Es knirscht innerhalb der Koalition. Der SPD-Abgeordnete Matthias Bartke fürchtet, dass die Einführung eines Lobbyregisters für Bundestag und Bundesregierung komplett scheitern könnte. Gegenüber unserem Hauptstadtstudio erklärt er, warum.
"Es sind im Grunde genommen zwei Punkte, wo wir nicht zueinander kommen, wo es richtig dolle hakt. Der eine Punkt ist, für wen gilt eigentlich das Lobbyregister was die Bundesregierung anbelangt. Und da sagen wir: Ein Lobbyist, der Einfluss nimmt auf ein Ministerium, um ein Gesetz zu machen, der muss sich registrieren. Und da ist es völlig egal, auf wen er in dem Ministerium Einfluss nimmt."
Geht es nach der SPD, sollen Lobbyist*innen sich auch in das Register eintragen müssen, wenn sie auf der unteren Ebene im Ministerium, zum Beispiel bei Referatsleiterinnen oder Referenten, Einfluss nehmen wollen. Die Union aber lehnt das ab.
Registrierung nur für Einflussnahme auf höchster Ebene
Bartke könnte als Kompromiss auch damit leben, wenn zumindest Abteilungsleiter*innen dazu zählen. Sie sind in der Hierarchie unter einem Minister und seinen Staatssekretären. Die Union aber will auch das nicht, sondern die Registrierpflicht für diejenigen, die nur auf höchster Ebene Einfluss nehmen wollen also zum Beispiel bei einer Ministerin samt Staatssekretärsebene.
Alles andere bedeute mehr Bürokratie, argumentiert der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag Patrick Schnieder:
"Man muss eben anerkennen, dass es auch einen Kernbereich der Exekutive gibt, der – naja – auch Arbeitsfähigkeit dort auch gewährleisten muss und der nicht in jedem letzten Winkel ausgeleuchtet werden kann."
Zweiter Streitpunkt: Der sogenannte exekutive Fußabdruck. Die SPD will die Bundesregierung gesetzlich dazu verpflichten, offenzulegen, wer konkret an Gesetzentwürfen mitwirkt.
Die Union ist gegen ein Gesetz. Der bisher geschlossene Kompromiss: Ein Entschließungsantrag des Bundestages, der die Bundesregierung lediglich dazu auffordert, für mehr Transparenz zu sorgen.
Matthias Bartke von der SPD:
Matthias Bartke von der SPD:
"Wir wollen natürlich, dass wir einen Termin setzen, bis wann dieses Regelwerk fertig ist. Und das wollte die Union derzeit auch nicht. Und wir fürchten natürlich, da wir wissen, dass die Union gegenüber dem exekutiven Fußabdruck sehr spitze Finger hat, fürchten wir, dass das dann bis zum Sankt Nimmerleinstag verschoben werden soll."
Amthor und die Aktienoptionen
Es war vor allem der Fall des CDU-Politikers Philipp Amthor, der für das US-Unternehmen "Augustus Intelligence" lobbyierte und im Gegenzug Aktienoptionen erhalten hatte. Als Folge wollte die Koalition ein Lobbyregister einführen. Im September gab es die Erste Lesung im Bundestag, seither steckt das Vorhaben fest. Timo Lange von der Organisation "Lobbycontrol" kritisiert die Verzögerungen.
"Wenn dieses Projekt Lobbyregister jetzt nach so vielen Monaten auf der Strecke bleibt und scheitert, wäre das für beide Koalitionspartner eine hoch peinliche Angelegenheit. Gerade auch die Union, die gesagt hat, wir wollen jetzt auch reagieren auf die Lobbyskandale, die es gab, dann so jetzt in den Wahlkampf zu starten, wäre ein ganz schlechtes Signal."
Das wissen auch die Verhandler Bartke von der SPD und Schnieder von der CDU:
Bartke: "Es hakt wirklich nur noch an den diesen beiden Punkten und es wäre wirklich sehr bitter. Aber wir verhandeln eben schon sehr sehr lange und langsam läuft uns natürlich auch die Zeit weg. Also es ist schon eine sehr dramatische Situation."
Schnieder: "Ja, wir hätten es gestern schon gemacht. Das ist überhaupt keine Frage. Wir hätten es auch im Sommer schon gemacht. An uns liegt es nicht. Da muss man schon die Frage stellen: Wollen wir einen deutlichen Fortschritt haben hin zu einem transparenten, guten Lobbyregistergesetz? Das liegt auf dem Tisch, muss man nur noch zustimmen seitens der SPD. Oder will man das weiter rauszögern und es wirklich an Fragen scheitern lassen, die in meinen Augen nicht mehr im Zentrum stehen."
Geldstrafe bei falschen Angaben
Das Lobbyregister sieht vor, dass unter anderem Verbände, Agenturen und NGOs künftig Angaben zu ihrer Tätigkeit und zu ihren Finanzen machen müssen, wenn sie zumindest regelmäßig oder auf Dauer, Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen wollen. Wer sich nicht ins Register einträgt oder falsche Angaben macht, riskiert eine Geldstrafe.
Nicht nur Oppositionsparteien und Organisationen fordern seit Jahren mehr Transparenz und ein solches Register. Zuletzt hatte sogar der "Europarat" Deutschland für einen zu laschen Umgang mit Interessenvertretungen kritisiert. Der Druck also auf die Koalition, politische Entscheidungen transparenter zu machen, bleibt hoch.