Freitag, 10. Mai 2024

Streit im alpinen Skizirkus
DSV-Alpindirektor Maier: "Weltverband bedroht den Weltcup"

Erneut ist das Speed Opening, der Saisonauftakt der Hochgeschwindigkeits-Skifahrer am Matterhorn, dem Wetter im November zum Opfer gefallen. DSV-Sportdirektor Wolfgang Maier kritisierte im Dlf-Gespräch den Weltverband FIS und speziell Präsident Johan Eliasch scharf. Und schlug Lösungsansätze vor.

Wolfgang Maier im Gespräch mit Matthias Friebe | 12.11.2023
Ein Blick auf den Zielbereich der Speed-Abfahrt Zermatt-Cervinia.
Auch dieses Jahr konnte der Herren-Speed-Auftakt am Matterhorn nicht stattfinden wegen des schlechten Wetters. Das wirft Fragen zur Zweckmäßigkeit und dem Sinn des Speed Openings in den Alpen im November auf. (picture alliance / dpa / Manuel Schwarz)
"Ich fühle mich bedroht in meiner Existenz, diesen Sport in Zukunft weiterzumachen." Diese Aussage kommt von Wolfgang Maier, Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV). Maier gab dem Dlf ein Interview am Rande des angedachten Saisonauftaktes der Speed-Fahrer, die sich eigentlich am Samstag und Sonntag am Matterhorn hätten die Piste hinunterstürzen sollen.
Doch der Speed-Auftakt der Männer im alpinen Rennkalender fiel erneut wegen des Wetters aus: zu viel Neuschnee, starke Windböen und unzureichende Sicht. Schon in der Vorsaison waren die Rennen wetterbedingt ausgefallen.
Das November-Rennen, das am Matterhorn (Schweiz) startet und in Italien endet, ist ein Prestigeprojekt von Johan Eliasch, dem Präsidenten des Weltverbandes FIS. Zwar gibt es noch am 18. und 19. November den Versuch, das Speed-Rennen der Frauen wie geplant durchzuführen. Aber schon jetzt ist der erneute Ausfall des Männer-Auftaktes Fragen zur Zweckmäßigkeit und dem Sinn des Vorhabens auf.

Maier fordert Reduzierung und dafür Aufwertung von Rennen

Jedenfalls habe DSV-Sportdirektor Maier FIS-Präsident Eliasch weder in Zermatt noch in Sölden gesehen, als die Ski-Weltcup-Saison startete. Maier kritisierte, er sehe zurzeit "eine Führungscrew, die gar nicht hört, was wir draußen sagen". Er unterstrich mit Blick auf die besondere Abhängigkeit des Skisports von der Natur: "Man muss damit rechnen, dass sich Dinge nicht so wie am Reißbrett geplant in die Umsetzung bringen lassen."
Wolfgang Maier, Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV), gestikuliert bei der Einkleidung der DSV-Athletinnen und -Athleten.
Wolfgang Maiers Standpunkt ist klar: Er traut FIS-Präsident Johan Eliasch nicht zu, den Ski-Weltverband adäquat führen zu können. (picture alliance / Wagner / Ulrich Wagner)
Maier sehe den alpinen Skisport durch die aktuelle Planung des Rennkalenders extrem gefährdet. Der DSV-Sportdirektor schlug der FIS in seiner Kritik auch konkrete Lösungen vor:

"Natürlich ist es auch von mir akzeptiert, dass wir den Sport populär machen. Es ist nur eine Frage der Art und Weise, ob man das so macht, wie es der Weltverband gerade vorschlägt, oder ob man es vielleicht so macht, wie ich es vorschlage. Mein Vorschlag war immer, dass wir die Wettkampfzeiten begrenzen. Also, dass wir um den 20. März aufhören und Anfang November beginnen. Und zwar nicht unbedingt in Zermatt. Sondern man könnte, wie jetzt bei den Frauen, in Levi, in Skandinavien beginnen. Da, wo mehr Schnee ist."

Wolfgang Maier, DSV-Sportdirektor, über den frühen Saisonstart
Außerdem stieß Maier im Dlf-Gespräch an, nur vier statt der aktuellen sechs Disziplinen (Abfahrt, Super-G, Riesenslalom, Slalom, Parallel und Kombination) zu führen und dass man zwischen 40 und 44 Rennen fahre, diese dafür aber aufwerte. "Ski alpin ist kein Weltsport, weil wir saisonal begrenzt sind und auch nicht die ganze Kugel abdecken."
Wenn man sich darüber im Klaren sei, "was man leisten kann, kann man auch extrem intelligente Strategien, die auch wirtschaftlich erfolgreich sind, daraus erarbeiten". Das tue der Weltverband momentan nicht.

Kommunikative Fehler der FIS für Maier offensichtlich

Der 62-Jährige warf darüber hinaus der FIS auch kommunikative Fehler vor: "Natürlich ist es eine populäre Schlagzeile, wenn man sagt, der Maier sagt: 'Der Weltverband bedroht den Weltcup.' Aber wenn man genau in die Details schaut, dann ist es nicht abwegig. Es muss auch nicht so sein, aber ich sage, dass es in der nahen Zukunft kommt, weil wir aus den negativen Schlagzeilen gar nicht mehr rauskommen und wir uns jedes Mal in eine Ecke stellen lassen, wo wir nur verteidigen müssen, dass wir überhaupt Ski fahren. Und daran hat der Weltverband großen Anteil."
Maier habe persönlich nichts gegen FIS-Boss Eliasch: "Aber er versteht aus meiner Perspektive einfach nicht, was es heißt, einen Weltverband zu führen. Nämlich erst einmal zu hören, wie es seinen Mitgliedern geht und dann gemeinsam eine Strategie zu entwickeln." Die Führungsweise Eliaschs gleiche einem Diktat.

FESA als neuer Akteur in der Skisport-Politik

Ein Gegengewicht zur FIS könnte künftig der neugegründete europäische Skiverband FESA (Federation of European Ski- and Snowboard Associations) bilden. Die Alpenländer-Skiverbände (OPA) aus Mittel- und Südeuropa hatten im Mai bereits Finnland, Kroatien, Norwegen, Polen, Schweden und Ungarn aufgenommen. Nun wurde die Organisation Ende Oktober in FESA umbenannt. Sie umfasst 17 Nationen.