Dienstag, 14. Mai 2024

Snooker
Saudi-Arabien greift nach dem Crucible Theatre

Snooker hat sich zu einem wahren TV-Magneten entwickelt. Vor allem die WM im Crucible Theatre in Sheffield boomt. Doch auch im Snooker lockt das Geld, speziell aus Saudi-Arabien und das könnte bald zum Ende der traditionellen WM in Sheffield führen.

Von Matthias Friebe | 28.04.2024
Ein allgemeiner Blick von außen auf das Crucible Theatre in Sheffield, dem Austragungsort der Snooker-WM
Nur Platz für 980 Zuschauer, nur zwei Sprecherkabinen, alle Tickets innerhalb von Minuten ausverkauft: Die Snooker-WM scheint mittlerweile zu groß für das altehrwürdige Crucible Theatre geworden zu sein. Geht es bald nach Saudi-Arabien oder China? (dpa / picture alliance / Martin Rickett)
Es ist seit 1977 jedes Jahr dasselbe. Ende April verwandeln sich Sheffield und das altehrwürdige Crucible Theatre zum Mittelpunkt der Snooker-Welt.
„Tradition, die liegt im Crucible. Das ist Disneyland für Snooker-Fans und Snooker-Spieler", bezeichnet das Snooker-Bundestrainer Thomas Hein. Ausnahmezustand für Sheffield, weit über das Theater hinaus.
„Da brummt es in der ganzen Stadt", erzählt Rolf Kalb im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
„Es gibt den Tudor Square vor dem Crucible, wo die Menschen, die kein Ticket mehr bekommen haben, in der Sonne sitzen auf Großbildschirmen Snooker gucken und und und. Man kann dem Thema Snooker in Sheffield in diesen 17 Tagen nicht entgehen.“
Seit über 20 Jahren kommentiert Kalb für Eurosport die WM, ist zur deutschen Snooker-Stimme geworden. Dieses Jahr ist seine letzte WM, dann hört er auf.

Das Crucible Theater ist zu klein geworden

„Die Weltmeisterschaft ist natürlich der absolute Höhepunkt im Snooker-Jahr. Von daher hat das natürlich für meine berufliche Karriere, aber auch für mich in meinem Leben eine besondere Rolle gespielt.“
Kalb hat in all den Jahren aber nie aus dem Crucible selbst kommentiert. Es ist einfach zu klein, gerade einmal zwei Sprecherkabinen gibt es. Zu klein, das größte Problem der WM in einem kleinen Theater mit gerade einmal 980 Sitzplätzen.
Ronnie O'Sullivan spielt während seines WM-Spiels mit Ryan Day bei der WM 2024 im Crucible Theatre in Sheffield.
"Aus der ersten Reihe den Spielern ins Queue greifen". Im Crucible Theatre sind die Zuschauer danz dicht dran am Geschehen. Das macht auch den besonderen Reiz des Austragungsorts aus. (dpa / picture alliance / Martin Rickett)
Und deshalb könnte die WM bald woanders stattfinden. 2027, zum 50. Jubiläum der WM in Sheffield, läuft der Vertrag aus. Barry Hearn, Manager- und Promoter-Urgestein vor allem für Snooker und Darts baut in der BBC vor.
„Ich tue absolut alles, um in Sheffield zu bleiben, aber…“

Benötigt wird eine neue Arena

Und dieses Aber ist ein Großes für den Mann, der lange den Weltverband anführte und jetzt immer noch Chef des Mehrheitseigners der World Snooker Tour ist. Man brauche eine neue Arena in Sheffield mit mehr Plätzen. 2500 bis 3000 Plätze müsse die haben, so Hearn.
„Wenn sie das machen, bleiben wir, wenn nicht, dann sagen sie uns, dass wir nicht erwünscht sind. Das ist also nicht mein Problem.“
„Das ist nicht das erste Mal, dass Barry Hearn, auch in seiner aktiven Zeit als Chairman, wenn der Vertrag zu Ende ging, da Sheffield motivieren wollte", erklärt Bundestrainer Hein, aber dieses Mal scheint es anders zu sein.
„Zumal mit Ronnie O’Sullivan ein Zugpferd vorgespannt wurde. Da wird es doch ein bisschen konkreter, denke ich.“

Ronnie O’Sullivan fühlt sich von den Massen bedrängt

Der Superstar der Szene, der siebenfache Weltmeister ist weit über Snookerkreise hinaus bekannt. Für ihn ist das Theater zu sehr in die Jahre gekommen, er vermisst einen wirklichen Rückzugsort, fühlt sich in der Vorbereitung gestört durch die Massen von Fans, die ihm schon beim Ankommen dort begegnen.
„In Sheffield kannst du es nicht verhindern und deshalb ist es für mich auch kein brillanter Ort.“
Dass O’Sullivan diese Töne anschlägt, hat gewiss auch damit zu tun, dass er seit kurzem Snooker-Botschafter Saudi-Arabiens ist. Der Wüstenstaat hat nach vielen anderen Sportarten auch die vor allem im britischen und asiatischen Raum beliebte Billiard-Variante für sich entdeckt.

Saudi-Arabien hat den Snooker-Sport entdeckt

Snooker-Vermarkter Barry Hearn kokettiert auch direkt mit einer Austragung am Golf. „Warum bringen wir das Crucible nicht in die ganze Welt und spielen in einem Jahr in Saudi-Arabien, dann ein Jahr in Peking und dann auch ein Jahr in Sheffield?“
Dieses Thema wird in der Snooker-Szene hoch emotional diskutiert. Shaun Murphy, Weltmeister von 2005 sagte dem britischen Branchendienst Sporting Life: „Ich möchte für immer hierbleiben. Es ist sehr besonders hier. Aber es kann nicht so bleiben wie jetzt. Es ist unser größtes Turnier in unserer kleinsten Halle.“

Die Tradition steht der Entwicklung der Sportart im Weg

Die 980 Tickets für insgesamt 46 Sessions während der WM sind binnen Minuten ausverkauft, zehn Mal so viele Tickets könnten die Veranstalter verkaufen. Welchen Weg die WM auch nehmen wird. Snooker soll sich globaler orientieren, soll mehr Preisgelder generieren für die Spieler.
Tradition hin oder her, so Vermarkter Hearn in der BBC. „Alles dreht sich ums Geld, gewöhnen Sie sich dran. Die Welt verändert sich und sorry, ich bin kein Dino, der sich nicht mit verändert.“

Spieler brauchen mehr finanzielle Sicherheiten

Das unterstreicht auch der deutsche Bundestrainer Thomas Hein. Die Preisgelder sind das Thema. Inzwischen wird bei der WM zwar gut verdient, aber gerade die Spieler unterhalb der absoluten Weltklasse brauchen mehr Sicherheiten für eine Karriere am Tisch.
„Tradition kann Stillstand sein. Stillstand kann sich auch dann schlecht auswirken. Ich finde, dass sich der Sport noch nicht so globalisiert hat, wie es sollte.“
Bis 2027 läuft noch der Vertrag im Crucible, die Debatten laufen weiter heiß. Nicht mehr aktiv dabei sein wird dann Kommentator Rolf Kalb, der im Deutschlandfunk-Sportgespräch noch einmal schwärmt vom besonderen Flair des Theaters.
„Was in den TV-Bildern nicht so deutlich wird, ist, wie nah die Zuschauer auch an den Tischen sind. Also im Prinzip können die aus der ersten Reihe den Spielern ins Queue greifen. Das sorgt natürlich für eine ganz besonders intensive Atmosphäre“.