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Slowenien und Kroatien
Weiter Uneinigkeit über die Seegrenze

Die kroatische und slowenische Regierung haben gerade mal wieder eine mögliche Chance vertan, ihren Dauerstreit um die Seegrenze vor der Bucht von Piran beizulegen. Kroatien stieg aus dem internationalen Schiedsgericht aus, das den Streit beenden sollte. Die Menschen vor Ort wünschen sich den Frieden.

Von Andrea Beer | 10.08.2015
    Blick auf die Bucht vom slowenischen Piran aus, dessen Häuser im Vordergrund zu sehen sind. Hinten ist die kroatische Küste der Halbinsel Istrien zu erkennen.
    Blick auf die Bucht von Piran vom slowenischen Piran aus: Kroatien und Slowenien sind sich immer noch nicht einig über die Seegrenze. (picture alliance / dpa / DB Brey)
    Sie ist ein traumhaft schöner Landstrich: die Bucht von Piran. Doch die langwierige Auseinandersetzung um den Verlauf der Grenze in der nördlichen Adria trübt diese Idylle mal wieder. Es geht unter anderem um mögliche Erdgasvorkommen oder Standortvorteile der konkurrierenden Häfen Rijeka und Koper. Auch die Fischereirechte auf See spielen eine Rolle. Slowenische und kroatische Fischer hatten sich teilweise sogar die Netze zerschnitten. Doch dieser Kroate hat den lästigen Streit mit den Slowenen für sich inzwischen gelöst:
    "Sie fischen auf ihrer Hälfte, wir auf unserer und wie es dann am Ende geregelt wird, sollen die Höheren entscheiden."
    Zig Abkommen scheiterten
    Doch diese Höheren in Ljubljana und Zagreb tun sich weiter schwer, ihren Streit über die Grenze im Meer beizulegen. Diese musste mit dem Zerfall Jugoslawiens zum ersten Mal überhaupt festgelegt werden. Seitdem scheiterten zig Abkommen, Verträge und Einigungen immer wieder. 2008 legte das EU-Mitglied Slowenien sogar sein Veto ein gegen EU-Verhandlungen mit Kroatien. Das wurmt kroatische Politiker bis heute besonders.
    2009 konnte die EU beide Länder schließlich zu einem internationalen Schiedsverfahren in Den Haag bewegen. Dieses ließ das kroatische Parlament nun platzen. Der offizielle Grund: Laut Kroatien gab es kein Vertrauen mehr in die Unabhängigkeit des slowenischen Richters in der fünfköpfigen Schiedskommission. Dieser hatte sich mit einer Mitarbeiterin des slowenischen Außenministeriums über das Schiedsverfahren ausgetauscht. Das Telefongespräch wurde abgehört und eine Abschrift fand prompt den Weg in eine kroatische Zeitung. Beide wurden entlassen, doch Kroatiens Premier Zoran Milanovic war empört.
    "Das ist ein solcher Verstoß gegen den Prozess, dass dieser nicht weitergehen kann. Das Schlimmste daran ist, dass die Beteiligten alles zugegeben haben oder das ist auch das beste, je nach dem, aus welchem Blickwinkel man es sieht."
    Kroatischer Premier ist kein Freund des Schiedsgerichts
    Ohnehin gilt Premier Milanovic nicht als großer Freund des Schiedsgerichts. Als Oppositionspolitiker hatte er es scharf kritisiert. Auch andere kroatische Politiker nahmen das Schiedsverfahren damals nur zähneknirschend hin wegen des anstehenden EU-Beitritts Kroatiens.
    Nach dem Ausstieg Zagrebs aus dem Schiedsverfahren warf nun auch der angesehene Vorsitzende Abraham inzwischen frustriert das Handtuch. Die slowenische Führung möchte das Schiedsverfahren aber unbedingt fortsetzen. Denn der Grenzstreit vergiftet die Beziehungen unnötig, meinte Sloweniens Präsident Borut Pahor:
    "Ich wünsche mir vor allem, dass das Schiedsgericht seine Arbeit beendet."
    Ein Wunsch, den auch die EU-Kommission teilt. Sie wartet gerade gespannt auf Stellungnahmen aus Ljubljana und Zagreb. Rechtsexperte sind uneins, ob das Schiedsgericht überhaupt weitermachen kann. Einige raten, einfach wieder zu verhandeln.
    Viele Menschen in der Grenzregion wollen vor allem einen Knopf an die Sache machen. Die meisten haben Krieg erlebt und wünschen sich verlässlich Frieden und gute Nachbarschaft. Auch Stanko Ivanusic, Bürgermeister im slowenischen Grenzort Raskrizje mit glänzenden Kontakten nach drüben:
    "Eins haben wir aus der Geschichte gelernt. Politiker kriegen sich öfter in die Haare und versöhnen sich dann wieder. Aber hier auf lokaler Ebene können wir es uns nicht leisten, Konflikte zu schüren. Denn es würde Jahrzehnte dauern, bis die Beziehungen wieder so wären bis jetzt."
    Menschen vor Ort wollen eine Regelung
    Und ein paar kroatische Campingurlauber meinen dazu:
    "Alles bestens, wir verstehen uns super hier. Alles ok, aber es hat doch einen bitteren Beigeschmack, dass die Sache nun doch noch nicht gelöst ist."
    Auch dieser Fischer appelliert:
    "Jetzt müssen die Verantwortlichen feinfühlig und klug handeln, damit es nicht zu neuen Problemen und Konflikten kommt. Denn wir sind gute Nachbarn."
    Doch noch geht sie weiter, die langwierige Auseinandersetzung um die traumhaft schöne Bucht von Piran an der Adriaküste.