Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Sotschi 2014
Biahtletin des Dopings überführt

Die deutsche Olympiamannschaft sorgt für den ersten Dopingfall bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi: Evi Sachenbacher-Stehle ist bei Kontrollen die Einnahme eines verbotenen Mittels nachgewiesen worden. Die Biathletin wurde aus dem deutschen Team ausgeschlossen.

21.02.2014
    Die 33-jährige Evi Sachenbacher-Stehle.
    Die deutsche Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle wurde in Sotschi positiv auf Doping getestet. (dpa / Kay Nietfeld)
    Die Sportlerin könne sich "überhaupt nicht erklären, wie es zu der positiven Probe gekommen ist", heißt es in einer vom ihrem Management verbreiteten Erklärung. "Selbst entsprechende Nahrungsergänzungsmittel hatte ich im Labor vorher überprüfen bzw. mir die Unbedenklichkeit von den Herstellern bestätigen lassen, um immer auf der sicheren Seite zu sein." Sie habe "zu keinem Zeitpunkt bewusst verbotene Substanzen" zu sich genommen und wolle alles daran setzen, "diese Sache lückenlos aufzuklären".
    Bei einer Dopingkontrolle nach dem Massenstart-Rennen am vergangenen Montag (17.02.2014) sei die Stimulans Methylhexanamin gefunden worden, das möglichweise über ein Nahrungsergänzungsmittel verabreicht wurde, erklärte ein Sprecher des Deutschen Ski-Verbandes (DSV). Über weitere Konsequenzen werde im Zusammenhang des Verfahrens entschieden, das federführend vom Biathlon-Weltverband IBU durchgeführt wird. Die 33-Jährige hat das olympische Dorf bereits verlassen und nahm nicht am heutigen Staffelrennen der Damen teil, obwohl ihre Leistung in Sotschi die stärkste in der Mannschaft war. Auch beim Staffelrennen blieben die deutschen Biathletinnen ohne Erfolg und haben damit erstmals bei Olympischen Winterspielen keine Medaille erhalten.
    Unterdessen wurde der italienische Bobfahrer William Frullani nach positiven Dopingkontrollen aus der Olympiamannschaft ausgeschlossen. Bei ihm sei die Substanz Dimethylpentylamin nachgewiesen worden, teilte das italienische olympische Komitee mit. Frullani war Teammitglied im italienischen Viererbob.
    Verunreinigter chinesische Energieriegel
    Der Trainer der deutschen Biathlon-Damen Gerald Hönig bedauerte "solch einen Fall in seiner Mannschaft". Biathlon-Cheftrainer Uwe Müssiggang sieht ein Nahrungsergänzungsmittel als Ursache für die positiven Ergebnisse. "Es soll sich um ein Nahrungsergänzungsmittel handeln, das keinerlei leistungsfördernde Wirkung hat", sagte Müssiggang. "Wir weisen die Mädels immer wieder darauf hin, dass sie so etwas nicht nehmen sollen. Was mich so ärgert, ist die Dummheit."
    Evi Sachenbacher-Stehle bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi
    Evi Sachenbacher-Stehle bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi (dpa / Hendrik Schmidt)
    Sachenbacher-Stehle war erst vor anderthalb Jahren nach einer erfolgreichen Langlauf-Karriere zum Biathlon gewechselt. Damals wurde sie auch vom heutigen Trainer der russischen Damenmannschaft, Wolfgang Pichler, trainiert. Es solle sich um einen verunreinigten chinesischen Energieriegel handel, "den Evi von einem Mentaltrainer bekommen hat", sagte Pichler im ARD-Fernsehen. "Das ist Dummheit." Die Karriere der Sportlerin sei damit vorbei.
    Der deutsche Mannschaftsarzt Klaus Marquardt erklärte, der Umgang mit Nahrungsergänzungsmittel sei allen Profisportlern bekannt. "Wir weisen mehr als eindeutig immer wieder auf diese Problematik hin." Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte den Deutschen Olympischen Sportbund nach eigenen Angaben gestern Abend um 21.30 Uhr über die positive A-Probe informiert.
    Mehr als 400 Fälle allein 2013
    Mit Dopingsubstanzen verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel sind laut Dopingexperten für Sportler ein großes Problem. Allein im Jahr 2013 sind nach Angaben von Wilhelm Schänzer, dem Leiter des Instituts für Biochemie an der Sporthochschule Köln, weltweit knapp 400 solcher Fälle bekanntgeworden. "Im Augenblick sind das vor allem Substanzen, die als Fatburner beworben werden", sagte Schänzer. Oft handele es sich um Mittel mit Geranium-Extrakten, denen andere Präparate beigemischt sind. Zu diesen Präparaten zählen vor allem die verbotenen Mittel Methylhexanamin und Oxilofrin.
    Schänzer sieht auch eine Verantwortung bei Trainern und Betreuern. "Man muss sich fragen, wer betreut den Athleten." Oft werde der Athlet an den Pranger gestellt. Wichtig sei zu sehen, "wer hat den entscheidenden Fehler gemacht".
    Erster Verdacht bereits 2006
    Bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin war Sachenbacher-Stehle wegen erhöhter Blutwerte mit einer fünftägigen Schutzsperre belegt worden und konnte nicht am Auftaktrennen der Ski-Langläuferinnen teilnehmen. Die Sportlerin kann auf eine erfolgreiche olympische Bilanz verweisen: zweimal Gold, dreimal Silber.
    Bei den Winterspielen 1972 in Sapporo war Eishockeyspieler Alois Schloder als bisher einziger Deutscher bei Winterspielen positiv getestet worden.
    Härtere Strafen für Dopingsünder
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat kurz nach Bekanntwerden der positiven A-Probe ein strenges Anti-Doping-Gesetz angekündigt. "Sowohl der Besitz als auch die Anwendung von Doping-Mitteln sollen unter Strafe gestellt werden", sagte Maas der Bild-Zeitung (Samstagausgabe). "Doping-Sündern und Doping-Ärzten drohen dann Haftstrafen von bis zu fünf Jahren."
    Vor pinkfarbenem Hintergrund schaut Justizminister Heiko Maas in die Kamera
    Justizminister Heiko Maas (SPD) (dpa / Hannibal Hanschke)
    In Zusammenarbeit mit dem Innenministerium werde er noch in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, sagte der Minister weiter. "Wir sind es der Mehrheit der ehrlichen Sportler schuldig, endlich zu handeln", sagte Maas. Mit dem Gesetz werde "schon der Besitz geringer Mengen von Dopingmitteln unter Strafe gestellt". Dies gelte sowohl für die Zeit der Sportwettkämpfe selbst, als auch für die Vorbereitungs- und Trainingszeit: "Es droht gedopten Sportlern also künftig nicht mehr nur die Wettkampfsperre, sondern das Gefängnis."