Diesel, Dienstwagen & Co
Wie Verkehrssubventionen Klima und Haushalt belasten

Der Verkehr wird in Deutschland in vielen Bereichen mit Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg oder der Pendlerpauschale gefördert. Das kostet nicht nur Milliarden, sondern schadet auch dem Klima, zeigt ein Gutachten. Was tun? Reformieren oder abschaffen?

    Ein Airbus A340 der Fluggesellschaft Lufthansa rollt nach der Landung auf einer Brücke über die stark befahrene Autobahn 3 (A3) nahe des Flughafens Frankfurt am Main.
    Viele Subventionen betreffen den Straßenverkehr. Aber auch der Luftverkehr profitiert. (picture alliance / dpa / Silas Stein)
    Um den CO2-Ausstoß in Deutschland langfristig zu reduzieren, wurde eine CO2-Steuer eingeführt, die beim Autofahren momentan 45 Euro pro Tonne beträgt - eine relativ neue Maßnahme, die erst seit 2021 existiert. Gleichzeitig gibt es aber zahlreiche ältere Subventionen wie das Dieselprivileg, die das Autofahren günstiger machen.
    Solche Subventionen zu ändern oder gar abzuschaffen, fällt keiner Regierung leicht, wie das Beispiel der Streichung der Agrardieselsubventionen zeigte, die zu massiven Protesten führte. Dabei fordern nicht nur Umweltverbände, sondern auch Wirtschaftsexperten und die OECD ein Umdenken.
    Denn: Viele staatliche Subventionen schaden dem Klima erheblich, wie ein aktuelles Gutachten von sechs wissenschaftlichen Instituten im Auftrag der Bundesregierung zeigt. Laut diesem Bericht führen staatliche Subventionen und Begünstigungen in Höhe von 36 Milliarden Euro bis 2030 zu klimaschädlichen Emissionen von 156 Millionen Tonnen CO2. Das entspricht etwa einem Viertel der gesamten jährlichen Emissionen Deutschlands. Der Verkehrssektor erhält den größten Teil dieser Subventionen, rund 25 Milliarden Euro.
    Wie sich die Subventionen in unterschiedlichen Verkehrsbereichen auswirken und wie viel an Steuereinnahmen dadurch verloren geht, hat auch das vom Bundesforschungsministerium geförderte Kopernikus-Projekt Ariadne in einer Studie errechnet.

    Steuerprivilegien im Verkehrsbereich

    Das Dieselprivileg

    Die Besteuerung von Benzin und Diesel ist schon sehr alt, schon 1879 wurde der „Petroleumszoll“ eingeführt. 1930 wurde daraus die Mineralölsteuer, seit 1939 wird auch Dieselöl besteuert. Dass Diesel und Benzin heute unterschiedlich besteuert wurde, hat historische und wirtschaftliche Gründe, denn der Diesel kam früher vor allem im Waren- und Güterverkehr zum Einsatz. Nutzfahrzeuge und der gewerbliche Lkw-Verkehr sollten gegenüber der Konkurrenz aus dem Ausland bessergestellt werden.
    Für den Pkw-Markt hatte das sogenannte Dieselprivileg zunächst keine Bedeutung. Doch das änderte sich ab Mitte der 1980er-Jahre. Zwischen 1986 und 1999 wurde der Steuervorteil für Dieselkraftstoff laut dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft so stark ausgeweitet, dass in der Folge auch der Absatz von Diesel-Pkws stark anstieg. In Deutschland machten Diesel-Pkw 2023 insgesamt fast ein Drittel aller Pkw aus.
    Gegenwärtig liegen die Steuersätze für Diesel bei 47,04 Cent/Liter und für Benzin bei 65,45 Cent/Liter. Das Kopernikus-Projekt Ariadne errechnete daraus einen negativen CO2-Preis durch das Dieselprivileg von 70 Euro/Tonne CO2. Die entgangenen Steuereinnahmen werden auf 2,5 Milliarden Euro geschätzt.
    DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte, dass alleine die Abschaffung des Dieselprivilegs bis 2030 insgesamt 25,7 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente einsparen und jährlich 9,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen schaffen könne. CO2-Äquivalent ist eine Maßeinheit, die angibt, wie sehr ein Gas in einem bestimmten Zeitraum im Vergleich zur gleichen Menge CO2 zur Erderwärmung beiträgt.

    Die Pendlerpauschale

    Auch die Steuervorschriften zu den Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit blicken auf eine lange Geschichte zurück. Schon um 1900 wurde vor Gericht darüber gestritten, seit 1920 sind die „notwendigen Kosten“ für den Weg zur Arbeit ausdrücklich gesetzlich zum Abzug zugelassen, wobei Pkw-Kosten erst 1955 anerkannt wurden.
    Inzwischen wurde daraus die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale, mit der die Mobilität der Arbeitnehmer unterstützt wird und die Kosten für den Weg zur Arbeit von der Steuer abgesetzt werden können.
    Mit der Entfernungspauschale werden zwar auch Fahrten mit Elektroautos, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit Fahrrädern unterstützt, jedoch ist die subventionsfähige Strecke zur Arbeit bei Pkw als einzigem Verkehrsmittel laut der Ariadne-Studie nicht gedeckelt. Dadurch seien die Anreize für die Nutzung des Pkw für Arbeitswege besonders ausgeprägt.
    Bei der Pendlerpauschale liege der negative CO2-Preis zwischen 200 und 380 Euro. Das sei also eine ganz bedeutende Subventionierung der Autonutzung, sagte einer der Autoren der Ariadne-Studie, Nikolas Koch vom Mercator Institute for Global Commons and Climate Change (MCC). Die entgangenen Steuereinnahmen lägen bei fünf bis sechs Milliarden Euro.
    Die Abschaffung der Entfernungspauschale könnte laut Gutachten zu den staatlichen Subventionen bis 2030 insgesamt 16,41 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente einsparen und jährlich 5,3 Milliarden Euro Mehreinnahmen schaffen.

    Das Dienstwagenprivileg

    Auch Dienstwagen- und Firmenautos werden steuerlich begünstigt. So können die Anschaffung, die Nutzung, aber auch etwa Reparaturen von der Steuer abgesetzt werden. Auch können Unternehmen ihren Mitarbeitern Fahrzeuge als Dienstwagen zur Verfügung stellen, die privat genutzt werden können.
    Bei der Dienstwagensteuer den negativen CO2-Preis zu berechnen, sei aber deutlich schwerer als bei den einfachen Steuervergünstigungen für Diesel oder Kerosin, erklärte das Mercator Institute for Global Commons and Climate Change (MCC). Auch seien Dienstwagen statistisch nicht gut erfasst. Außerdem müssten auch individuelle Faktoren wie das Fahrzeugmodell, die private Fahrleistung und der Einkommensteuersatz berücksichtigt werden.
    Deshalb liege der negative CO2-Preis der pauschalen Besteuerung von Dienstwagen in einem Bereich von etwa 160 bis 690 Euro/Tonne CO2. Die entgangenen Steuereinnahmen lägen bei schätzungsweise 3,5 bis 5,5 Milliarden Euro.
    Das aktuelle Gutachten zu den staatlichen Subventionen zeigt außerdem, dass die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs bis 2030 insgesamt 7,89 Millionen Tonnen CO2 Äquivalente einsparen und jährlich 6,1 Milliarden Euro Mehreinnahmen schaffen könnte.

    Die inländische Kerosinsteuerbefreiung

    Die Besteuerung des Luftverkehrs ist international geregelt, wobei die Nutzer, also die Fluggesellschaften und Passagiere, für jeden Start und jede Landung Flughafengebühren zahlen. Das Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen von 1944) sieht grundsätzlich die Steuerbefreiung von Treibstoffen im internationalen Luftverkehr vor.
    Im innerdeutschen Verkehr könnte Deutschland den Flugzeugtreibstoff, das Kerosin, besteuern. Da das in der EU aber kein anderer Staat macht, verzichtet Deutschland aus Wettbewerbsgründen auch darauf. In Europa erhebt nur Norwegen, das nicht zur EU gehört, Kerosinsteuern.
    Durch den Verzicht auf die Kerosinsteuer ergibt sich laut Ariadne-Studie ein negativer CO2-Preis von etwa 260 Euro, wenn der deutsche Energiesteuersatz angenommen wird, und ein negativer CO2-Preis von etwa 130 Euro, wenn der maximal zulässige EU-Steuersatz verwendet wird.
    Die entgangenen Steuereinnahmen lägen zwischen 300 und 600 Millionen Euro.

    Wer profitiert von den Subventionen?

    Generell lasse sich feststellen, dass vor allem die einkommensstarken Haushalte von den Subventionen profitierten, sagt Volkswirt Nikolas Koch vom MCC. Erwerbstätige, die einen neuen Dienstwagen haben, kämen eher aus den höheren Einkommensgruppen. Insgesamt werde über diese vier Subventionen mehr Geld an die Bürgerinnen und Bürgern verteilt, als der Staat durch den CO2-Preis an der Tankstelle einnehme.
    Interessant sei, dass Benzin, also der Kraftstoff, den die Masse der Bevölkerung nutzte, am allerhöchsten besteuert werde, sagt der Ökonom Matthias Runkel. Diesel habe einen reduzierten Steuersatz, obwohl es eigentlich mehr Energiegehalt habe. Schiffsdiesel und Kerosin seien komplett von der Energiesteuer befreit. Und bei Kerosin gebe es ein sehr großes Steuerprivileg - ausgerechnet für einen Bereich, in dem es die Menschen am allerwenigsten bräuchten und in dem es auch besonders klimaschädlich sei. 

    Subventionen contra Klimaschutz

    Die Subventionen konterkarierten den Klimaschutz, so Volkswirt Koch vom MCC. Wenn der Klimaschutz gestärkt werden solle, müsse reformiert werden. Zu denken wäre an eine schrittweise Abschaffung des Diesel-Steuerprivilegs. Das könnte recht kurzfristig und spürbar die Emissionen reduzieren.
    Beim Dienstwagenprivileg sollte über eine Umgestaltung geredet werden, die Fahrzeuge nach ihren CO2-Emissionen gestaffelt berücksichtige, erklärte das MCC. So könnte auch die E-Mobilität über den Dienstwagen-Markt unterstützt werden.
    Bei der Pendlerpauschale sollte es darum gehen, klimafreundliche Mobilitätsvarianten zum Auto deutlich attraktiver zu machen. Es gehe also hier nicht um eine Abschaffung, sondern eine Umwandlung, sagt Koch. „Wenn der CO2-Preis seine Funktion erfüllen soll, dann müssen wir an die verzerrenden Subventionen mit einem Umbau ran.“

    gue