschritt.
So gilt der Entwurf für das Sanktionsdurchsetzungsgesetz II als Fortschritt in einigen Details, aber nicht in allen. Was am Ende gilt, entscheidet sich im Gesetzgebungsverfahren, dass noch vor uns liegt.